Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das alte Königreich 03 - Abhorsen

Titel: Das alte Königreich 03 - Abhorsen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garth Nix
Vom Netzwerk:
auf eine andere Welt, die sich in eine Wüste verwandelte.
    Sechs Mal Sah Lirael, wie eine Welt zerstört wurde. Beim siebenten Mal war es ihre eigene Welt, die sie Sah. Sie wusste es, wenngleich es keinen Orientierungspunkt, kein Wahrzeichen gab, an dem sie diese Welt hätte erkennen können. Der Zerstörer hatte sie ausgewählt, doch dieses Mal kamen auch andere. Diese Welt würde das Schlachtfeld sein, auf dem sie sich dem Zerstörer entgegenstellten. Hier musste sich jeder für eine Seite entscheiden und ihr für alle Zeiten dienen.
    Liraels Vision schien viele Tage zu währen, und sie sah viele Gräuel. Gleichzeitig sah sie mit ihrem anderen Auge die Hündin rastlos hin und her gehen, und sie wusste, dass im Totenreich nur wenig Zeit vergangen war.
    Schließlich hatte sie genug gesehen, mehr hätte sie nicht ertragen. Sie schloss beide Augen, klappte den Spiegel zu und sank auf die Knie. Warmes Wasser plätscherte um sie her, doch es brachte keinen Trost.
    Als sie die Augen einen Moment später öffnete, leckte ihr die Hündin über die Lippen und blickte sie besorgt an.
    »Wir müssen uns beeilen«, sagte Lirael und stand auf. »Ich habe bis jetzt nicht richtig begriffen… Wir müssen uns beeilen!«
    Sie ging zurück zum Achten Tor und zog dabei Schwert und Glocke mit neuer Entschlossenheit. Sie hatte gesehen, wozu Orannis fähig war – es war schlimmer, als sie sich je vorgestellt hatte. Er trug den Namen »Zerstörer« zu Recht. Orannis existierte nur, um zu vernichten, und die Charter war der Feind, der ihn aufgehalten hatte. Er hasste alles Leben und wollte es zerstören – und er hatte die Macht dazu.
    Nur Lirael wusste, wie Orannis besiegt werden konnte. Es würde sehr schwer sein, vielleicht sogar unmöglich. Doch es war ihre einzige Chance, und sie hatte nun nur ein Ziel: zurück ins Leben zu gelangen. Sie musste tun, was sie gesehen hatte. Für sich selbst, für die Hündin, Sam, Nick, Major Greene und seine Männer, für die Menschen in Ancelstierre, die sonst sterben würden, ohne um die Gefahr zu wissen, und für sämtliche Bewohner des Alten Königreichs. Die Clayr. Sogar Tante Kirrith…
    Die Verantwortung lastete schwer auf ihr, als sie das Achte Tor erreichte. Doch bevor sie den Öffnungszauber beschwören konnte, schoss eine Stichflamme aus der Schwärze des Tores direkt vor Lirael und der Hündin.
    In Flammen gehüllt, sprang Hedge heraus. Seine Klinge fuhr auf Liraels linken Arm nieder. Der Schlag war so heftig, dass ihr Saraneth aus den Fingern glitt und klingelnd in den Fluss fiel. Das Klirren von magisch gestärktem Stahl auf dem Gethrepanzer hallte übers Wasser. Der Panzer hielt, doch der Arm darunter war schwer angeschlagen – zum zweiten Mal in wenigen Tagen.
    Der nächste Hieb zielte auf Liraels Kopf, und sie vermochte ihn nur mit Mühe abzuwehren. Sie sprang zurück und stieß mit der Hündin zusammen, die zum Sprung ansetzte. Schmerz schoss durch ihren linken Arm in die Schulter und den Nacken hoch, als sie nach der Glocke greifen wollte.
    Hedge war schneller. Er hatte die Glocke bereits in der Hand und läutete sie. Lirael erkannte, dass es Saraneth war, und wappnete sich gegen die Macht der Glocke. Doch in ihrem Läuten lag keine lähmende Kraft, kein zwingender Wille.
    »Setzen!«, befahl Hedge, und Lirael begriff, dass er die Macht der Glocke auf die Fragwürdige Hündin konzentrierte.
    Knurrend erstarrte die Hündin, sprungbereit, doch von Saraneth gelähmt und zu keiner Bewegung fähig.
    Lirael bewegte sich um die Hündin herum, um einen gezielten Hieb auf Hedges Hand zu führen, mit der er die Glocke hielt. Doch auch Hedge bewegte sich um die Hündin, in der anderen Richtung. Irgendetwas an Hedges Haltung kam Lirael seltsam vor. Eine Zeit lang wusste sie nicht, was es war. Dann erkannte sie, dass er den Kopf unablässig gesenkt hielt und nie nach oben blickte. Da wusste sie, dass er Angst davor hatte, die Sterne des Neunten Tores anzuschauen.
    Er kam ihr plötzlich entgegen, doch sie änderte die Richtung, stets darauf bedacht, die reglose Hündin zwischen sich und dem Gegner zu haben. Dabei sah sie, wie die Hündin ihr zuzwinkerte.
    »Es war eine lange Jagd«, sagte Hedge. In seiner Stimme schwang Freie Magie, und es hörte sich an, als spräche ein Toter und nicht ein lebender Mensch. Er sah auch wie ein Toter aus. Er überragte Lirael, und Feuer war überall in ihm, rot und glühend in Augen und Mund. Es tropfte von seinen Fingern, leuchtete durch seine Haut. Lirael

Weitere Kostenlose Bücher