Das achte Tor
und der Junge auf dem Parkplatz auf. Unversehrt.
Killer war nirgendwo zu sehen.
Eddy zog es klugerweise vor, sich zu entfernen. Er humpelte also zu seinem Auto – der Typ musste ihm eine Rippe gebrochen haben –, als er von hinten jemanden rufen hörte.
»Warte mal!«
Eddy drehte sich um. Der Junge, der seine Freunde in die Flucht geschlagen und zweifellos Killer umgebracht hatte, kam auf ihn zugerannt. Gerannt? Das Wort war zu schwach. Galoppiert? Geflogen? Nein, es gab kein passendes Wort, um diese Geschwindigkeit zu beschreiben, denn es war unmöglich, sich so schnell fortzubewegen.
Eddy versuchte, noch schneller zu humpeln, aber er bekam nur schwer Luft und sah keine Möglichkeit, diesen Kerl abzuschütteln. Ein Typ, der eine Sekunde später vor ihm stand und mit bösem Blick die Hand ausstreckte:
»Die Schlüssel!«
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Meine Güte, der war ja nicht mal außer Atem!
Gewisse Entschlüsse bedürfen keiner Überlegung. Ed-dy gab ihm die Schlüssel.
***
Als Nathan die Schlüssel in der Hand hielt, kümmerte er sich nicht weiter um Eddy und blickte sich kurz um.
Er nahm das Mädchen am Arm, doch sie riss sich sofort wieder los.
»Fass mich nicht an!«, schrie sie.
Er deutete auf die fünf Männer in schwarzen Anzügen, die näher kamen. Fünf Helluren.
»Die Typen sind gefährlich! Sie verfolgen mich und …«
»Wenn sie hinter dir her sind, bist du in Gefahr, aber nicht ich.«
Ihre Stimme klang nicht ängstlich, aber unerbittlich.
Und Nathan musste zugeben, dass sie recht hatte. Die Helluren hatten es auf ihn abgesehen, sie hatte nichts zu befürchten. Mit einem mulmigen Gefühl lief er los.
Alleine.
Er ließ die Helluren nicht aus den Augen. Um einen entscheidenden Vorsprung zu gewinnen, musste er sie in dem Glauben lassen, sie könnten ihn schnappen, und erst im letzten Augenblick in Eddys Auto springen. Bis sie wiederum in ihrem eigenen Wagen säßen, würde es einen Moment dauern.
Verfluchte Helluren. Sie kamen näher. Sie rannten nicht und wirkten fast tollpatschig. Nathan hätte sie leicht abhängen können, aber es waren nur drei!
Die anderen beiden waren abgebogen, interessierten 89
sich aber überhaupt nicht für Eddy, der mitten auf dem Parkplatz stand. Ihr Ziel war eindeutig: das Mädchen.
Nathan schätzte die Situation ab. Aber egal, worum es hier ging – er musste handeln.
Shaé zwang sich, ruhig zu atmen.
Seit der Junge seine Hand auf ihren Arm gelegt hatte, spürte sie, wie sich das Etwas in ihr wieder zurückzog.
Das Etwas, das den Hund getötet hatte, das Etwas, das mit jedem Tag mächtiger wurde. Das Etwas, das sie terrorisierte, schrumpfte durch einen einfachen Körper-kontakt zusammen! Erschrocken hatte sich Shaé losgeris-sen und lauter geschrien, als ihr lieb war.
Der Junge war weg.
Sie wusste nicht einmal, wie er hieß.
Shaé konnte kaum schlucken. Sie hatte Durst. Großen Durst. Dann bemerkte sie zwei der fünf Männer vom Parkplatz. Sie kamen auf sie zu.
Ein Schauer lief ihr über den Rücken, und sie wich einen Schritt zurück. Obwohl die breiten Hüte und die Sonnenbrillen die Gesichter der Männer größtenteils verdeckten, gefiel ihr das, was sie sehen konnte, gar nicht. Es ging eine Bedrohung von ihnen aus, eine eigenartige Bedrohung, als wären sie keine Menschen.
Noch einen Augenblick zuvor war sie bereit gewesen, es mit ihnen aufzunehmen. Doch plötzlich entschied sich Shaé zur Flucht. Vorwürfe brauchte sie sich deshalb nicht zu machen, aber …
Ein Motor heulte auf. Shaé drehte sich um. Ein Wagen kam auf sie zugerast, und am Steuer saß der Junge, der ihr zu Hilfe geeilt war. Im gleichen Moment beschleunig-90
ten die beiden Männer im Anzug ihr Tempo, während die drei anderen zu dem dunklen Wagen rannten, der ein Stück weiter entfernt parkte.
Nathan stoppte neben Shaé.
Die beiden Helluren waren fast da.
»Steig ein!«
Die Männer im Anzug bewegten sich schwerfällig. Einem von ihnen rutschte die Brille herunter, und Shaé schrie vor Entsetzen, als sie sein Gesicht erblickte. Es war vollkommen glatt. Nur eine angedeutete Nase, keine Augenbrauen, keine Augen, keine Haare.
Sie sprang zu Nathan ins Auto, der blitzartig durch-startete.
Nur eine Sekunde später saßen die Helluren ebenfalls in ihrem Wagen. Die Türen schlugen zu, die Reifen quietschten auf dem asphaltierten Parkplatz. Der große schwarze Wagen nahm die Verfolgung auf.
Hinter einer Hecke beobachtete ein alter Mann mit blauen Augen die Szene. Ein rätselhaftes Lächeln
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