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Das alte Königreich 03 - Abhorsen

Titel: Das alte Königreich 03 - Abhorsen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garth Nix
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war nicht einmal sicher, ob er überhaupt noch ein lebender Mensch war. Er glich eher einem Geist Freier Magie, der in einem Körper aus Fleisch und Blut steckte. »Doch jetzt ist die Jagd zu Ende, hier wie auch draußen im Leben. Mein Meister ist wieder allmächtig, und die Zerstörung hat begonnen. Nur die Toten wandeln in der Welt der Lebenden, um Orannis für sein Werk zu preisen. Nur die Toten – und ich, sein treuer Wesir.«
    Seine Stimme hatte etwas Hypnotisches. Lirael erkannte, dass er sie abzulenken versuchte, während er den tödlichen Hieb führte. Er hatte die Glocke nicht gegen sie eingesetzt, was seltsam war; andererseits hatte sie Hedges und Saraneths Macht schon früher abgeschüttelt.
    »Warum schaust du nicht hinauf, Hedge?«, erwiderte sie, während sie wieder die Hündin umkreisten. »Das Neunte Tor ruft. Spürst du nicht den Bann der Sterne?«
    Mit dem Wort »Sterne« griff sie an, doch Hedge war darauf vorbereitet, und er war geübter mit der Klinge. Er parierte, und bei seinem blitzschnellen Gegenangriff zerschnitt er ihren Waffenrock direkt über dem Herzen.
    Rasch wich sie zurück. Sie umkreiste die Hündin nicht mehr, sondern bewegte sich fort von ihr. Hedge folgte mit gesenktem Kopf und beobachtete sie mit überschatteten Augen.
    Hinter ihm erwachte die Hündin aus ihrer Reglosigkeit. Langsam hob sie eine Pfote aus dem seichten Fluss, vorsichtig, um jedes Plätschern zu vermeiden. Dann schlich sie hinter dem Nekromanten her, dessen Aufmerksamkeit auf Lirael gerichtet war.
    »Ich glaube dir auch nicht, was du über den Zerstörer sagst«, meinte Lirael, wich weiter zurück und hoffte, dass ihre Stimme etwaige Geräusche der näher kommenden Hündin übertönte. »Ich würde es wissen, wenn meinem Körper im Leben etwas passiert wäre. Außerdem würdest du dich nicht mehr selbst um mich kümmern, wenn mein Körper schon frei wäre.«
    »Du bist nur lästig, mehr nicht«, erwiderte Hedge herablassend. Er lächelte, und die Flammen auf seiner Klinge wurden heller in Erwartung des bevorstehenden Todesstoßes. »Es ist mir ein Vergnügen, dich zu vernichten. So wie mein Meister zerstört, was ihm missfällt, so tue auch ich es!«
    Er führte einen wuchtigen Hieb gegen sie, den sie gerade noch parieren und die Klinge ins Leere lenken konnte. Dann hielten sie einander umklammert. Sein Kopf neigte sich über den ihren, und sein metallischer, feuriger Atem strich glühend über ihre Wange, als sie sich abwandte.
    »Aber vielleicht werde ich noch ein wenig mit dir spielen.« Er lächelte, löste sich von ihr und trat zurück.
    Lirael hieb mit aller Kraft und Wut nach ihm. Hedge lachte, parierte, trat noch einen Schritt zurück – und stürzte über die Fragwürdige Hündin.
    Er ließ sofort Schwert und Glocke fallen und schlug die Hände vor die Augen, als er mit dem Zischen und Fauchen von Dampf ins Wasser fiel. Doch es war bereits zu spät. Er sah die Sterne, als er stürzte, und sie holten ihn, fegten alle Zaubermacht, alle Kräfte beiseite, die ihm mehr als hundert Jahre lang den Aufenthalt in der Welt der Lebenden ermöglicht hatten. Er hatte den Tod stets hinausgeschoben, hatte immer nach etwas gesucht, das ihm ewiges Leben geben konnte. Er glaubte es gefunden zu haben, indem er Orannis diente, denn andere Menschen oder lebende Kreaturen bedeuteten ihm nichts. Nur der Zerstörer hatte ihm ewiges Leben und Herrschaft über den Tod versprochen. Dafür hatte Hedge getan, was in seiner Macht stand.
    Jetzt war dies alles nach einem kurzen Blick auf die Sterne verloren. Hedges Hände sanken herab. Das Licht der Sterne füllte seine Augen mit leuchtenden Tränen, die sein inneres Feuer erlöschen ließen. Die Dampfwolken verflüchtigten sich, und der Fluss kam zur Ruhe. Hedge hob die Arme und fiel dem Himmel, den Sternen und dem Neunten Tor entgegen.
    Die Fragwürdige Hündin fischte Liraels Glocke aus dem Fluss und brachte sie ihr vorsichtig, so dass kein Ton erklang. Lirael nahm sie stumm und steckte sie in den Gurt. Jetzt war nicht die Zeit, in ihrem Sieg über den Nekromanten zu schwelgen. Lirael wusste, dass er nur einer ihrer geringeren Feinde war.
    Gemeinsam durchquerten sie das Achte Tor. Beide waren von großer Furcht erfüllt, dass Hedges Worte zwar Lügen waren, sich jedoch bewahrheiten könnten, bevor sie ins Leben zurückzukehren vermochten.
    Zudem trug Lirael die ganze Last des Wissens. Sie wusste nun, wie der Zerstörer erneut gebannt werden konnte. Sie wusste aber auch, dass sie es

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