Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das 5. Buch des Blutes - 5

Das 5. Buch des Blutes - 5

Titel: Das 5. Buch des Blutes - 5 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Barker
Vom Netzwerk:
fanden. Vielleicht könnte aus ihr, mit der Zeit, eine Geschichte zum Kinder-Einschüchtern werden. Sie hatte gelogen, als sie sagte, sie ziehe den Tod solch fragwürdigem Ruhm vor; das tat sie nicht. Was ihren Verführer betraf, so lachte der, als die Feuersbrunst sie beide aufspürte.

Der Tod dieser Nacht war nicht von Dauer; nicht für ihn, dessen Taten auf hundert Wänden und zehntausend Lippen waren, und sollte man ihn wieder einmal anzweifeln, dann konnte ihn seine Gemeinde in aller Süße herbeirufen. Er hatte Grund zu lachen. Und Helen - während die Flammen allmählich über sie beide kamen - auch, als sie durch den Feuerschleier ein vertrautes Gesicht erblickte, das sich zwischen den Zuschauern bewegte. Es war Trevor. Er hatte sein Mahl im Appollinaires im Stich gelassen und war gekommen, um nach ihr zu suchen. Sie sah ihm zu, wie er den einen oder anderen Zuschauer am Feuer befragte, aber alle schüttelten den Kopf und starrten dabei weiter unbeirrt den Scheiterhaufen an, mit einem Lächeln auf dem Grunde ihrer Augen. Armer Gelackmeierter, dachte sie, angesichts seiner
    diversen Mätzchen. Durch ihre Willenskraft zwang sie ihn, durch die Flammen hindurch zu schauen, in der Hoffnung, er möge sie brennen sehen. Nicht damit er sie vor dem Tode bewahrte - über diese Hoffnung war sie längst hinaus -, sondern weil er ihr in seiner Verwirrung leid tat und sie ihm, obwohl er sich bei ihr nicht dafür bedankt hätte, etwas geben wollte, das ihm die Ruhe rauben würde. Einmal das - und eine Geschichte zum Weitersagen.

    Über fünfunddreißig Minuten wartete Jerry Coloqhoun auf den Stufen des Leopold-Road-Hallenbads, ehe Garvey aufkreuzte, und er spürte seine Füße immer weniger bei der durch die Schuhsohlen hochkriechenden Kälte. Die Zeit würde kommen, beruhigte er sich, wo es ihm zustünde, Leute warten zu lassen. Tatsächlich lag ein solches Vorrecht in nicht allzu weiter Ferne, falls er Ezra Garvey dazu bewegen könnte, in den Vergnügungspalast zu investieren. Das erforderte zwar Risikofreudigkeit und beträchtliche Kapitalien, aber seine Gewährsmänner hatten ihm versichert, daß Garvey, egal wie es um seinen Ruf bestellt war, beides im Überfluß besaß. Wo der Mann sein Geld hernahm, stand bei den Verhandlungen nicht zur Debatte, zumindest redete Jerry sich das mittlerweile ein.
    Manch passablerer Plutokrat hatte in den letzten sechs Monaten das Projekt rundweg abgelehnt; unter solchen Umständen war gesteigerte Sensibilität ein Luxus, den er sich nicht leisten konnte.
    Er wunderte sich nicht allzusehr über die ablehnende Haltung der Geldgeber. Dies waren schwierige Zeiten, da konnte man nicht so ohne weiteres Risiken eingehen. Und überdies brauchte man eine gehörige Portion Vorstellungskraft - eine unter den Wohlhabenden, die er kennengelernt hatte, nicht gerade häufige Gabe -, um nachvollziehen zu können, was ihm vorschwebte: die Verwandlung des Hallenbads in ein schimmerndes Freizeitzentrum. Aber aufgrund seiner Recherchen war er davon überzeugt, daß in einer Gegend wie dieser - wo Häuser, sobald sie auch nur annähernd abbruchreif aussahen, durch eine Generation von Mittelklasse-Genußmenschen aufgekauft und wieder aufpoliert wurden -, daß in einer solchen Gegend die von ihm geplanten Anlagen einfach Geld abwerfen mußten.
    Es gab einen zusätzlichen Anreiz. Die Stadt, als Eigentümerin des Hallenbads, brannte darauf, das Grundstück so schnell wie möglich abzustoßen; sie hatte jede Menge
    Schulden. Jerrys bestechliche Quelle im Aufsichtsrat der Städtischen Verwaltung - eben jener Mann, der gegen zwei Flaschen Gin mit Vergnügen die Schlüssel zu dem Grundstück geklaut hatte - hatte ihm verraten, daß man das Gebäude für ein Butterbrot kaufen könne, wenn das Angebot rasch erfolgte. Es war alles eine Frage des guten Timings.
    Eine Fähigkeit, die Garvey offenbar fehlte. Bis er endlich eintraf, hatte sich die Gefühllosigkeit nach Norden, zu Jerrys Knien hin, ausgebreitet, und seine Geduld hatte sich erschöpft.
    Er ließ sich jedoch nichts anmerken, als Garvey aus seinem Rover mit Chauffeur ausstieg und die Stufen heraufkam. Jerry hatte ihn nur telefonisch gesprochen und einen größeren Mann erwartet, aber trotz des Mangels an Statur gab es keinen Zweifel an Garveys Autorität. Sie zeigte sich in dem unverhohlen abschätzenden Blick, den er Coloqhoun zuwarf; in den freudlosen Zügen; in dem makellosen Anzug.
    Die beiden gaben sich die Hand.
    »Erfreut, Sie zu sehen, Mr.

Weitere Kostenlose Bücher