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Das alte Königreich 02 - Lirael

Titel: Das alte Königreich 02 - Lirael Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garth Nix
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Leere. Er musste der Abhorsen-Nachfolger werden, auch wenn es ihm noch so schwer fiel. Er musste gegen den Feind kämpfen, wer immer der auch war. Das Volk erwartete es. Alle verließen sich auf ihn. Auch Nicholas…
    Plötzlich war Sam voller neuer Entschlusskraft. Sein Freund befand sich in Gefahr, und er musste losziehen, um ihn zu retten, musste sich für einige Zeit vom
Buch der Toten
und von seinen offiziellen Verpflichtungen lösen. Wahrscheinlich würde er Nick ziemlich schnell finden und in Sicherheit bringen, vor allem, wenn er einen Trupp Gardisten mitnahm. Wie Sabriel gesagt hatte, bestand wenig Gefahr, dass die Toten während des Frühjahrshochwassers etwas unternahmen.
    Tief in seinem Innern sagte ihm eine leise Stimme, dass er im Grunde genommen davonrannte. Doch Sam erstickte das Stimmchen mit wichtigeren Gedanken und blickte nicht einmal zu den Wandschränkchen mit dem Buch und den Glocken.
    Sobald er die Entscheidung getroffen hatte, überlegte Sam, wie er seine Pläne in die Tat umsetzen konnte. Ellimere würde ihn nie fortlassen, so viel war klar; deshalb musste er seinen Vater bitten – und das bedeutete, dass er vor dem Morgengrauen aufstehen musste, um mit Touchstone zu reden.

27
    SAM TRIFFT EINE ENTSCHEIDUNG
     
    Trotz seiner guten Absichten verschlief Sam und verpasste Touchstones Aufbruch vom Schloss. In der Hoffnung, ihn noch am Südtor einzuholen, rannte er den Schlosshügel hinunter und die breite Straße entlang, die Sternenallee, die ihren Namen den winzigen Metallsonnen verdankte, die ins Pflaster eingelassen waren. Zwei Gardisten begleiteten ihn und hielten trotz des Gewichts ihrer Kettenrüstungen, ihrer Helme und schweren Stiefel mühelos Schritt.
    Sam hatte gerade jenen Teil der Eskorte seines Vaters entdeckt, die den Abschluss bildete, als er plötzlich Fanfaren hörte. Er sprang auf einen Karren und spähte über die Köpfe der Menge. Gerade noch konnte er seinen Vater durch das hohe Tor von Belisaere reiten sehen. Touchstones rotgoldener Umhang fiel hinter ihm über den Rücken des Pferdes, und die Morgensonne ließ seinen Helm mit dem Kronreif erstrahlen, ehe er in den Schatten des Tores eintauchte.
    Je zwanzig hoch gewachsene Gardisten, Männer und Frauen, ritten vor und hinter dem König. Kettenrüstungen schimmerten durch die senkrechten Schlitze in ihren rot-goldenen Überwürfen. Sam wusste, dass die Gardisten morgen mit jemandem, der wie Touchstone gewandet war, weiter nach Norden reiten würden, während der König mit Sabriel südwärts nach Ancelstierre zu fliegen beabsichtigte, wo sie den Tod von zweihunderttausend Menschen verhindern wollten, die nicht wussten, was sie erwartete.
    Sameth blickte den Reitern nach, bis alle verschwunden waren und wieder normaler Verkehr einsetzte: Fußgänger, Pferde, Wagen, Esel, Schubkarren, Bettler… alles strömte an ihm vorbei, ohne dass er es wahrnahm.
    Er hatte Touchstone verpasst. Nun musste er seinen Entschluss ganz alleine fassen.
    Selbst als er sich zur Straßenmitte begab und in die Gegenrichtung des dichten, aus der Stadt strömenden Verkehrs steuerte, blieb er geistesabwesend. Dass er nicht mit anderen Fußgängern zusammenstieß, verdankte er nur der Begleitung der zwei stämmigen Gardisten.
    Seit Nicholas’ Nachricht musste Sam immerzu darüber nachdenken, wie er seinem Freund helfen könnte. Er zweifelte nicht an der Echtheit des Briefes, und er war der Einzige, der Nick gut genug kannte, um ihn aufzuspüren – der Einzige, der durch ein Band der Freundschaft, durch das Suchmagie fließen konnte, mit Nick verbunden war.
    Folgerichtig war er der Einzige, der Nicholas vor Schwierigkeiten retten konnte, die sich am Roten See zusammenbrauten.
    Doch das bedeutete, dass er Belisaere verlassen und seine Pflichten im Stich lassen musste. Und Ellimere würde ihm ganz sicher nicht die Erlaubnis dazu geben. Diese und andere Gedanken gingen ihm durch den Kopf, als er und seine Gardisten unter einem der riesigen Aquädukte hindurchgingen, welche die Stadt mit sauberem Schneeschmelzwasser versorgten. Die Aquädukte hatten sich auch auf andere Weise bewährt. Das schnell fließende Wasser hatte sich als Schutz gegen die Toten erwiesen, vor allem während der zwei Jahrhunderte des Interregnums.
    Auch daran dachte Sameth, als er das Tosen des Aquädukts über seinem Kopf hörte. Einen Moment zwickte ihn das schlechte Gewissen. Er selbst sollte ja die Stadt und das Land gegen die Toten schützen.
    Sam verließ den kühlen Schatten

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