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Das achte Tor

Das achte Tor

Titel: Das achte Tor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: bottero
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Nathan und Shaé hatten nicht die Zeit, die Bibliothek zu verlassen. Die Umrisse eines Mannes tauchten in der Tür auf. Ein riesiger Mann, der sich bücken musste, um durch die Tür zu kommen. Seine Schultern waren so breit, dass er an beiden Seiten des Türrahmens anstieß.
    Die Arme des Mannes waren ein unglaubliches Flecht-225

    werk aus Muskeln und Sehnen, die Beine sahen aus wie unerschütterliche Pfeiler, und sein Oberkörper war ein Monolith aus purer Kraft – eher ein Titan als ein Mensch.
    Nathan und Shaé schenkten diesem außergewöhnlichen Körperbau jedoch keinerlei Beachtung. Sie standen unbeweglich, hypnotisiert von den Augen des Unbekannten, die aus zwei mattschwarzen Kugeln ohne jeglichen Glanz bestanden. Es schien sogar, als würden sie das Licht der Umgebung absorbieren. Ein Blick ohne einen Hauch von Leben.
    »Mein Name ist Jaalab«, verkündete der Mann mit tiefer Stimme. »Ich bin die Kraft des Anderen. Ich bin die Dämmerung, und ich bin euer Tod.«
    Er kam einen Schritt näher. So schwer und so einschüchternd, dass Shaé und Nathan sich vorkamen wie unbedeutende Insekten.
    Bevor sie eine Bewegung machen konnten, tauchte ein Wächter hinter Jaalab auf. Er legte sein Sturmgewehr an und schoss. Ohne Vorwarnung, aus allernächster Nähe.
    Jaalab zuckte nicht.
    Er blickte hinab in den Krater, den die Kugel beim Austritt in seinen Bauch gerissen hatte. Auf seinem Gesicht zeichnete sich eine Überraschung ohne Gefühlsregung ab, dann schwenkte er mit erstaunlicher Lebendig-keit herum. Seine rechte Hand schloss sich um den Hals des Wächters. Es gab ein kurzes und heftiges Knacken.
    Jaalab schob die Leiche mit dem Fuß beiseite und wandte sich wieder Nathan und Shaé zu.
    Im selben Augenblick ging die Tür zum Innenhof auf, und Barthélemy kam herein.
    In der Hand hielt er ein japanisches Schwert, dessen 226

    imposante Klinge blutverschmiert war. Er warf einen kurzen Blick hinüber zu Shaé und konzentrierte sich dann auf Jaalab.
    »Ich kümmere mich um ihn«, rief er Nathan zu.
    »Bringt euch in Sicherheit.«
    »Ich …«
    »Du hättest sie nicht freilassen dürfen, aber es kann sein, dass wir einen Fehler gemacht haben, als wir sie beschuldigten. Dieser Mann ist genauso wenig ein Metamorpher, wie ich ein Hellure bin.«
    Auch wenn Jaalab stehen blieb, als er Barthélemy sah, ließ er dennoch keine Furcht erkennen. Er machte lediglich den Eindruck, als würde er einen neuen Parameter registrieren, der komplizierter als die vorhergehenden war. Sonst nichts.
    »Was sich hier abspielt, ist viel düsterer, als wir es erwartet hatten«, fuhr Barthélemy fort, ohne seine Konzentration aufzugeben. »Informiere die Familie, vor allem deinen Großvater, und suche notfalls nach Antworten in den Inkunabeln von Valenciennes.«
    »In den was?«
    Barthélemy antwortete nicht. Jaalab hatte gezittert.
    Ein kaum wahrnehmbares Zittern, auf das das Schwert mit der Schnelligkeit einer Schlange reagierte. Seine scharfe Spitze fuhr hoch, Barthélemy umschloss fest den Griff, und sein Blick wurde hart wie Stahl.
    »Verschwindet«, zischte er.
    »Nein«, entgegnete Nathan, »ich helfe dir. Zusammen können wir …«
    »Mach keine Dummheiten«, unterbrach ihn Barthéle-my. »Sieh mal!«

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    Nathans und Shaés Augen richteten sich auf Jaalab.
    Sein dunkler Pullover war von der Gewehrladung durchlöchert und sein Bauch hätte ein Magma aus blutigem Fleisch und zerfetztem Gedärm sein sollen, doch seine blasse Haut wies nicht die geringste Verletzung auf.
    »Ich kümmere mich um ihn«, wiederholte Barthélemy,
    »ich brauche keine Hilfe, um ihn in Stücke zu zerlegen.
    Hau ab!«
    Der Befehl war so energisch, dass Nathan unfreiwillig einen Schritt in Richtung Tür machte. Im selben Augenblick ging Jaalab zum Angriff über. Er bückte sich, griff das Gewehr des Wächters, schwang es wie eine Keule und hieb auf Barthélemy ein. Die Klinge seines Schwerts pfiff und klirrte laut, als sie den tödlichen Schlag abwehrte. Sie ließ das Gewehr abgleiten und fügte dann Jaalabs Arm eine tiefe Schnittwunde zu. Doch die Wunde schloss sich sofort wieder, ohne dass ein einziger Bluts-tropfen hervorquoll.
    »Flieht!«, schrie Barthélemy, bevor er zu einem erneuten Hieb ausholte, der ebenso vergeblich war wie der erste.
    Nathan und Shaé rannten aus der Bibliothek.

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    ngefähr zehn Grœne verstellten ihnen den Weg, als U sie in den Park hinauslaufen wollten. Nathan schlug dem Anführer der Meute die Tür vor der Nase zu, und sie

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