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Das 6. Buch des Blutes - 6

Das 6. Buch des Blutes - 6

Titel: Das 6. Buch des Blutes - 6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Barker
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Tabletten, die er geschluckt hatte, schienen die erwähnten Schmerzen nicht zu lindern. Er ballte und öffnete die Hände wie ein Arthritiskranker, der feststellen möchte, wie weit sein Zustand fortgeschritten ist. Ohne aufzusehen, sagte er: »Mir wurde beigebracht, daß die Partei für alles eine Lösung weiß. Das hat mir die Angst genommen.«
    »Und jetzt?«
    »Jetzt?« wiederholte er. »Jetzt habe ich seltsame Gedanken.
    Sie kommen aus dem Nichts zu mir…«
    »Weiter«, sagte Ballard.
    Mironenko lächelte verkniffen. »Sie müssen mich durch und durch kennen, ja? Sogar was ich träume?«
    »Ja«, erwiderte Ballard.
    Mironenko nickte. »Bei uns wäre es genauso«, sagte er.
    Dann, nach einer Pause: »Manchmal habe ich geglaubt, ich würde aufbrechen. Verstehen Sie, was ich damit sagen will?
    Ich würde platzen, weil eine solche Wut in mir ist. Und das macht mir angst, Ballard. Ich glaube, sie werden es merken, wie sehr ich sie hasse.« Er sah seinen Gesprächspartner an.
    »Sie müssen schnell sein«, sagte er, »sonst werden sie mich entdecken. Ich versuche, nicht daran zu denken, was sie dann mit mir machen werden.« Wieder eine Pause. Sämtliche Spuren des Lächelns, wie humorlos auch immer, waren verschwunden. »Das Direktorat hat Abteilungen, von denen nicht einmal ich etwas weiß. Spezielle Krankenhäuser, die niemand besuchen kann. Sie verfügen über die Mittel, die Seele eines Menschen zu brechen.«
    Ballard, der ewige Pragmatiker, fragte sich, ob Mironenkos Vokabular nicht ein wenig melodramatisch war. Er bezweifelte, ob er an seine Seele denken würde, wenn er dem KGB in die Hände fiel. Schließlich hatte der Körper die Nervenenden.
    Sie unterhielten sich eine Stunde oder länger, und das Gespräch bewegte sich von Politik zu persönlichen Erinnerungen, von Trivialem zur Beichte und wieder zurück. Am Ende der Begegnung hatte Ballard keinen Zweifel mehr an Mironenkos Antipathie gegenüber seinen Herren. Er war, wie er gesagt hatte, ein Mann ohne Glauben.
    Am nächsten Tag traf sich Ballard im Restaurant des Hotels Schweizerhof mit Cripps und gab seinen mündlichen Bericht über Mironenko ab. »Er ist bereit und wartet. Aber er besteht darauf, daß wir uns schnell entscheiden sollen.«
    »Das kann ich mir denken«, sagte Cripps.
    Sein Glasauge bereitete ihm heute Schwierigkeiten. Die kalte Luft, erklärte er, mache es träge. Es bewegte sich ab und zu langsamer als sein echtes Auge, und gelegentlich mußte Cripps es mit dem Finger anstupsen, damit es sich überhaupt bewegte.
    »Wir lassen uns nicht zu einer übereilten Entscheidung drängen«, sagte Cripps.
    »Wo liegt das Problem? Ich habe nicht den geringsten Zweifel an seiner Überzeugung. Und seiner Verzweiflung.«
    »Das sagten Sie schon«, meine Cripps. »Möchten Sie ein Dessert?«
    »Zweifeln Sie an meiner Einschätzung? Liegt es daran?«
    »Nehmen Sie etwas Süßes zum Abschluß, damit ich mir nicht ganz so lasterhaft vorkomme.«
    »Sie denken, daß ich mich in ihm täusche, nicht?« beharrte Ballard. Als Cripps nicht antwortete, beugte sich Ballard über den Tisch. »So ist es, oder nicht?«
    »Ich sage nur, daß es Grund zur Vorsicht gibt«, erwiderte Cripps. »Wenn wir uns entschließen, ihn an Bord zu nehmen, werden die Russen ziemlich aus dem Häuschen sein. Wir müssen sicher sein, daß das Geschäft das Unwetter rechtfertigt, das es mit sich bringen wird. Die Lage ist momentan gespannt.«
    »Wann ist sie das nicht?« entgegnete Ballard. »Sagen Sie mir einen Zeitpunkt, wann keine Krise im Busch war.«
    Er lehnte sich im Sessel zurück und versuchte, Cripps’
    Gesichtsausdruck zu lesen. Das Glasauge war, wenn überhaupt irgend etwas, offener als sein echtes.
    »Ich habe dieses verdammte Spiel satt«, murmelte Ballard.
    Das Glasauge drehte sich.
    »Wegen dem Russen?«
    »Vielleicht.«
    »Glauben Sie mir«, sagte Cripps, »ich habe gute Gründe, bei diesem Mann vorsichtig zu sein.«
    »Nennen Sie mir einen.«
    »Es ist nichts bestätigt.«
    »Was haben Sie über ihn?« drängte Ballard.
    »Wie schon gesagt, Gerüchte«, antwortete Cripps.
    »Warum wurde ich darüber nicht vorher informiert?«
    Cripps schüttelte kaum merklich den Kopf. »Das ist jetzt hinfällig«, sagte er. »Sie haben einen guten Bericht abgeliefert.
    Ich möchte Ihnen versichern, wenn sich die Dinge nicht so entwickeln, wie sie es Ihrer Meinung nach sollten, dann liegt das nicht daran, daß man Ihrer Einschätzung nicht traut.«
    »Ich verstehe.«
    »Nein, Sie

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