Das abartige Artefakt
ihnen allein in einem Gang sein willst.“
Flamm rank schüttelte abwehrend den Kopf.
„Unterschätze sie nicht, Gutgluth, sie haben einen strengen Lehrer!“
„Ja, ja, ich weiß, dein Ehrgeiz. Willst selbst aus Kieseln noch Gold rausholen.“
„Wenn man alles Überflüssige abschleift, tritt manchmal Erstaunliches zutage“, entgegnete Flammrank.
Kiesligk Gutgluth musterte die Gruppe mit abschätzigem Blick.
„Und manchmal bleibt gar nichts mehr übrig… Sei’s drum, wir kehren in die Kasernenkavernen zurück. Wenn ihr fertig seid und du diese Übung überlebst, schau doch mal auf ein Pfeifchen vorbei!“
„Aber gern doch, Gevatter Gutgluth!“
Die beiden Offiziere klopften einander auf die Schultern, dann zog die andere Gruppe weiter. Die Rekruten marschierten in Reih und Glied, und der Schicksalszwerg nahm sich vor, sich von ihnen diesbezüglich etwas abzugucken.
Der blinde General zischte einen Fluch in seinen roten Bart.
„Verdammt. Hab ich’s mir doch gedacht. Sie wechseln die Zellen.“
„Mach dir keine Sorgen“, sagte der Höchste der Hohen, „der Plan des Steins ist ohne Fehl.“ Missmutig schaute er dem davonmarschierenden Tross um Kiesligk Gutgluth nach. „Dieser vermaledeite Dünnbart. Weißt du, wie oft er vor mir niedergekniet ist und an meinen Lippen gehangen hat, als ich noch die Worte der Götter sprach und der Hohepriester unseres Volkes war? Wie oft er mich mit Geschenken gütlich stimmen wollte? Und jetzt nennt er mich porös. Dieser dreimal verwanzte Sohn einer fußfaulen Aschassel!“
Der General legte ihm energisch eine Hand auf die Schulter.
„Das will ich dir gern glauben, Alter. Aber jetzt hat es sich ausgepriestert. Hier wird marschiert!“
Und auf das Zeichen Garstholm Flammranks hin setzte sich die kleine Gruppe wieder in Bewegung. Im Licht der summenden Käferlaternen marschierten sie weiter den Gang hinunter in Richtung Vorrngarth, zur Heimstatt des Verderbens.
Nachdem sie einen guten halben Gang in leidlich strenger Disziplin weitergewandert waren, wurde der Stollen allmählich breiter, und das riesige Gitter kam in Sicht, das den freien Teil des Ehernen Imperiums von dem trennte, der in Ketten lag. Davor standen, ebenfalls in schwarzrote Uniformharnische gekleidet, zwei Wachen.
Hinter ihnen erhob sich das Furcht einflößende, gigantische Tor von Vorrngarth, das ganz aus verwundenen Kettengliedern geschmiedet war und bei dessen Anblick man deutlich spürte, dass dahinter kein Platz für die Freiheit war.
Stattdessen gab es dahinter das schlimmste Unbier des gesamten Imperiums. Der Kettentrunk, das Bier von Vorrngarth, war im Ehernen Imperium verrufen. Es war schal, hatte kaum Geschmack und konnte, so wenig Alkohol, wie es enthielt, nicht einmal als Grundlage für eine anständige Schankhöhlenschlägerei dienen. Wahrscheinlich hätte es nicht einmal einen Schlüpfling betrunken gemacht. Aber bis jetzt hatte noch kein Zwerg versucht, seinem Zögling den Kettentrunk einzuflößen. Es gab Zwerge, die sich mit dem Kettentrunk den Bart ausspülten. Das war aber auch schon das Höchste, was man damit auf dieser Seite des Tors anfangen konnte. Auf der anderen Seite jedoch wurde es zum Hauptnahrungsmittel und zur schalen Erinnerung an den Geschmack der Freiheit. Mit jedem Schluck Kettentrunk erinnerten sich die gefangenen Zwerge in den kurzen Pausen von der Zwangsarbeit in den Höhlensteinbrüchen von Vorrngarth wehmütig an ihr erstes Bitterwurzelbier oder ihren letzten anständigen Bierzwist.
Fazzgadt schauderte bei dem Gedanken an das triste Gesöff.
„Und was, wenn sie uns gleich dabehalten?“, fragte er.
„Wenn du alles so machst, wie wir es besprochen haben, besteht die Gefahr nicht“, versuchte der General ihn zu beruhigen.
„Hast du es schon einmal getrunken?“, wollte Fazzgadt wissen.
„Was?“
„Na, das Vorrngarthbier.“
„Jeder Zwerg, der etwas auf sich hält, sollte es einmal getrunken haben. Erst eine Schicht in Vorrngarth macht einen richtigen Zwerg aus dir“, stellte Flammrank fest.
Fazzgadt nickte.
In ein paar Zwerg Entfernung von dem Tor blieb der Allerhöchste plötzlich bei einer kleinen Nische im Gang stehen, sah zu den Wachen am Tor hinüber und warf dann Flammrank einen bedeutsamen Blick zu. „Hier ist es“, flüsterte er. „Du weißt, was du zu tun hast.“
Der General holte tief Luft und brüllte die falschen Rekruten in derart wüstem Ton zusammen, dass er die Käfer in den nahen Lampen aufscheuchte:
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