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Das 3. Buch Des Blutes - 3

Das 3. Buch Des Blutes - 3

Titel: Das 3. Buch Des Blutes - 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Barker
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ihr Bett zu beschemen. Sie schaute, obwohl sie es weiß Gott nicht wollte.
    Sie lag in den Überresten eines Mannes, dessen Körper von seinen Verschlingern über eine beträchtliche Fläche auseinandergezerrt worden war. Sie hätte am liebsten geheult. Instinktiv wollte sie sich Rock und Bluse herunterreißen, die beide mit Eiter verklebt waren; aber sie konnte nicht nackt herumlaufen, nicht vor dem Zelluloidsohn.
    Es schaute noch immer hinunter zu ihr. »Jetzt weißt du’s«, sagte es verstört.
    »Das bist du …»
    »Das ist der Körper, den ich mal bewohnt hab’, ja. Er hieß Barberio. Ein Krimineller, nichts Weltbewegendes. Nach Größe hat er nie gestrebt.«
    »Und du?«
    »Sein Krebs. Ich bin das Stück von ihm, das durchaus gestrebt hat, das sich durchaus danach gesehnt hat, mehr zu sein als ein e bescheidene kleine Zelle. Ich bin ein träumendes Leiden. Kein Wunder, daß ich die Filme liebe.«
    Der Zelluloidsohn weinte, über den Rand des zerborstenen Bodens geneigt, und sein wahrer Körper war jetzt, da er keinen Grund mehr hatte, etwas Glorioses zu fabrizieren, den Blicken preisgegeben.
    Es war ein scheußliches Ding, ein fetter Tumor, der sich an vergeudeter Leidenschaft gemästet hatte. Ein Schmarotzer in der Gestalt einer Nacktschnecke und mit der Struktur von roher Leber. Einen Moment lang bildete sich, miserabel modelliert, an seinem Kopfende ein zahnloser Mund und sagte:
    »Werd’ wohl eine neue Methode finden müssen, deine Seele zu fressen.«
    Es plumpste neben Birdy in den Blindschacht hinunter. Ohne seinen schimmernden Technicolormantel hatte es die Größe eines kleinen Kindes. Sie zuckte zurück, als es einen Sensor ausstreckte, um sie zu berühren, aber die Ausweichmöglichkeiten waren sehr begrenzt. Der Blindschacht war eng, und überdies war er auch noch mit etwas blockiert, das nach zerbrochenen Stühlen und ausrangierten Gebetbüchern aussah. Es gab keinen Ausweg, bis auf den Weg, den sie gekommen war, und der lag viereinhalb Meter über ihrem Kopf.
    Versuchsweise berührte der Krebs ihren Fuß, und sie mußte sich erbrechen. Sie konnte einfach nicht anders, obwohl sie sich schämte, daß sie solch primitiven Reaktionen nachgab. Nichts hatte sie je zuvor derartig abgestoßen; es erinnerte sie irgendwie an eine Fehlgeburt, einen Fall für den Eimer.
    »Scher dich zum Teufel«, sagte sie zu ihm und trat nach seinem Kopf, aber es war nicht zu bremsen, seine durchfallartige Masse fing ihre Beine ein. Sie konnte das heftige Pulsieren seiner Eingeweide spüren, als es an ihr hochkroch.
    Sein drückendes Körpervolumen auf ihrem Bauch und ihrer Leistengegend war beinah sexuell, und so sehr sie diese Assoziation auch abstieß, insgeheim fragte sie sich doch vage, ob so ein Wesen auf Sex aussein könnte. Etwas an der Hartnäckigkeit, mit der seine sich unablässig verändernden Taster an ihrer Haut entlangglitten, zart unter ihrer Bluse herumfühlten, sich ausstreckten, um ihre Lippen zu berühren, ergab nur als Begehren einen Sinn. Dann soll es eben kommen, dachte sie, soll es kommen, wenn ihm unbedingt danach ist.
    Sie ließ es auf sich hinaufklettern, bis es zur Gänze auf ihrem Körper thronte, kämpfte dabei ununterbrochen gegen den Drang an, es abzuwerfen - und dann ließ sie ihre Falle zuschnappen.
    Sie wälzte sich auf den Bauch.
    102 Kilo hatte sie beim letzten Mal auf die Waage gebracht, und wahrscheinlich waren es jetzt noch mehr. Das Ding war unter ihr, bevor es noch herausbekommen konnte, wie oder weshalb das passiert war, und aus seinen Poren sickerte der faulige Saft der Tumore.
    Es kämpfte, aber es konnte sich nicht befreien, wie sehr es sich auch wand. Birdy grub ihre Nägel hinein, begann, an seinen Seiten zu reißen, fetzte Klumpen aus ihm heraus, schwammige Klumpen, woraufhin nur noch mehr Flüssigkeiten hervorschossen. Sein Wutgeheul wurde zum Schmerzgeheul. Binnen kurzem hörte das träumende Leiden auf zu kämpfen.
    Birdy lag einen Moment lang still. Unter ihr regte sich nichts.
    Schließlich stand sie auf. Man konnte unmöglich wissen, ob der Tumor tot war. Er hatte, nach allen ihr begreiflichen Kategorien, sowieso nicht gelebt. Außerdem würde sie ihn nicht wieder anfassen. Eher würde sie mit dem Teufel selber ringen, als Barberios Krebs ein zweites Mal zu umarmen.
    Sie schaute hinauf zum Gang über sich und verzweifelte.
    Würde sie jetzt hier sterben müssen wie Barberio vor ihr?
    Dann, als sie flüchtig zu ihrem Gegner hinunterblickte, bemerkte sie das Gitter. Es

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