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Das 4. Buch des Blutes - 4

Das 4. Buch des Blutes - 4

Titel: Das 4. Buch des Blutes - 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Barker
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desto mehr geriet er in Brand. Sie würde ihn nicht abweisen, davon überzeugten ihn die Songs; oder falls doch, müßte er seiner Sache Nachdruck verleihen, bis die Frau (wie es wiederum die Songs verhießen) sich ihm ergab. Schlagartig, beim Gedanken an ihre Hingabe, verschlang ihn das Feuer. Lachend ließ er das Radio hinter sich weitersingen und begab sich nach unten.
    Es hatte den größten Teil des Vormittags gekostet, eine Liste der bei der Versuchsanstalt beschäftigten Testpersonen zusammenzustellen. Carnegie hatte ein Widerstreben von Seiten der Institutsleitung gespürt, der Ermittlung ihre Akten zu öffnen, trotz der Schandtat, die in ihren Räumlichkeiten begangen worden war. Schließlich hatten sie ihm, kurz nach Mittag, ein hastig zusammengestelltes Who’s Who von Versuchspersonen verehrt, viereinhalb Dutzend im ganzen, sowie ihre Adressen. Zu keinem der Aufgelisteten, erklärten die Dienststellen, passe die Beschreibung von Welles’
    Testperson. Die Doktoren hätten offensichtlich Einrichtungen der Versuchsanstalt zur Arbeit an Privatprojekten benutzt. Man unterstütze das zwar nicht, aber beide seien rangältere Forscher gewesen, und man habe ihnen in dieser Angelegenheit freie Hand gelassen. Es war daher wahrscheinlich, daß der Mann, den Carnegie suchte, noch nicht einmal auf der Lohnliste der Forschungsanstalt eingetragen war. Unverzagt ordnete Carnegie an, von ausgewählten Partien der Videoaufzeichnung Photos zu machen, und ließ diese – samt der Namens- und Adressenliste – an seine Beamten verteilen. Von da an ging es nur noch um Beinarbeit und Geduld.
    Leo Boyle fuhr mit dem Finger die Namensliste herunter, die man ihm gegeben hatte. »Noch mal vierzehn«, sagte er. Sein Fahrer brummte, und Boyle schaute flüchtig zu ihm hinüber.
    »Sie waren McBrides Partner, nicht?« sagte er.
    »Stimmt«, antwortete Dooley. »Sie ham ihn suspendiert.«
    »Weshalb?«
    Dooley machte ein finsteres Gesicht. »Beherrscht die Feinheiten nicht, dieser Virgil. Kommt mit den Festnahmen einfach nicht klar.«
    Dooley brachte den Wagen zum Stehen.
    »Is’ es das?« fragte Boyle.
    »Nummer achtzig, sagten Sie. Das is’ achtzig. Auf der Tür.
    Acht. Null.«
    »Lesen kann ich selber.«
    Boyle stieg aus und begab sich über den Fußweg zu dem Haus. Es war ziemlich groß und in Wohnungen abgeteilt; es gab mehrere Klingelknöpfe. Er drückte auf den von J. Tredgold
    – das war der Name auf seiner Liste – und wartete. Von den fünf Häusern, die sie bis jetzt aufgesucht hatten, standen zwei leer, und die Bewohner der anderen drei wiesen keinerlei Ähnlichkeit mit dem Übeltäter auf.
    Boyle wartete ein paar Sekunden vor dem Eingang und drückte dann wieder auf den Klingelknopf, läutete länger diesmal. »Niemand da«, sagte Dooley vom Gehsteig her.
    »Sieht so aus.« Noch unterm Reden erblickte Boyle eine Gestalt, die quer durch die Eingangshalle flitzte, ihr Umriß vom Butzenscheibenglas in der Tür verzerrt. »Augenblick noch«, sagte er.
    »Was gibt’s?«
    »Da is’ jemand drin und macht nicht auf.« Er drückte den Klingelknopf von vorhin erneut, und dann die übrigen. Dooley näherte sich über den Fußweg und wedelte dabei eine besonders penetrante Wespe weg.
    »Sin’ sie sicher?« sagte er.
    »Ich hab’ da drin jemanden gesehen.«
    »Drücken Sie die andern Klingeln«, schlug Dooley vor.
    »Hab’ ich schon. Es is’ jemand drin und geht einfach nicht an die Tür.« Er klopfte an die Scheibe. »Aufmachen«, verkündete er. »Polizei.«
    Schlau, dachte Dooley; warum kein Megaphon, damit der Himmel auch Bescheid weiß? Als die Tür, wie nicht anders zu erwarten, verschlossen blieb, wandte sich Boyle an Dooley.
    »Gibt’s einen Zugang von der Seite?«
    »Jawohl, Sir.«
    »Dann laufen Sie nach hinten, aber fix, bevor er weg ist.«
    »Sollten wir nicht Verstä-?«
    »Ab mit Ihnen! Ich bleib’ hier auf Posten. Wenn Sie hinten reinkönnen, kommen Sie vor und öffnen mir die Haustür.«

    Dooley rückte ab; Boyle blieb allein vor der Haustür. Er drückte noch einmal sämtliche Klingelknöpfe und hielt, die hohle Hand über die Augen legend, das Gesicht an die Scheibe.
    In der Eingangshalle zeigte sich keinerlei Bewegung; war es möglich, daß der Vogel schon ausgeflogen war? Er trat auf den Fußweg zurück und starrte zu den Fenstern hinauf; mit leerem Blick erwiderten sie sein Starren. Dooley mußte mittlerweile längst am Hintereingang sein; aber bis jetzt war er weder aufgetaucht, noch hatte er gerufen.

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