Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das abartige Artefakt

Das abartige Artefakt

Titel: Das abartige Artefakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian von Aster
Vom Netzwerk:
ihrem Fuß stießen sie auf einen kurzen Gang, an dessen Ende im Licht zweier Käferlaternen eine massive metallene Tür zu sehen war.
    „Gut, wenn ich recht vermute, ist die Tür besonders dick und es stehen keine Wachen davor“, wandte sich Flammrank nun wieder an Blechboldt.
    „Du hast recht“, erwiderte der Ferkelbändiger.
    „Das ist die Kammer des Kommandanten. Sein persönlicher Vorratsraum. Dort bewahrt er seine Habseligkeiten und in der Regel auch ein paar Häftlinge auf, mit denen er einen persönlichen Fels zu hämmern hat.“
    Der Ferkelbändiger eilte zur Tür hinüber und betrachtete sie kurz.
    „Die Tür ist massiv“, sagte er.
    „Natürlich ist sie das“, erwiderte der General. „Er will ja nicht, dass irgendjemand außer ihm hineingeht.“
    „Und es gibt tatsächlich keine Wachen.“
    „Das würde zu viel Aufsehen erregen.“
    In diesem Moment schaltete sich der Allerhöchste in das Gespräch ein und fragte den blinden General in eindringlichem Flüsterton: „Und du glaubst, er ist tatsächlich dort drin?“
    „Ich wüsste nicht, wo er sonst sein sollte.“
    Unter dem Bart des Priesters breitete sich ein zufriedenes Lächeln aus. Sie standen kurz davor, den Willen des Steins zu erfüllen.
    Noch aber war Nattergriff nicht befreit.
    „Was ist mit dem Schloss?“, fragte Fazzgadt, der mit seinem Zögling hinter dem Hohepriester und Flammrank stand.
    Blechboldt beugte sich vor und betrachtete das Schloss eingehend.
    „Es ist sehr stabil und aus Stahl. Vielleicht zwei Zeitalter alt, soweit ich das beurteilen kann.“
    „Gut, dann brauchen wir jetzt den Rostspeier“, nickte der Allerhöchste, in dessen Kopf jeder Teil des Plans genau eingehämmert war. Der General zerrte seinen Ledertornister vom Rücken und reichte ihn dem Hohepriester, der sogleich die steinerne Dose daraus hervorholte, in der sich das Tier befand.
    Der Hohepriester drängte Blechboldt beiseite, drückte den Behälter gegen das Schloss und zog vorsichtig den Deckel ab. Geschwind verschwand der Rostspeier im Inneren des Schlosses. Man konnte seine dünnen Beinchen leise über das Metall huschen hören.
    „Wenn ich den Stein richtig verstanden habe, dann müsste er sich jetzt über das Schloss hermachen“, sagte der Höchste der Hohen.
    Und tatsächlich drang im selben Moment aus dem Inneren des Schlosses ein leises Zischen. Dann lief plötzlich ein dünner Faden geschmolzenen Metalls aus dem Schlüsselloch.
    Der Allerhöchste frohlockte.
    Er nickte dem Rest des Schicksalszwergs zu, drückte beherzt auf die Klinke und öffnete die Tür.
    Die Höhle dahinter lag in völliger Finsternis.
    Aus dem Inneren aber waren leise rasselnde Atemgeräusche zu vernehmen.
    „Was seht ihr?“ Neugierig drängte sich der blinde General nach vorn.
    „Nicht mehr als du, Flammrank. Die Höhle ist schwarz wie Feiertagsstahl“, erwiderte der Hohepriester.
    „Aber man kann einen Zwerg atmen hören!“, fügte Blechboldt aufgeregt hinzu.
    Der General bedeutete ihnen, ruhig zu sein, und lauschte in die Höhle hinein.
    „Das ist nicht ganz richtig, Ferkelbändiger. Es sind sogar zwei…“
    „Zwei?“ Der Hohepriester schien verwirrt.
    Glimmboldt gluckste vergnügt.
    Der Ferkelbändiger hastete zum Treppenaufgang zurück und kam im nächsten Augenblick mit einer Käferlampe wieder, die er in die Kammer des Kommandanten hineinhielt.
    Den Zwergen stockte der Atem.
    In der Mitte des Raums hockte, sich seelenruhig putzend, der Felsläufer. Die Lederschnur mit dem Bildstein war noch immer an seinen drahtigen Leib gebunden. Niemand hatte sie losgebunden.
    Und dann erkannten sie auch, weshalb. Die beiden Zwerge, deren Atem der General vernommen hatte, waren in engen Eisen an die Wand geschmiedet und hingen, unfähig sich zu bewegen, einen halben Bart über dem Höhlenboden.
    Der jüngere von beiden, wahrscheinlich Nattergriff, war offenbar bewusstlos. Sein Bart war teilweise ausgerissen, sein Kinn blutbefleckt und eines seiner Augen komplett zugeschwollen. Aus seiner Nase troff Blut, und sein Körper war über und über mit Brandmalen und blauen Flecken übersät. Wer immer ihm das angetan haben mochte, hatte dafür gesorgt, dass Bragk Nattergriff inzwischen aussah wie der Verlierer eines mehrtägigen Bierzwistes oder wie einer der Hammerfelsen, an denen die Schmiede des Imperiums ihre neuen Werkzeuge erprobten.
    Doch es war der Anblick des anderen Gefangenen, der den Schicksalszwerg stutzen ließ. Der zweite Zwerg war ungleich älter. Sein

Weitere Kostenlose Bücher