Das Amulett der Seelentropfen (Seelenseher-Trilogie) (German Edition)
anderes sagen, als Keira merkwürdig hustete. Erschrocken sah ich wie ein winziges Rinnsal Blut aus ihrem Mundwinkel lief.
»Keira!«
Sie wischte sich mit dem Ärmel über den Mund und tat so als wäre nichts.
»Sag mir jetzt endlich die Wahrheit. Wie schwer bist du verletzt?«
Ich ignorierte den Schmerz in meinen Rippen und packte Keira an den Schultern. Ich erlaubte es ihr nicht, meinem Blick auszuweichen. Ich war sicher keine Ärztin, aber Bluthusten war nichts, was ich als harmlos verstand.
»Janlan…«, ihr Ton machte mich so wütend wie schon lange nicht mehr.
»Keira, lass den Scheiß! Du bist ernsthaft verletzt und es zu ignorieren oder zu verleugnen, wird nicht dazu führen, dass es einfach verschwindet. Also hör auf so zu tun!«
Ich sprach nicht mehr in gedämpfter Lautstärke. Dafür war ich viel zu aufgebracht.
»Ich weiß nicht, was ich habe. Das könnte viele Gründe haben. Ich wollte dich nicht beunruhigen.«
»Wie edel von dir. Einfach so an meiner Seite langsam zu sterben, wäre viel angenehmer für mich.«
Meine harschen Worte taten mir fast schon wieder leid. Allerdings nur fast.
»Es hat mir gereicht, als ich für ein paar Minuten glaubte, du wärst tot. Was glaubst du, wie ich mich fühle, wenn du langsam innerlich verblutest, ohne auch nur einen Mucks zu sagen. Du bist meine Familie! Verdammt Keira. Schützerin gut und schön, aber du bist auch meine Freundin und als diese will ich nicht, dass du deinen Tod so einfach hinnehmen würdest, nur um mich zu beschützen oder mir irgendetwas leichter zu machen. Hast du verstanden?! Ich kann das hier nicht ohne dich, also hör auf, dich immer so bereitwillig vor mich zu werfen! Ich brauche meine Freundin viel mehr, als meine Schützerin. Verstehst du das? Keira, ich würde lieber in einer Welt leben, die von Seelengeistern bewohnt wird, als mit dem Wissen, dass du meinetwegen gestorben bist. Hörst du? Also denk nicht mal dran!«
Ich hatte mich so in Rage geredete, dass Tränen des Zorns aus meinen Augenwinkel liefen.
»Janlan…«, flüsterte Keira besänftigend. »Ich bin ja nicht tot.«
»Noch nicht«, gab ich bissig zurück. »Wir müssen hier raus. Du musst ins Krankenhaus und das schnell, ansonsten bist du wahrscheinlich bald tot.«
Ich sagte es so ernst, dass selbst sie nichts Verschönendes sagen konnte. Sie wusste genau, dass es die Wahrheit war. Ihr Schweigen war die Bestätigung, die ich nie haben wollte. Ich ließ meinen Kopf auf ihre Schulter sinken und fing still an zu weinen. Das unregelmäßige Heben ihrer Brust verriet, dass auch ihre Augen nicht mehr trocken waren.
»Es tut mir leid«, hörte ich ihr leises gebrochenes Flüstern. Das veranlasste mich nur zu noch mehr Tränen.
»Was denn? Dass ich dich dafür angeschrien habe, dass du innere Verletzungen hast. Ich sollte mich wohl eher entschuldigen. Ich habe nur solche Angst. Was machen wir bloß? Ich kann dich nicht verlieren. Du bist wie eine Schwester, das weißt du?«
Ich versuchte hoch in ihr Gesicht zu sehen. Es wurde von einem Schleier ihrer langen Haare verdeckt.
»Natürlich Janlan, das weiß ich. Weißt du noch, als wir dreizehn waren?«
Mir lief eine fürchterliche Gänsehaut den Rücken hinunter. Das Gespräch hörte sich viel zu sehr nach Abschied an.
»An dem Tag an dem wir geschworen haben, mehr als Freundinnen zu sein.«
»Schwestern im Herz und im Blut. Du hast immer noch eine Narbe am linken Daumen, von dem Messerstich.«
Sie nahm meine Hand und deutet auf die feine weiße Linie, die sich über die Fingerkuppe meines Daumes zog.
»Schwestern im Herzen und im Blut«, bestätigte ich mit einem schwachen Nicken. Das war Keira. Sie war nicht einfach nur eine Freundin. Sie war meine Familie. Meine Schwester, auch ohne verwandtes Erbgut.
»Wir kommen hier schon raus«, sagte sie wieder und klang sich ihrer Sache völlig sicher. Ich hingegen spürte den stechenden Schmerz des Zweifels. Ich weiß nicht, wie viele Stunden wir so aneinander gelehnt dort saßen. Schweigend. Alles was wir brauchten, war die Gegenwart des anderen. Ich spürte, wie allmählich die Leere meines Magens zu schmerzen anfing. Wie lange würde es noch dauern, bis wir Besuch bekamen. Oder hatten sie vor, uns verhungern zu lassen? Ich wollte Keira gerade fragen, als ich merkte, dass sie mit ihrem gesamten Gewicht auf mir lastete. Sie war eingeschlafen. Eine Tatsache, die mir das Blut gefrieren ließ. War sie wirklich einfach nur eingeschlafen oder war sie wieder
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