Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das 3. Buch Des Blutes - 3

Das 3. Buch Des Blutes - 3

Titel: Das 3. Buch Des Blutes - 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Barker
Vom Netzwerk:
die Augen ausweinen. Im Meer gab’s noch jede Menge andere Fische, wie ihre Mutter immer sagte.
    Sie starrte auf das Plakat für den Renner der nächsten Woche, als sie hinter sich einen dumpfen Plumpser hörte, und da saß mitten im Foyer ein buntscheckiges Kaninchen, ein fettes, verschlafenes Schnuckiputzi, und starrte sie von unten her an.
    »Hallo«, sagte sie zu dem Kaninchen.
    Goldig, wie das Kaninchen sich die Lippen leckte.
    Lindi Lee liebte Tiere; sie liebte die Filmreihe »Abenteuerliche Natur«, in der Lebewesen in ihrer angestammten Umgebung zu Melodien von Rossini gezeigt wurden und Skorpione bei der Paarung einen Squaredance aufführten und jedes Bärenjunge liebevoll kleiner Racker genannt wurde. Sie gierte geradezu nach diesem Zeug. Aber das Liebste von allem waren ihr Kaninchen.
    Das Kaninchen machte ein paar Hopser auf sie zu. Sie kniete nieder, um es zu streicheln. Es war warm, und seine Augen waren rund und rosa. Es hoppelte an ihr vorbei die Treppe hinauf.
    »Oh, ich glaub’, da solltest du nicht raufgehn«, sagte sie.
    Zum einen war es dunkel am oberen Treppenende. Zum ändern befand sich ein Schild an der Wand mit der Aufschrift
    »Privat. Nur für Personal«. Aber das Kaninchen schien fest entschlossen, und der schlaue Knirps blieb ihr ein gutes Stück voraus, während sie ihm die Treppe hinauf folgte.
    Oben war es stockfinster, und das Kaninchen war verschwunden.
    Etwas anderes saß dort statt des Kaninchens, und hell brannten seine Augen.
    Bei Lindi Lee konnten die Illusionen ruhig simpel ausfallen.
    Man brauchte sie nicht in eine ausgefe ilte Fiktion zu entführen wie den Jungen; sie träumte ja schon. Leichtes Beutefleisch.
    »Hallo«, sagte Lindi, etwas verängstigt durch die unbekannte Gegenwart da vor ihr. Sie schaute ins Dunkel, versuchte irgendeinen Umriß auszumachen, die Andeutung eines Gesichts. Aber nichts davon war da. Nicht einmal ein Atem.
    Sie machte wieder einen Schritt treppabwärts, aber plötzlich griff es nach ihr, fing sie auf, bevor sie stürzte, und brachte sie schnell und gründlich zum Schweigen.
    Aus der ließ sich wahrscheinlich nicht viel Leidenschaft herausholen, aber hier witterte es eine andersartige Verwendung.
    Der zarte Körper war noch nicht voll ausgereift, die Öffnungen noch nicht gewöhnt an Invasionen. Es trug Lindi die wenigen restlichen Stufen hinauf und verstaute sie an unzugänglichem Ort zur weiteren Untersuchung.
    »Ricky? O Gott, Ricky!«
    Birdy kniete neben Rickys Körper und schüttelte ihn. Zumindest atmete er noch, das war schon etwas, und wenn es auf den ersten Blick auch nach enorm viel Blut aussah, so war die Wunde genaugenommen doch nur eine Kerbe in seinem Ohr.
    Sie schüttelte ihn erneut, heftiger, aber es kam keine Reaktion.
    Nach einer verzweifelten Suche fand sie endlich seinen Puls. Er war stark und gleichmäßig. Offensichtlich war Ricky von jemandem angegriffen worden, womöglich von Lindi Lees abwesendem Freund. Falls ja, wo steckte der? Noch auf dem Klo vielleicht, bewaffnet und gefährlich. Auf keinen Fall wäre sie so saublöd, da hineinzugehen und nachzuschauen, diese Nummer hatte sie zu viele Male gesehen. Frau in Gefahr: Standardmotiv. Das verdunkelte Zimmer, die lauernde Bestie.
    Also, anstatt mir nichts dir nichts in dieses Klischee hineinzutappen, würde sie das tun, wozu sie die Heldinnen insgeheim immer wieder ermunterte: sich ihrer Neugier widersetzen und die Bullen rufen.
    Sie ließ Ricky liegen, wo er war, ging den Seitengang hinauf und zurück ins Foyer.
    Niemand da. Entweder hatte Lindi Lee ihren Freund endgültig abgeschrieben oder draußen auf der Straße jemand ändern aufgetrieben, der sie heimbrachte. Wie auch immer, jedenfalls hatte sie beim Weggehen die Eingangstür hinter sich geschlossen und nur einen Hauch von Johnsons Babypuder in der Luft hinter sich zurückgelassen. Auch gut, dadurch wird sicher alles einfacher, dachte Birdy beim Betreten der Kinokasse, von der aus sie die Bullen anrufen wollte. Recht erfreulich, der Gedanke, daß das Mädchen wieder soweit zur Vernunft gekommen war, ihren lausigen Typ endgültig sausenzulassen.
    Sie nahm den Hörer auf, und sofort begann jemand zu sprechen. »Hallo, ja«, sagte die Stimme, nasal und zuckersüß, »is’
    schon ‘n bißchen spät in der Nacht zum Telefonieren, oder?«
    Die Vermittlung war es nicht, da war sie sicher. Nicht einmal berührt hatte sie die Nummerntasten.
    Hörte sich übrigens an wie Peter Lorre.

»Wer ist dort?«
    »Erkennen Sie

Weitere Kostenlose Bücher