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Das alte Königreich 02 - Lirael

Titel: Das alte Königreich 02 - Lirael Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garth Nix
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interessante anatomische Besonderheit über Flügel aus fedriger Bronze verfügte – auf den Boden.
    Mogget sah interessiert zu, als Sam das Ding leicht berührte, das durch Chartermagie sofort erglühte. Nur wenige Augenblicke später erwachte der Sendling in dem mechanischen Frosch und öffnete erst ein Türkisauge, dann das zweite, während Lider aus papierdünnem Gold zurückglitten. Schließlich flatterte er mit den Schwingen, dass die Bronzefedern klirrten.
    »Sehr hübsch«, lobte Mogget. »Kann er auch etwas Nützliches?«
    Der fliegende Frosch beantwortete die Frage selbst, indem er plötzlich in die Luft sprang, seine lange rote Zunge hervorschießen ließ und mehrere Mücken schnappte. Mit heftig schlagenden Flügeln stürzte er sich auf weitere, verschlang sie und tauchte zum Boden, um zufrieden neben Sams Füßen zu landen.
    »Er fängt Insekten«, erklärte Sam. »Ich dachte, er würde Mutter sehr nützlich sein, da sie auf ihrer Jagd nach Toten viel Zeit in Sümpfen verbringt.«
    »Dann hast du diesen Frosch gemacht?«, murmelte Mogget, der zusah, wie der Frosch springend und sich drehend weitere Mücken vertilgte. »Ist er ganz allein deine Erfindung?«
    »Ja«, antwortete Sam, der mit Kritik an seiner Bastelei rechnete. Doch Mogget schwieg, und seine grünen Augen beobachteten interessiert jedes akrobatische Kunststück des Frosches.
    Dann wandte der Kater sich wieder Sam zu, was diesen zunehmend verunsicherte. Er wollte Moggets bohrendem Blick standhalten, doch es gelang ihm nicht. Mit einem Mal befiel ihn eine innere Unruhe, und plötzlich wurde er sich zu seinem Entsetzen bewusst, dass sich Tote in der Nähe befanden. Sehr viele sogar, und mit jeder Sekunde kamen sie näher.
    Mogget spürte sie offenbar ebenfalls, denn er sprang auf und fauchte. Sein Fell sträubte sich. Auch Sprosse roch sie und zitterte. Der Frosch flog zu den Satteltaschen und kroch hinein.
    Sam beschirmte die Augen vor dem Feuerschein und spähte in die Dunkelheit. Wolken hatten sich vor den Mond geschoben, aber auf dem Wasser spiegelte sich Sternenlicht. Sam konnte die Toten im Wald spüren. Da es unter den verschlungenen Zweigen der alten Bäume zu dunkel war, sah er sie jedoch nicht.
    Geräusche nahm er allerdings wahr: Trotz des rauschenden Baches hörte er Äste knacken und Zweige peitschen, hin und wieder sogar schwere Schritte. Was immer sich näherte, besaß einen Körper – was aber nicht bedeutete, dass sich nicht auch Schattenhände dort draußen befanden. Oder Ghlims, Mordauts oder irgendwelche anderen Arten Niederer Toter. Etwas Mächtigeres spürte Sam jedenfalls nicht.
    Mindestens ein Dutzend dieser Kreaturen befanden sich in der Nähe an beiden Bachufern. Sam vergaß seine Müdigkeit und sein schmerzendes Bein und überprüfte die Rautenzeichen. Das fließende Wasser war weder tief noch schnell genug, um die Toten allzu lange zu entmutigen. Nur die Raute bot Schutz.
    »Du wirst die Zeichen vor dem Morgen vielleicht erneuern müssen«, meinte Mogget, der Sams prüfende Blicke sah. »Sie sind nicht allzu gut gemacht. Du solltest schlafen, ehe du es noch einmal versuchst.«
    »Wie könnte ich schlafen?«, flüsterte Sam, als würde es eine Rolle spielen, ob die Toten ihn hörten oder nicht. Sie wussten ohnehin, dass er hier war. Er konnte sie jetzt sogar riechen – den widerlichen Gestank von Verwesung und modrigem Grab.
    »Es sind nur Hände«, sagte Mogget, der sich umschaute. »Solange die Raute besteht, werden sie wahrscheinlich nicht angreifen.«
    »Woher weißt du das?«, fragte Sam und wischte sich den Schweiß von der Stirn, zusammen mit einigen zerquetschten Mücken. Er glaubte die Toten jetzt sehen zu können – hohe Gestalten zwischen den dunkleren Baumstämmen. Schreckliche, verstümmelte Leichen, die zurück ins Leben gezerrt worden waren, um von einem Nekromanten zur Arbeit gezwungen zu werden. Grauenvolle Skelette ohne Intelligenz und Menschlichkeit, nur mit übermenschlicher Kraft und voll unersättlicher Gier nach dem Leben, das sie nicht mehr haben konnten.
    Gier nach
seinem
Leben.
    »Du könntest losgehen und sie alle in den Tod zurückschicken«, schlug Mogget vor und fraß den zweiten Fisch. Sam hatte gar nicht bemerkt, wie er den ersten vertilgt hatte. »Deine Mutter würde so handeln«, fügte Mogget listig hinzu, als Sam schwieg.
    »Ich bin nicht meine Mutter«, erwiderte Sam mit trockenem Mund. Er machte keine Anstalten, die Glocken aufzuheben, obwohl er spürte, wie sie im Sand nach

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