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Das 3. Buch Des Blutes - 3

Das 3. Buch Des Blutes - 3

Titel: Das 3. Buch Des Blutes - 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Barker
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mich nicht?«
    »Ich will die Polizei.«
    »Ich würd’ Ihnen ja liebend gern den Gefallen tun, ehrlich.«
    »Gehn Sie aus der Leitung, ja ? ‘s handelt sich um einen Notfall!
    Ich brauch’ die Polizei.«
    »Das hab’ ich gleich beim ersten Mal kapiert«, ging das Gequengel weiter.
    »Wer sind Sie?«
    »Das haben Sie schon gefragt.«
    »Hier is’ jemand verletzt. Würden Sie bitte…«
    »Armer Rick.«
    Er kannte seinen Namen. Armer Rick, sagte er, als wäre er ein mitfühlender Freund. Sie spürte, wie ihr allmählich der Schweiß auf die Stirn trat: spürte, wie er ihr aus den Poren drang. Er kannte Rickys Namen.
    »Armer, armer Rick«, sagte die Stimme wieder. »Trotzdem, ich bin sicher, daß alles gut ausgeht. Sie nicht?«
    »Hier geht’s um Leben oder Tod«, beharrte Birdy und war beeindruckt davon, wie beherrscht sie ihrer festen Überzeugung nach klang.
    »Weiß ich«, sagte Lorre. »Ist das nicht aufregend?«
    »Verdammter Kerl! Gehn Sie raus aus der Leitung! Oder helfen Sie mir wenigstens …«
    »Wobei? Was kann ‘n fettes Mädel wie Sie in ‘ner Situation wie dieser schon groß tun wollen, außer flennen?«
    »Sie bekacktes Ekel.«
    »Hört man gern.«
    »Kenn’ ich Sie?«
    »Ja und nein.« Die Tonlage der Stimme schwankte.
    »Sie sind einer von Rickys Freunden, hab’ ich recht ?« Einer von den Drogenfixern, mit denen er sich gewöhnlich herumtrieb.
    Waren auf irgend so ein idiotisches Spielchen aus. »Also schön, Sie haben Ihren bescheuerten Spaß gehabt«, sagte sie, »aber jetzt gehn Sie aus der Leitung, bevor Sie noch ernsthaften Schaden anrichten.«
    »Sie sind mit den Nerven fertig«, sagte die Stimme in milderem Tonfall. »Ich verstehe …« Wie unter Zauberkräften verwandelte sie sich, glitt eine Oktave höher: »Sie versuchen, dem Mann zu helfen, den Sie lieben …« Sie klang jetzt feminin, ihr Akzent veränderte sich, das Geschleime wurde zum Gesäusel. Und plötzlich war’s die Garbo. »Armer Richard«, sagte sie zu Birdy. »Er hat sich so bemüht, nicht wahr?« Sie war sanft wie ein Lamm.
    Birdy war sprachlos. Die Nachahmung war so fehlerfrei wie die von Lorre, so weiblich, wie die vorherige männlich gewesen war. »Schön, schön, ich bin beeindruckt«, sagte Birdy, »und jetzt lassen Sie mich mit den Bullen reden.«
    »War’ das nicht eine ideale, wundervolle Nacht zum Spazierengehen, Birdy? Nur wir zwei Mädels, ganz unter uns.«
    »Sie kennen meinen Namen.«
    »Natürlich kenn’ ich deinen Namen. Ich steh’ dir sehr nahe.«
    »Was soll das heißen, mir sehr nahe?«
    Die Antwort war ein kehliges Lachen, das wundervolle Lachen der Garbo.
    Birdy war dem Ganzen einfach nicht mehr gewachsen. Der Trick war zu raffiniert. Sie spürte, wie sie der Nachahmung auf den Leim ging, als ob sie mit dem Star höchstpersönlich spräche. »Nein«, beschwor sie den Telefonhörer, »Sie überzeugen mich nicht, haben Sie verstanden?« Dann verlor sie die Fassung. »Eine Fälschung sind Sie!« gellte sie so laut in die Sprechmuschel, daß sie spürte, wie der Hörer vibrierte, und dann knallte sie ihn auf die Gabel. Sie verließ die Kinokasse und ging zur Eingangstür. Lindi Lee hatte die Tür nicht einfach hinter sich zugeworfen. Sie war von innen verschlossen und verriegelt.
    »Scheiße«, sagte Birdy leise.
    Plötzlich kam ihr das Foyer kleiner vor als vorher, und mit ihrer Kraft, cool zu bleiben, ging es ihr nicht anders. In Gedanken haute sie sich links und rechts eine herunter, die Standardbehandlung für eine Heldin, die kurz davor ist, hysterisch zu werden. Denk die Sache genau durch, schärfte sie sich ein. Erstens: Die Tür war abgeschlossen. Lindi Lee hatte es nicht getan, Ricky konnte es nicht getan haben, sie selber hatte es bestimmt nicht getan. Was bedeutete …
    Zweitens: Ein Spinner war hier im Haus. Womöglich mit der männlichen oder weiblichen Person identisch, die am Telefon war. Was bedeutete …
    Drittens: Er, sie oder es mußte irgendwo im Gebäude Zugang zu einem zweiten Anschluß haben. Der einzige, den sie kannte, war im oberen Stockwerk, im Lagerraum. Aber keinesfalls würde sie da hinaufgehen. Zur Begründung vergleiche Heldin in Gefahr. Was bedeutete …
    Viertens: Sie mu ßte den Eingang mit Rickys Schlüsseln aufsperren.
    Richtig, das war das absolute Muß: Hol dir die Schlüssel von Ricky.
    Sie betrat wieder den Kinosaal. Aus irgendeinem Grund brannten die Lampen nicht gleichmäßig, oder war nur ihr Sehnerv in Panik geraten? Nein, die Lampen flackerten leicht.

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