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Das 5. Buch des Blutes - 5

Das 5. Buch des Blutes - 5

Titel: Das 5. Buch des Blutes - 5 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Barker
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einverstanden«, sagte Klein. Goldberg blickte nicht von seinem Spiel auf. »Sie ist einverstanden, sag’ ich.«
    »Ich bin blind, nicht taub«, sagte Goldberg und ging ungerührt die Karten durch. Als er schließlich aufschaute, so nur, um Vanessa zuzublinzeln. »Ich hab’ Ihnen gesagt, daß es schlimm enden würde…« sagte er leise, und Vanessa wußte, daß er trotz seines zur Schau gestellten Fatalismus sehr unter dem Verlust seiner Gefährten litt. »… Ich hab’ von Anfang an gesagt, daß wir hier bleiben müssen. Fliehen ist sinnlos.« Er zuckte mit den Achseln und wandte sich wieder den Karten zu.
    »Wohin soll man schon fliehen? Die Welt hat sich gewandelt.
    Das weiß ich. Wir haben sie verwandelt.«
    »Es war nicht so schlimm«, sagte Vanessa.
    »Die Welt?«
    »Wie sie gestorben sind.«
    »Ach.«
    »Wir hatten unsern Spaß, bis zur letzten Minute.«
    »Gomm war so sentimental«, sagte Goldberg. »Wir haben uns nie besonders gut leiden können.«
    Ein großer Frosch hüpfte Vanessa über den Weg. Die Bewegung fiel Goldberg ins Auge.
    »Wer ist das?« sagte er.
    Das Geschöpf betrachtete haßerfüllt Vanessas Fuß. »Bloß ein Frosch«, antwortete sie.
    »Wie schaut er aus?«
    »Er ist dick«, sagte sie. »Mit drei roten Tupfen auf dem Rücken.«
    »Das ist Israel«, sagte er. »Treten Sie nicht auf ihn.«
    »Könnten wir bis Mittag einige Entscheidungen kriegen?«
    platzte Klein dazwischen. »Besonders zur Lage am Golf, und zur Mexiko-Kontroverse und…«
    »Ja, ja, ja«, sagte Goldberg. »Jetzt gehen Sie weg.«
    »… Es könnte zu einer neuen Schweinebucht kommen…«
    »Sie verraten mir nichts, was ich nicht schon wüßte. Gehn Sie! Sie stören die Nationen.« Er sah Vanessa scharf an. »Also, setzen Sie sich jetzt hin oder nicht?«
    Sie setzte sich.
    »Jetzt liegt’s bei Ihnen«, sagte Klein und zog sich zurück.
    Goldberg hatte begonnen, ein gutturales Geräusch von sich zu geben - »kek-kek-kek« - er ahmte die Stimme eines Frosches nach. Als Reaktion kam aus jeder Ecke des Hofs Gequake. Vanessa unterdrückte ein Lächeln, als sie das Geräusch hörte. Eine Posse, das hatte sie sich schon vorher einmal gesagt, mußte man mit unbewegter Miene spielen, als ob man jedes absonderliche Wort glaubte. Nur bei der Tragödie war Lachen angebracht; und eine solche konnten sie mit Hilfe der Frösche vielleicht noch verhindern.

    Als Cleveland Smith nach der Unterredung mit dem für seinen Gefängnisflur verantwortlichen Officer zu seiner Zelle zurückkam, hatte sich sein neuer Mitinsasse bereits häuslich eingerichtet und den Blick dem durchs drahtverstärkte Glasfenster einfallenden staubgesättigten Sonnenschein zugewandt. Ein kurzes Gastspiel; weniger als eine halbe Stunde lang zwängte sich die Sonne (sofern die Bewölkung dies gestattete) jeden Nachmittag zwischen die Mauer und das Verwaltungsgebäude und schob sich längsseits des B-Flügels voran, um erst am nächsten Tag wieder aufzutauchen.
    »Du bist Tait?« sagte Cleve.
    Der Häftling schaute von der Sonne weg. Mayflower hatte gesagt, der neue Bursche sei zweiundzwanzig, aber Tait sah fünf Jahre jünger aus. Er hatte das Gesicht eines verstörten Hundes. Eines häßlichen Hundes obendrein; eines Hundes, den seine Besitzer im Verkehrsgewühl sich selbst überlassen haben.
    Die Augen zu weit offen, der Mund zu weich, die Arme zu schmächtig: ein geborenes Opfer. Es ärgerte Cleve, daß man ihn mit dem Jungen zusammengesteckt hatte. Tait war reiner Ballast, und er hatte keine überschüssigen Energien, die er zum Schutz des Jungen aufwenden konnte, trotz Mayflowers er-munterndem Gerede vom Ein-bißchen-unter-die-Fittiche-
    Nehmen und so.
    »Ja«, antwortete der Hund. »William.«
    »Du wirst mit William angeredet?«
    »Nein«, sagte der Junge. »Man nennt mich Billy.«
    »Billy.« Cleve nickte und betrat die Zelle. Das Reglement in Pentonville war relativ fortschrittlich; morgens wurden die Zellen zwei Stunden lang offengelassen und nachmittags häufig auch, was den Sträflingen etwas Bewegungsfreiheit einräumte. Die Regelung hatte jedoch ihre Nachteile, und das war auch der Grund für Mayflowers Gerede.
    »Man hat mir gesagt, ich soll dir ‘n Rat geben.«
    »Ach?« antwortete der Junge.
    »Du hast bisher noch nicht gesessen?«
    »Nein.«
    »Nicht mal im Jugendarrest?«
    Taits Blick flackerte. »Nur kurz.«
    »Dann weißt du ja, wie die Dinge stehen. Du weißt, daß du leicht vernascht werden kannst.«
    »Klar.«
    »Scheint, ich bin dazu

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