Das 500 Millionen Komplott (German Edition)
noch drei Sitzreihen entfernt. Die Lage wurde ernst. In die Enge getrieben entwickelte Svetlana schon häufig spontane Ideen, um sich aus einer prekären Situation zu retten.
»Verdammt«, schimpfte sie plötzlich, »können die nicht einmal einen Bus ohne scharfe Kanten bauen?« Sie hattesich ein kleines Loch in ihre Strumpfhose gerissen und zeigte es aufgeregt einem der beiden Polizisten. »Sehen Sie, wenn mich so die Hausdame sieht, bin ich gefeuert. Bitte, darf ich aussteigen, damit ich mich schnell umziehen kann? Ich brauche den Job unbedingt. Ich habe ein kleines Kind und brauche jeden Cent, verstehen Sie.« Sie drückte auf die Tränendrüse und es wirkte. Der Polizist zeigte Verständnis.
»Lassen Sie mich kurz in Ihre Tasche sehen«, sagte er sachlich, völlig emotionslos. Svetlana öffnete den Reißverschluss ein wenig und hoffte, ein kurzer Blick auf ihre weißen Blusen würde ihm genügen. Sie zitterte, als der Mann in die Tasche sah, ohne hineinzugreifen. Dabei stockte ihr der Atem, allerdings aus einem ganz anderen Grund. Ihr fiel das Wappen ins Auge, welches der Polizist am Oberarm seiner Uniformjacke trug. Es sah genauso aus wie jenes Abzeichen, welches Floyd in seinem Besitz hatte. Zum ersten Mal sah sie es unversehrt und wusste nun, was auf dem fehlenden Stück stand. Unterhalb des von einer Lorbeerkrone eingerahmten Schwertes stand ›Lex Paciferat‹ und am oberen Rand in Großbuchstaben ›Eurogendfor‹. Svetlana prägte es sich ein. Floyd musste Kontakt mit einem dieser Polizisten gehabt haben. Wie sonst käme er in den Besitz eines solchen Wappens. Er muss es sogar jemanden abgerissen haben, vielleicht in einem Kampf, denn sonst wäre es nicht beschädigt gewesen.
»Gehen Sie!«, erlaubte der Polizist, was sich wie ein Befehl anhörte.
»Bitte, meine Freunde müssen unbedingt mitkommen. Wir sind in einer Gruppe eingeteilt. Kennen Sie die Hausdame? Die macht uns die Hölle heiß, wenn wir nicht zusammen bei ihr erscheinen. Mit der ist nicht gut Kirschen essen,verstehen Sie?« Svetlana kannte die Hausdame gar nicht, die das genaue Gegenteil von dem war, was sie dem Polizisten vorlog. Svetlana bewegte sich auf verdammt dünnem Eis, aber es hielt.
»Lass alle gehen«, hörte sie den zweiten Polizisten sagen. »Ich will nicht schuld daran sein, wenn die hohen Herrschaften nicht rechtzeitig ihr Mittagessen serviert bekommen.« Alle im Bus waren erleichtert.
Svetlana atmete auf und mit ihr die anderen Mitglieder der Weißen Rose. Schnell verließen sie zusammen mit den übrigen Servicekräften den Bus, bevor die Polizisten es sich anders überlegen könnten.
Kaum jemand nahm Notiz davon, dass zwischenzeitlich ein Taxi und kurz darauf eine gepanzerte Limousine vor dem Hauptportal des Hotels vorgefahren war. Andere Fahrzeuge sowie weitere Taxis folgten fast im Minutentakt. Alle fuhren sehr dicht an die Eingangstür heran, damit ihre Fahrgäste nur Sekunden zu sehen waren und somit keinem versteckten Paparazzo eine Chance boten. Sie waren sehr vorsichtig, obwohl die Presse von diesem Ereignis keine Kenntnis hatte und deshalb sowieso nicht in der Nähe sein dürfte. Mit Bestimmtheit ließe sich dies jedoch nicht sagen.
Kaum hatten die Servicekräfte das Hotel betreten, setzten sich Svetlana und ihre Freunde von der Gruppe ab. Durch einen Nebenflügel rannten sie zu einem kleinen Treppenhaus, das ausschließlich dem Personal vorbehalten war. Es fiel ihnen nicht schwer, sich zu orientieren, denn sie hatten zuvor den fotografierten Grundrissplan eingehend studiert.
Vorsichtig öffnete Svetlana die Tür und sah nach, ob sich jemand auf der Treppe befand. Soweit sie nach obenund unten sehen konnte, war niemand zu
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