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Das 9. Urteil

Das 9. Urteil

Titel: Das 9. Urteil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Patterson
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am Montag wieder melden. Dann würden wir besprechen, ob er mich in der nächsten Woche wieder arbeiten ließ.
    Joe sagte: »Du machst jetzt eine Schlafkur, hast du verstanden, Blondie? Sobald wir da sind, stehst du unter Hausarrest.«
    »Okay.«
    »Und hör auf, mir zu widersprechen.«
    Ich lachte und drehte den Kopf. Sein muskulöses Profil hob sich vor dem Hintergrund der kobaltblauen Abenddämmerung deutlich ab. Ich ließ mich von der Zentrifugalkraft gegen die Beifahrertür drücken, als Joe auf die Arguello Street einbog, und sah die Kirchtürme von St. John’s an uns vorüberziehen. Dann müssen mir wohl die Augen zugefallen sein, denn ich wachte erst wieder auf, als Joe sagte, dass wir zu Hause seien.
    Er half mir beim Aussteigen, und als ich beinahe umgekippt wäre, stützte er mich.
    Joe sagte: »Hast du vielleicht auf irgendwas Bestimmtes Appetit?«, doch im selben Moment sah ich etwas. Es konnte sich nur um eine Sinnestäuschung handeln. Auf der anderen Straßenseite stand ein blauer Honda-Kombi mit einem verbeulten rechten Kotflügel.
    »Was ist das da?«, sagte ich und zeigte auf das Auto.
    Aber ich wartete Joes Antwort nicht ab. Ich kannte dieses Auto. Selbst aus sieben Metern Entfernung konnte ich die Schrift an der Windschutzscheibe erkennen. Angst jagte durch mich hindurch, als hätte Pete Gordon unter meinen Fußsohlen eine Patrone gezündet.
    Woher weiß er, wo ich wohne?
    Warum hat er sein Auto vor meiner Haustür abgestellt?
    Ich rannte über die Lake Street, quer durch den fließenden Verkehr, wich Autos aus, die an mir vorüberschossen. Ich erreichte den Honda, legte beide Hände an die Glasscheibe und spähte hinein. Da sah ich den kleinen Jungen auf dem Rücksitz liegen, auf der Seite. Trotz der schlechten Lichtverhältnisse leuchtete der runde, dunkle Fleck auf Steven Gordons Schläfe knallrot.
    Dieser Irre hatte sein eigenes Kind umgebracht.
    Er hatte den Jungen erschossen, obwohl wir auf alle seine Forderungen eingegangen waren! »Nein! «, schrie ich und riss die Tür auf. Die Innenraumbeleuchtung sprang an, und ich berührte das Kind an der Schulter. Der kleine Junge schlug die Augen auf und wich sofort brüllend vor mir zurück.
    Er lebte. Ich stammelte: »Stevie, ist alles in Ordnung, ist alles in Ordnung? Alles wird gut, alles wird wieder gut.«
    »Ich will zu Maaaa-miiii.«
    Mit dem Daumen wischte ich den Lippenstift von Stevens Schläfe. Der Fleck war so obszön, dass ich den Anblick nicht ertragen konnte. Ich hob den kleinen Jungen aus dem Wagen und nahm ihn auf den Arm, drückte ihn fest an mich. »So, kleiner Mann. Deine Mami ist bald da.«
    Joe hatte die Vordertür aufgemacht und beugte sich in den Innenraum, um sich die Schrift auf der Windschutzscheibe anzusehen.
    »Was steht da? Was hat er geschrieben?«, wollte ich wissen.
    »Ach, du Scheiße, Linds. Der Typ ist wahnsinnig.«
    »Sag schon.«
    »Da steht: ›Jetzt will ich fünf Millionen. Vermasselt es nicht wieder.‹«
    Er würde weitermorden, wenn er das Geld nicht bekam. So wie beim letzten Mal. Schwankend stand ich da, während Joe mich und den Jungen auf meinem Arm umschlang.
    »Er ist verzweifelt«, sagte Joe. »Der Kerl ist ein Terrorist. Du darfst nicht zulassen, dass er Macht über dich bekommt, Linds. Das ist alles bloß Geschwafel.«
    Nichts wünschte ich mir sehnlicher, als dass Joe recht hatte, aber als die Behörden beim letzten Mal kein Lösegeld gezahlt hatten, hatte Gordon noch drei Menschen umgebracht.
    »Vermasselt es nicht wieder« war keine Frotzelei. Das war eine Drohung, eine geladene Waffe, die auf die Bürger von San Francisco zielte. Und da ich allem Anschein nach Gordons Verbindung zum Rest der Welt geworden war, zielte diese Drohung auch auf mich.
    Joe legte mir den Arm um die Schulter und brachte mich zurück zu seinem Wagen, half mir zusammen mit Steven auf den Rücksitz. Er ließ sich ans Steuer gleiten und verriegelte die Türen. Ich klopfte dem Jungen beruhigend auf den Rücken, während Joe mit Dick Benbow telefonierte. Ich dachte an Stevie Gordons Vater, einen mordlüsternen Wahnsinnigen, der nichts zu verlieren hatte.
    Wo zum Teufel steckte er?
    Wahrscheinlich konnte ich erst wieder schlafen, wenn er tot war.

Vierter Teil
Monster

99
    Jacobi hatte seine fleischigen Hände auf meine Schultern gelegt und blickte mir in die Augen. »Pete Gordon ist jetzt Sache des FBI , Boxer. Du hast getan, was du konntest. Der kleine Junge ist in Sicherheit. Und jetzt nimmst du dir ein paar Tage frei.

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