Das Allheilmittel - Valoppi, J: Allheilmittel
sein?«
»Helene, Sie stellen die Frage so, als wäre Angst ein notwendiger Bestandteil unseres täglichen Lebens ...«
Ihm fiel auf, dass sein Mobiltelefon auf dem Tisch vibrierte.
Auch Helene bemerkte es.
Sie begann, über verschiedene Sicherheitsvorkehrungen zu reden, die jeder treffen konnte, während der Regisseur eine umfassende Aufzählung von Vorräten für einen Notfall einblenden ließ: Wasserflaschen, Klebeband, Plastik, Erste-Hilfe-Koffer und so weiter.
Robert verstand den Wink und las rasch eine SMS, die er erhalten hatte. Er spannte Helene mit einer hochgezogenen Augenbraue auf die Folter.
»Terrorismus ist ebenso psychologische wie physische Kriegsführung«, sagte er.
Sie wirkte enttäuscht, als hätte sie erwartet, dass er zumindest einen verschleierten Hinweis auf die Nachricht geben würde, die er erhalten hatte. Der Bühnenleiter hielt ein Schild hoch, um anzuzeigen, dass noch zwei Minuten für diesen Sendeabschnitt übrig waren, aber Helene verkürzte ihn und kündigte eine Werbeunterbrechung an.
»Und?«, fragte sie.
Robert lachte. »Geduld kennst du nicht, was?«
»Nein. Also, was ist los?«
»Alles wieder normal. Eine echte Bedrohung hat nie bestanden, und über den Verdächtigen wird es noch eine Weile keine weiteren Informationen geben, also können wir mit der Sendung weitermachen.«
»Hast du das gehört, Kyle?«, fragte sie.
»Alles klar. Danke. Mit dieser Geschichte sind wir allen anderen weit voraus«, fügte er hinzu.
Robert beobachtete, wie sich Helenes Züge und Körper entspannten, als wäre ihr gerade eine große Last von den Schultern gefallen. Sie setzten die Sendung damit fort, an einer Wandattrappe zu demonstrieren, wie man ein Fenster richtig abdichtete.
Nachdem der Sendeabschnitt vorüber war, streckte sie die Hand aus und beugte sich vor, um ihn auf die Wange zu küssen. »Wie steht es jetzt mit Abendessen?«, flüsterte er ihr ins Ohr.
»Gute Teamarbeit«, meldete sich Kyle. »Und er ist ziemlich telegen.«
»Meine Mutter kommt heute aus dem Krankenhaus nach Hause; da muss ich mich um sie kümmern.«
»Oh«, sagte Robert und senkte den Blick.
»Aber warum kommst du nicht zum Essen zu uns? Ich würde mich freuen. Außerdem gibt es in der Schule meines Sohnes ein paar Sicherheitsprobleme ...«
»Habe ich gehört.«
»Tatsächlich?«
»In dieser Stadt gibt es keine Geheimnisse, Helene.«
30
Justin betrat die Marmorlobby seines Wohngebäudes, die wie üblich von einer üppigen Ansammlung frischer, wöchentlich ausgetauschter Schnittblumen beherrscht wurde. Orchideen, Rosen, Paradiesvögel, nur das Beste und Teuerste, wahrscheinlich aus aller Herren Länder eingeflogen.
»Willkommen zu Hause«, rief der Pförtner hinter seinem Pult hervor. »Ich habe hinten eine Lieferung für deine Mutter. Möchtest du sie mit nach oben nehmen?«
»Sicher«, antwortete Justin.
Er beobachtete, wie Max einen Schlüsselbund aus einer Hosentasche zog, die durch seinen vorstehenden Bauch nicht zu sehen war. Er öffnete die Tür zum Lagerraum für Lieferungen.
Max war ein Mann durchschnittlicher Größe mit einem überdurchschnittlichen Wanst, besaß ein fröhliches Lächeln und große, runde Augen, die an manchen Tagen perfekt zum Grau seiner Uniform passten. Ein Schopf lichter werdenden, grauen Haars fiel ihm in die Augen, als er sich vorbeugte und den Schlitz der Hosentasche suchte, um die Schlüssel hineinzustecken. Er verfehlte ihn, und der Bund fiel zu Boden.
Justin hob ihn auf und reichte in Max im Gegenzug für die chemisch gereinigte Wäsche seiner Mutter.
»Wow, das ist ein echt schöner Ring, den Sie da am Schlüsselbund haben, Max.«
»Danke, Justin. Ich habe ihn schon so lange, dass ich es nicht über mich bringe, ihn abzunehmen. Es ist der Ehering meiner Frau. Als sie zur Operation ins Krankenhaus musste, hat sie mich gebeten, ihn zu meinen Schlüsseln zu geben, damit er nicht abhanden kommt.«
»Geht es ihr gut?«
»Das möchte ich gerne glauben. Sie ist im Krankenhaus gestorben.«
»Oh. Tut mir leid, Max. Ich wollte nicht ...«
»Schon gut, Justin. Ich behalte den Ring am Schlüsselbund, um mich an sie zu erinnern. Nicht, dass ich sie sonst je vergessen könnte. Es ist einfach sentimental. Töricht, könnte man sagen.«
»Das finde ich nicht. Meine Mom würde sagen, das ist süß.« Justin schmunzelte. Es war schön, etwas Neues über einen Mann zu erfahren, den er schon sein ganzes Leben kannte, aber über den er nie wirklich etwas gewusst hatte.
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