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Das alte Königreich 02 - Lirael

Titel: Das alte Königreich 02 - Lirael Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garth Nix
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hast noch nicht erzählt, was aus… hm… Sechs und Sieben geworden ist. Warum wurden sie nicht Teil der Großen Charter?«
    »Sie haben bloß einen Teil ihrer Macht in das Blut gelegt, nicht ihr ganzes Sein«, erwiderte die Hündin. »Sie sollten ihre Persönlichkeit bewahren, nehme ich an, und in der einen oder anderen Gestalt weitermachen. Und die Sieben sind nicht bloß Nummern – sie
hatten
Namen. Sie finden sich in den Glocken und den Flöten an deinem Gürtel. Jede dieser Glocken hat ein wenig von der ursprünglichen Macht der Sieben – von jener Macht, die vor der Charter existierte.«
    »Du… du bist doch nicht eine der Sieben?«, fragte Lirael nach einem Augenblick angespannten Schweigens. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass einer der Schöpfer der Charter – wie viel Macht er auch abgegeben hatte – sich herablassen würde, ihr Freund zu sein. Oder es weiterhin bleiben würde, nachdem seine wahre Größe offenbart worden war.
    »Ich bin die Fragwürdige Hündin«, erwiderte die Hündin und leckte Liraels Gesicht. »Nur ein Überbleibsel vom Anfang, das der Charter großmütig überlassen wurde. Und ich werde immer deine Freundin sein, Lirael. Das weißt du doch, nicht wahr?«
    »Ja, schon«, antwortete Lirael, wenngleich zweifelnd. Sie umarmte die Hündin innig und drückte das Gesicht an den warmen Hals des Tieres. »Und ich werde immer
deine
Freundin sein.«
    Die Hündin duldete Liraels Umarmung, hatte jedoch die Ohren gespitzt, lauschte, schnüffelte und versuchte mehr von dem Geruch wahrzunehmen, der mit Lirael aus dem Tod gekommen war. Es war ein beunruhigender Geruch. Die Hündin hoffte, dass er nur ihrer Erinnerung entstammte, denn es war nicht bloß der Geruch von einem Nekromanten – und mochte dieser noch so mächtig sein. Dieser Geruch war viel, viel älter und erschreckender.
    Lirael löste die Arme von der Hündin, als deren feuchter Geruch ihr doch ein wenig zu streng wurde. Sie kehrte ans Steuerruder zurück, um die Pinne zu übernehmen.
Finderin
steuerte sich weiterhin selbst, doch es gab Lirael ein gutes Gefühl, am Ruder zu stehen und nach der Eiseskälte des Todes die Charterzeichen warm und beruhigend unter den Händen zu fühlen.
    »Wir werden die Sindel-Fähre wahrscheinlich noch heute erreichen«, bemerkte Lirael nach einer Weile. Sie runzelte die Stirn, als sie sich an die alten Karten erinnerte, die sie in der Bibliothek durchgeschaut, katalogisiert und ausgebessert hatte. »Wir kommen gut voran. Heute dürften wir bereits sechzig Meilen geschafft haben.«
    »Der Gefahr entgegen.« Die Hündin ließ sich vor Liraels Füße auf dem Deck nieder. »Das dürfen wir nicht vergessen, Herrin.«
    Lirael nickte und dachte an den Nekromanten und den Tod. Sie erschienen ihr jetzt, im Sonnenschein, unwirklich und geisterhaft, während das Schiff munter den Fluss hinuntersegelte. Doch als sie im Tod gewesen war, hätte es wirklicher gar nicht sein können. Und wenn die Worte des Nekromanten der Wahrheit entsprachen, kannte er sie tatsächlich und wusste vielleicht auch, wohin sie unterwegs war. Sobald sie den Ratterlin verließ, würde sie eine leichte Beute für die Toten Diener des Nekromanten werden.
    »Vielleicht sollte ich bald eine Charterhaut fertigen. Ich würde sagen, die Eule. Nur vorsichtshalber.«
    »Gute Idee«, brummte die Hündin. Sie hatte das Kinn auf Liraels Fuß gebettet. »Ach, übrigens, was hast du im Dunkelspiegel gesehen?«
    Lirael zögerte. Daran hatte sie gar nicht mehr gedacht. Der Angriff des Nekromanten hatte die Vision der Vergangenheit verdrängt.
    »Red schon«, drängte die Hündin, doch Lirael schwieg. Schließlich hob die Hündin den Kopf. »Jetzt bist du also eine Erinnerin. Die erste seit fünfhundert Jahren, wenn ich mich nicht irre.«
    »Schon möglich.« Lirael wich dem Blick der Hündin aus. Sie wollte kein Erinnerer sein, wie das Buch jemanden bezeichnete, der in die Vergangenheit Sah. Sie wollte in die Zukunft Sehen.
    Die Hündin ließ nicht locker. »Und was hast du Gesehen?«
    »Meine Eltern.« Lirael errötete, als sie daran dachte, dass sie beinahe Gesehen hätte, wie sie gezeugt worden war. »Meinen Vater.«
    »Wer war er?«
    »Das weiß ich nicht«, antwortete Lirael stirnrunzelnd. »Ich würde ihn auf einem Bild erkennen, glaube ich. Auch den Raum, den ich Gesehen habe. Aber es spielt sowieso keine Rolle.«
    Die Hündin schnaubte und tat dadurch kund, dass Lirael sie nicht täuschen konnte: Es
spielte
eine Rolle für Lirael – nur

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