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Das 5. Gebot (German Edition)

Das 5. Gebot (German Edition)

Titel: Das 5. Gebot (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nika Lubitsch
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Großtante.“
    Auch so eine reiche Familie, genau wie bei George, dachte Vicky.
    „Gibt es den Brief hier irgendwo?“, fragte Leo.
    „Ich weiß es nicht, ich habe alles abgesucht, aber ich habe keinen Abschiedsbrief ihrer Mutter gefunden. Glaubt mir, ich wollte wissen, wieso sie nach Berlin gefahren ist. Solange sie lebte, hätte ich ihr natürlich niemals hinterhergeschnüffelt, so was gab es einfach nicht zwischen uns. Aber jetzt ... Ich will so gern verstehen. Doch es ist nichts zu finden. Absolut nichts.“
    „Was ist denn geklaut worden, als du in Berlin warst?“, fragte Vicky.
    „Nichts Besonderes, ein bisschen Schmuck von Isa, zwei Tablets, ein Notebook, technische Geräte halt.“
    „Und ein Abschiedsbrief. Vielleicht.“
    „Ist der Drucker auch geklaut worden?“
    „Ja, da habe ich mich noch gewundert, weil diese Dinger sind doch schwerer zu tragen, als der Preis heute rechtfertigt.“
    „Hatte Isa ein Notebook mit in Berlin?“
    „Nein, nur ihr iPhone, und das ist verschwunden. Wahrscheinlich hatte sie das beim Joggen eingesteckt, um Musik zu hören oder am See zu lesen. Es ist jedenfalls noch nicht wieder aufgetaucht.“
    „Wie war sie so, meine Schwester?“, fragte Vicky und wunderte sich, wie einfach und fast selbstverständlich ihr das Wort Schwester über die Lippen kam.
    „Sie war wundervoll“, sagte Dominique. Und dann zeichnete er ein Psychogramm, in dem Vicky sich wiedererkannte. Sie sei neugierig gewesen, sagte er, ehrgeizig, manchmal zu ehrgeizig. Sie konnte sich in ihre Fälle verbeißen, immer auf der Seite der Schwachen. Sie sei flapsig gewesen, immer zu einem frechen Spruch bereit, spontan, mit einem eigenen, manchmal boshaften Humor. Aber auch selbstironisch, eine, die über sich lachen konnte. Eine liebevolle Geliebte und der beste Kumpel, den man sich vorstellen konnte. Stark. Eine, auf die man sich verlassen konnte. Da liefen Vicky die Tränen herunter. Isabelle, meine Schwester, dachte sie. Ela ist zu spät gekommen. Vicky schaute Leo hilfesuchend an. „Hatte Isabelle ein eigenes Zimmer in diesem Haus?“, fragte er.
    „Nein, aber das Zimmer oben, neben unserem Schlafzimmer haben wir beide als Arbeitszimmer genutzt. Da hatte sie ihren eigenen Schreibtisch.“
    „Dürfen wir mal?“, fragte Leo.
    Dominique schien über diese Ablenkung froh zu sein, denn er erhob sich sofort. „Selbstverständlich, kommt“, sagte er und reichte Vicky die Hand, um sie aus dem Sessel herauszuziehen. Sie stiegen eine breite Treppe hinauf in den ersten Stock. Die Tür zu einem großen Badezimmer in dunkelgrünem Marmor mit goldenen Wasserhähnen war geöffnet. Feudal, dachte Vicky. Sie betraten einen Raum links davon. Zwei Schreibtische standen einander gegenüber, der Raum war in neutralem Weiß gehalten. „Die Geräte sind wie gesagt alle geklaut worden“, sagte Dominique.
    „Wenn Isabelle einen Fall zu Hause aufarbeiten wollte, hat sie dann die Akte mitgenommen oder einen USB-Stick genutzt?“, fragte Vicky.
    „Manchmal. Oft hat sie sich die angefangenen Schriftsätze aber einfach per E-Mail gesandt. Wenn wir uns etwas gegenseitig zeigen wollten, haben wir uns sogar von einem Tisch zum anderen E-Mails geschickt.“
    „Hattet ihr denselben E-Mail-Account?“
    „Nein, natürlich nicht. Isabelle hatte den Account über ihre Kanzlei, und für private Sachen hatte sie einen Yahoo-Account. Da komme ich überall auf der Welt ran, hat sie mal gesagt.“
    „Und du weißt nicht zufällig das Passwort von Isabelle?“, fragte Leo.
    Dominique sah Leo fassungslos an. „Dass ich daran noch nicht gedacht habe. Doch. Klar kenne ich ihr Passwort!“
    Vicky merkte, wie ihr heiß wurde. „Hast du einen neuen PC hier im Haus?“, fragte sie Dominique.
    „Natürlich, ich arbeite oft von zu Hause aus. Mein Notebook ist unten im Esszimmer. Verdammt, warum habe ich nicht früher daran gedacht? Kommt, wir versuchen es, vielleicht finden wir ja irgendetwas in Isabelles E-Mails, das uns einen Hinweis gibt, warum sie nach Berlin gefahren ist und was sie da wollte.“
    Die drei stiegen die Treppen ins Erdgeschoss hinunter. Dominique führte sie in ein Esszimmer, das wieder von ihrer Antiquitätenleidenschaft erzählte. Über einer reich verzierten Holzanrichte, die fast die gesamte Stirnseite des Raumes einnahm, hing ein Stillleben mit einem toten Fasan neben einer Weinkaraffe mit goldenem Rahmen. In der Mitte des Raumes stand ein überdimensionaler Refektoriumstisch, auf dem Dominique sein Ultrabook

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