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Das 5. Buch des Blutes - 5

Das 5. Buch des Blutes - 5

Titel: Das 5. Buch des Blutes - 5 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Barker
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Helen, »aber nicht, daß keine Zeugen existieren.«
    »Also schön«, sagte Purcell. »Beschaff mir einen. Wenn du mir beweisen kannst, daß dein Greuelverbreiter tatsächlich leibt und lebt, dann spendier’ ich jedem ein Dinner im Appollinaires. Wie findet ihr das? Bin ich übertrieben großzügig, oder weiß ich bloß, wann ich nicht verlieren kann?«
    Er lachte und klopfte zum Applaus mit den Knöcheln auf den Tisch.
    »Hört sich gut an«, sagte Trevor. »Was sagst du, Helen?«
    Erst am folgenden Montag ging sie wieder zur Spector-
    Street-Anlage, aber in Gedanken war sie das ganze Wochenende über dort, stand draußen vor der abgesperrten Toilette, vom regenbringenden Wind umweht; oder im Schlafzimmer mit dem drohenden Porträt. Gedanken an die Wohnanlage nahmen sie voll in Anspruch. Als Trevor am späten Samstagnachmittag einen läppischen Anlaß für einen Streit fand, ließ sie die Beleidigungen unerwidert, sah ihm zu, wie er sich nach altbekanntem Ritual als Märtyrer aufspielte, 42
    ohne daß es sie im geringsten berührte. Ihre Gleichgültigkeit brachte ihn nur noch mehr in Rage. Kochend vor Wut, stürmte er hinaus, um seine diesmonatliche Favoritin aufzusuchen, welche von seinen Frauen das auch immer sein mochte. Sie war froh, ihn von hinten zu sehen. Als er diese Nacht nicht heimkam, dachte sie nicht einmal daran, deswegen zu weinen.
    Er war albern und leer. Sie gab alle Hoffnung auf, in seinen stumpfen Augen je einen ruhelosen Blick zu sehen; und was war ein Mann wert, der Ruhelosigkeit nicht kannte?
    Auch Sonntag nacht blieb er aus, und während sie, am Morgen darauf, den Wagen im Zentrum der Wohnanlage parkte, schoß ihr durch den Kopf, daß ja gar niemand wußte, daß sie hergekommen war; sie könnte sich hier tagelang verirren, und es wüßte immer noch niemand. Wie der alte Mann, von dem ihr Anne-Marie erzählt hatte: lag vergessen in seinem Lieblingsstuhl, die Augen mit dem Haken herausgerissen, während die Fliegen schmausten und die Butter auf dem Tisch ranzig wurde.
    Die Scheiterhaufennacht stand unmittelbar bevor, und übers Wochenende war der kleine Haufen Brennmaterial im Hof des Butts-Blocks zu beträchtlicher Größe angewachsen. Die Konstruktion sah unstabil aus, aber das hielt mehrere kleine Jungen und Halbwüchsige nicht davon ab, darüber hinweg- oder hin-einzuklettern. Der sperrige Stapel setzte sich größtenteils aus Möbelstücken zusammen, die zweifellos aus verrammelten Wohnungen geklaut waren. Sie zweifelte, ob er überhaupt brennen würde; wenn ja, würde das Feuer sicher jeden Moment zu ersticken drohen. Viermal wurde sie auf ihrem Weg hinüber zu Anne-Maries Maisonette von Kindern abgefangen, die um Geld zum Kauf von Feuerwerkskörpern bettelten.
    »‘n Penny für den Guy«, sagten sie, obwohl keines so einen Guy vorzeigen konnte. Bis Helen die Haustür erreichte, war kein Kleingeld mehr in ihren Taschen.
    Anne-Marie war heute daheim, aber ein Willkommenslächeln gab es nicht. Sie starrte ihre Besucherin nur wie hypnotisiert an.
    »Sie haben hoffentlich nichts dagegen, daß ich vorbeischaue …«
    Anne-Marie gab keine Antwort.
    »… wollt’ nur kurz mit Ihnen reden.«
    »Ich hab’ zu tun«, verkündete die Frau schließlich. Es gab kein Hereinbitten, kein Anbieten von Tee.
    »Oh. Also… ‘s dauert auch nur ‘n Augenblick.«
    Die Hintertür war offen, und der Luftzug fegte durchs Haus.
    Zeitungen flogen im Hinterhof herum. Helen konnte sehen, wie sie sich, riesigen weißen Motten gleich, in die Luft erhoben.
    »Was wollen Sie?« fragte Anne-Marie.
    »Sie bloß nach dem alten Mann fragen.«
    Die Frau runzelte kaum merklich die Stirn. Auf Helen machte sie den Eindruck, als ob sie krank würde. Ihr Gesicht hatte die Farbe und Beschaffenheit von altem Teig, ihr Haar war glatt und fettig.
    »Was für’n alter Mann?«
    »Als ich’s letztemal hier war, haben Sie mir von einem alten Mann erzählt, der ermordet wurde, erinnern Sie sich?«
    »Nein.«
    »Er hat im nächsten Block gewohnt, sagten Sie.«
    »Ich kann mich nicht erinnern«, sagte Anne-Marie.
    »Aber Sie haben mir klar und deutlich erzählt…«
    Etwas fiel in der Küche zu Boden und zerbrach. Anne-Marie
    zuckte zusammen, rührte sich aber nicht von der Türschwelle, wobei ihr Arm Helen den Weg ins Haus versperrte. Über die ganze Diele waren die Spielsachen des Kindes verstreut, angenagt und zerbeult.
    »Sind Sie okay?«
    Anne-Marie nickte. »Ich hab’ zu arbeiten«, sagte sie.
    »Und Sie erinnern sich nicht

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