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Das alte Königreich 01 - Sabriel

Titel: Das alte Königreich 01 - Sabriel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garth Nix
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sprach.
    »Geh jetzt, Freund. Ich möchte nicht die Gefahr eingehen, dass du auf die ancelstierrische Seite geschleppt und auseinander genommen wirst. Fliege, wohin du möchtest – zum Gletscher der Clayr oder, wenn es dir lieber ist, zu Abhorsens Haus, wo das Wasser fällt.«
    Sie trat zurück und formte die Charterzeichen, die dem Papiersegler die Wahl ließen und den Wind brachten, ihn dorthin zu tragen, wohin er wollte. Ihr Pfeifen übernahm die Zeichen, und der Papiersegler begann sich zu bewegen, bis er bei der höchsten Note in den Himmel stieg.
    »Na so was!«, erklang eine staunende Stimme. »Wie haben Sie das gemacht?«
    Sabriel drehte sich um und sah einen jungen, atemlosen ancelstierrischen Offizier, dessen schmaler Goldstreifen auf den Achselklappen wie verloren wirkte. Er war dem Rest des Trupps gut fünfzig Schritt voraus und schien keine Angst zu haben. Er umklammerte jedoch mit der linken Hand einen Säbel, hielt in der rechten einen Revolver und richtete nun beide Waffen auf Sabriel.
    »Halt! Sie sind meine Gefangenen!«
    »Wir sind Reisende«, entgegnete Sabriel, blieb jedoch stehen. »Ist das Oberst Horyse, den ich da hinter Ihnen sehe?«
    Jorbert drehte sich halb um, um nachzusehen, erkannte jedoch seinen Fehler und konzentrierte sich wieder voll auf seine Gefangenen. Er sah Sabriel und Touchstone lächeln, dann kichern und schließlich laut lachen, während sie einander an den Armen fassten.
    »Was ist so komisch?«, fragte Leutnant Jorbert heftig, während die beiden lachten, dass ihnen die Tränen über die Wangen rannen.
    »Nichts«, sagte der herbeigekommene Horyse. Er bedeutete seinen Männern, einen Ring um Sabriel und Touchstone zu bilden, während er zu ihnen ging und sorgfältig zwei Finger an die Stirn der beiden legte, um die Charter in ihnen zu prüfen. Als er damit zufrieden war, wartete er, bis sie endlich zu lachen aufhörten. Dann legte er, zur Überraschung einiger seiner Männer, die Arme um Sabriels und Touchstones Schultern und führte sie zum Grenzübergang nach Ancelstierre und zum Sonnenschein.
    Jorbert, der die Rückendeckung übernehmen musste, fragte verärgert vor sich hin: »Was war denn so lustig?«
    »Sie haben den Oberst gehört«, antwortete Oberstabsfeldwebel Tawklish. »Nichts. Es waren bloß ihre überreizten Nerven. Die beiden haben zweifellos eine Menge mitgemacht.«
    Dann, auf eine Art, wie nur Regimentsfeldwebel sie sich gegenüber jungen Offizieren leisten können, hielt er inne und brachte Jorbert mit seinem sehr verspäteten »Sir« völlig aus der Fassung.
    Die Wärme hüllte Sabriel wie eine weiche Decke ein, als sie aus dem Schatten der Mauer in die verhältnismäßig hohe herbstliche Temperatur von Ancelstierre gelangten. Sie spürte, wie Touchstone neben ihr stockte und stolperte, als die Sonne ihn blendete.
    »Sie sehen beide ziemlich mitgenommen aus.« Horyse sprach mit der gütigen, langsamen Stimme, deren er sich immer bei verstörten Soldaten bediente, die vom Kampfeinsatz zurückkehrten. »Wie wär’s mit einer Mahlzeit? Oder möchten Sie vorher lieber schlafen?«
    »Etwas zu essen, bitte«, antwortete Sabriel und bemühte sich um ein dankbares Lächeln. »Aber nicht schlafen. Dafür ist keine Zeit. Sagen Sie, wann war Vollmond? Vor zwei Tagen?«
    Horyse blickte sie an. Jetzt erinnerte sie ihn nicht mehr an seine Tochter. Sie war Abhorsen geworden – in so kurzer Zeit, dass er es nicht begreifen konnte.
    »Heute Abend«, antwortete er.
    »Aber ich war mindestens sechzehn Tage im Alten Königreich…«
    »Mit der Zeit zwischen den beiden Reichen ist es seltsam«, erklärte Horyse. »Wir hatten schon Patrouillen, die nach acht Tagen zurückkamen und schworen, dass sie zwei Wochen unterwegs gewesen waren. Das macht es für unseren Zahlmeister nicht gerade leicht, denn…«
    »Die Stimme, die aus der Kiste oben auf der Stange spricht«, unterbrach ihn Touchstone, als sie den Zickzackweg durch den Drahtverhau verließen und in einen engen Verbindungsgraben stiegen. »Es ist keine Chartermagie in der Kiste oder der Stimme…«
    »Ah«, erwiderte Horyse und blickte zu einem Lautsprecher, der soeben das Ende der Alarmbereitschaft verkündete. »Ein Wunder, dass es funktioniert. Es wird mit Elektrizität betrieben, Mr Touchstone. Wissenschaft, nicht Magie.«
    »Heute Nacht würde sie uns nicht viel nützen«, sagte Sabriel leise. »Das könnte keine Technik.«
    »Ja, die… ›Kiste‹ ist sehr laut«, sagte Horyse und fügte hinzu: »Bitte sagen

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