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Das Aion - Kinder der Sonne

Das Aion - Kinder der Sonne

Titel: Das Aion - Kinder der Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marrak
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bis in den späten Vormittag hinein geschlafen, und als sie aufstand, fand sie das Gefährt auf der Straße umringt von einer neugierigen Menschentraube. Ben musste mindestens dreißig vor Begeisterung johlende Kinder die Speichenstraße hinauf- und hinunterfahren, ehe er dann mit Mira das Dorf verlassen konnte.
    Als sie schließlich aus der Siedlung fuhren, spürte Mira im Rücken die neiderfüllten Blicke der Zurückgebliebenen und platzte fast vor Stolz. Ganz besonders freute sie sich über das griesgrämige Gesicht von Jumper. Er war hinter den Reihen der Schaulustigen auf einen Laternenmast geklettert und beobachtete Miras Abfahrt von dort oben wie ein Raubvogel von seinem Ansitz. Als sich ihre Blicke für einen Moment kreuzten, konnte sich das Mädchen ein gefälliges Grinsen nicht verkneifen.
    Zwei Stunden benötigten sie für die Fahrt durch die Wüste, dann hatten sie die Grenze der Beta-Zone erreicht. Für einen ungeübten Beobachter war die Barriere gänzlich unsichtbar. Nur ein eigenartiges, kaum hörbares Singen erfüllte die Luft in ihrer Nähe. Ben stoppte den Buggy auf der Straße und stieg aus.
    »Warst du hier schon einmal?«, fragte er.
    »Nein«, gestand Mira. »So weit draußen noch nie.«
    Ben musterte das Mädchen eine Weile, dann sagte er: »Deine Augen verraten sehr viel über dich.«
    Mira senkte den Blick.
    »Willst du mir nicht erzählen, was dich bedrückt?«, fragte Ben.
    Das Mädchen holte tief Luft, stieß sie dann zischend wieder aus und zuckte mit den Schultern. »Ach, nichts.«
    »Schlecht geträumt?«
    Mira wurde wütend. Sie sah kurz zu Ben, der mit dem Rücken zu ihr gewandt ein paar Meter vor dem Buggy stand. Selbst wenn sie etwas bedrücken sollte, was ging ihn das an?
    »Auf der Erde lebte vor langer Zeit ein Dichter«, begann Ben zu erzählen, während er die unsichtbare Barriere zu studieren schien. »Er war Römer und hieß Quintus Horatius Flaccus, aber als Dichter nannte er sich Horaz.« Ben drehte sich herum und schaute dem Mädchen direkt in die Augen. »Eines seiner Gedichte beginnt mit den Worten: Niemals frage du nach, Wissen bringt Fluch …«
    Mira wurde trotz der Wüstenhitze eiskalt. Ihr Blick klebte an Bens Augen. Sie wollte wegsehen, aber sie konnte nicht. Erst als Ben kurz blinzelte, brach der Bann. Mira hätte am liebsten vor hilfloser Wut losgeheult. Stattdessen rieb sie nur ihre Augen, die flimmerten, als hätte sie für einen Moment in die Sonne gestarrt. Ben schlenderte langsam heran und setzte sich auf das rechte Vorderrad des Buggys.
    »Dein Vater hat sicherlich Recht«, sprach er leise. »Es ist nicht gut, gewisse Dinge zu früh zu erfahren. Aber noch schlimmer ist es, alles auf einmal zu erfahren.«
    Mira sah Ben an. »Woher weißt du davon?«, fragte sie. Und erschrockener: »War Bausch etwa …?«
    »Nein, keine Sorge«, winkte Ben ab.
    »Aber …«
    Ben berührte mit dem rechten Zeigefinger zuerst seine, dann Miras Stirn. Mit einem geheimnisvollen Lächeln erhob er sich wieder und tat so, als würde er vor dem Buggy etwas auf dem Boden suchen.
    Er kann es tatsächlich!, dachte Mira aufgeregt. Er kann meine Gedanken lesen!
    Sie beobachtete, wie Ben einen faustgroßen Stein vom Boden aufhob und ihn die Straße entlangschleuderte. Als er gegen die unsichtbare Barriere prallte, gab es einen tiefen, dumpfen Ton wie ein Gongschlag. Dann fiel der Stein fünfzehn Schritte vor dem Buggy zu Boden und markierte das Ende der Zone.
    »Die Grenze ist hier in Bodenhöhe so massiv wie eine acht Meter dicke Felswand«, erklärte Ben Mira, die nun ebenfalls ausgestiegen war. »Das Kraftfeld reicht unseren Messungen zufolge bis in eine Tiefe von 40 Metern und bis in eine Höhe von fast sechzehn Kilometern. Nach oben hin wird es jedoch immer schwächer. Ein Mensch könnte die Barriere bereits in zehn Kilometern Höhe unbeschadet durchdringen, von ein paar Prellungen mal abgesehen, wenn er es zu schnell angeht. Die Ambodrusen schaffen es erst in vierzehn Kilometern Höhe. Aber sie schaffen es.«
    »Gibt es die etwa wirklich?«, staunte Mira.
    »Oh ja, es gibt sie. Hast du noch nie eine gesehen?«
    »Nein.«
    »Es sind die größten Geschöpfe, die es seit den Sonnenstürmen gibt. Aber abgesehen von ihrer Größe ist jede Ambodruse im Grunde nur ein riesiger Ballon voll heißer Luft; allerdings ein sehr gefährlicher …«
    Mira musste schlucken, als sie sich ein solches Tier vorzustellen versuchte.
    Ben zog einen stiftähnlichen Gegenstand aus seiner Tasche, ging auf

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