Das Alexandria-Komplott
Pitt.
»Ein Rätsel, das schwer zu lösen ist«, gab Redfern zu.
»Die Sklaven, unter ihrem Aufseher Latinius Macer, trieben Schächte in die Hügel über dem Fluß. Acht Monate später wurde die Ladung der Flotte von den Schiffen zum Versteck transportiert.«
»Hat er das ›Versteck‹ näher beschrieben?« erkundigte sich Pitt.
Redfern hob eine Tafel auf und verglich sie mit Lilys Abschrift. »Ein Teil der Worte ist nicht zu entziffern. Ich werde die fehlenden Stellen, so gut ich kann, ausfüllen.«
»Auf diese Weise liegt das absolute Geheimnis in einer Kammer verborgen, die von den Sklaven ausgeschachtet wurde. Der Ort kann wegen der Palisade nicht eingesehen werden. Nachdem alles untergebracht war, kamen die Barbarenhorden die Berge herabgeflutet. Ich weiß nicht, ob die Kammer noch rechtzeitig versiegelt werden konnte, denn ich war damit beschäftigt, meiner Mannschaft zu helfen, das Schiff vom Strand zu schieben.«
»Rufinus gibt keine Entfernungen an«, bemerkte Pitt enttäuscht, »und auch niemals irgendwelche Richtungen. Die Chancen stehen wer weiß wie gut, daß die Barbaren – wer sie auch waren – die Lagerstätte ausgeraubt haben.«
Redferns Miene wurde grimmig. »Diese Möglichkeit können wir nicht ausschließen.«
»Ich glaube nicht, daß das Schlimmste passiert ist«, erklärte Lily optimistisch. »Eine derartig ungeheure Sammlung kann nicht in alle Winde verstreut werden, so als habe sie niemals existiert. Mit der Zeit wären ein paar Stücke aufgetaucht.«
»Kommt auf die Gegend an, wo sich all dies abgespielt hat«, sagte Pitt. »Achtundfünfzig Tage mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von – sagen wir mal dreieinhalb Knoten bei einem Schiff, das der Bauart der Serapis entspricht – das wären mehr als viertausend nautische Meilen.«
»Vorausgesetzt, sie haben Kurs gehalten«, warf Redfern ein, »was nicht sehr wahrscheinlich ist. Rufinus stellt nur fest, sie seien achtundfünfzig Tage gesegelt, bevor sie an Land gegangen sind. Wenn sie unbekannte Gewässer befuhren, haben sie sich womöglich an der Küste entlanggetastet.«
»Aber wohin sind sie gesegelt?« fragte Lily.
»Die Südküste Westafrikas wäre das logischste Ziel gewesen«, antwortete Redfern. »Eine phönizische Mannschaft hat im fünften Jahrhundert vor Christus Afrika umsegelt. Ein großer Teil Afrikas war zu Zeiten von Rufinus bereits kartographiert. Vom Standpunkt der Vernunft aus gesehen, hätte Venator mit seiner Flotte einen südlichen Kurs einschlagen müssen, nachdem er die Straße von Gibraltar durchfahren hatte.«
»Ist äußerst unglaubwürdig«, erklärte Pitt. »Rufinus erwähnt Inseln.«
»Könnte die Inselgruppe von Madeira gewesen sein, die Kanarischen Inseln oder die Kapverden.«
»Das ist immer noch nicht überzeugend. Sie haben keine Erklärung dafür, wieso die Serapis von der Spitze Afrikas bis zu ihrer Strandung an der Küste Grönlands um die halbe Welt gesegelt ist. Sie gehen da von einer Strecke von achttausend Meilen aus.«
»Das stimmt. Diese Zahl macht mich auch unsicher.«
»Meiner Meinung nach hat das Schiff einen nördlichen Kurs eingeschlagen«, erklärte Lily. »Die Inseln könnten auch die Shetlands oder die Färöer-Gruppe sein. Das würde heißen, die Fundstätte läge an der norwegischen Küste oder – noch wahrscheinlicher – auf Island.«
»Lilys Theorie hat etwas für sich«, stimmte Pitt zu. »Sie würde erklären, wieso die Serapis in Grönland gestrandet ist.«
»Was berichtet Rufinus über die Zeit, nachdem er den Barbaren entkommen ist?« fragte Lily.
Redfern ließ sich Zeit und trank erst seine Schokolade aus. »Er berichtet folgendes:
Wir erreichten das offene Meer. Die Navigation erwies sich als schwierig. Die Sterne befinden sich in anderen Positionen. Auch die Sonne ist nicht dieselbe. Von Süden her brachen heftige Stürme über uns herein. Am zehnten Tag wurde ein Matrose, ein Gallier, über Bord gespült. Immer weiter wurden wir nach Norden getrieben. Am einunddreißigsten Tag geleitete uns ein gnädiger Gott in eine sichere Bucht, in der wir Reparaturen vornahmen und unsere Vorräte mit dem, was wir an Land fanden, ergänzten. Wir nahmen auch Steine als zusätzlichen Ballast an Bord. In einiger Entfernung jenseits der Bucht erstreckt sich ein Meer zwergwüchsiger Pinien. Süßwasser quillt aus dem Boden, wenn man einen Stock hineinbohrt.
Sechs Tage angenehmes Segelwetter, dann der nächste Sturm, schlimmer als der letzte. Unsere Segel sind
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