Das Amulett der Seelentropfen (Seelenseher-Trilogie) (German Edition)
war.
»Dein Ausflug ist vorbei, Janlan Alverra. Deine Freundin haben wir schon, jetzt fehlst nur noch du in unserer kleinen Sammlung. Ich bin sicher, der Priester wäre sehr erfreut zu erfahren, dass wir endlich auch das letzte Oberhaupt des Ordens zerrissen haben. Deine Freundin hat ihn schon mehr als zufriedengestellt.«
Zorn entflammte in meiner Brust.
»Samantha!«, fauchte ich sie an und hob Keiras Schwert abwehrend auf Brusthöhe. Ich hörte das Schlagen meines Herzen und noch etwas anderes. Ich konnte es nicht zuordnen, aber ich erkannte, dass es ebenfalls aus mir kam. Samanthas aufgelegtes schrilles Lachen erhaschte wieder meine ganze Aufmerksamkeit.
»Du bist eine Alverra. Eine Seelenseherin. Alleine kannst du uns nicht aufhalten. Du wirst wie jeder Seelenseher zugrunde gehen. Keiner von euch konnte sich uns je widersetzten, wenn wir schon seinen Schützer getötet hatten. Ich gebe zu, dass Keira eine nette Bereicherung für unsere Reihen gewesen wäre, aber sie hat ihren Tod selbst gewählt. Oder, naja nicht wirklich. Du warst wohl eher dafür verantwortlich, nicht wahr?«
Sie grinste mit unverhohlener Genugtuung, als sich mein Gesicht für eine Sekunde schuldbewusst verzog. Das zweite Geräusch wurde lauter und verlangte nach meiner Beachtung. Es war wie ein zweiter Herzschlag, der neben dem meinen in meinen Ohren widerhallte. Überrascht bemerkte ich, wie Keiras Schwert im selben Rhythmus kaum merklich vibrierte. Der zweite Herzschlag oder die Erinnerung an diesen Herzschlag ging von dem Schwert in meiner Hand aus. Noch bevor ich wusste was ich tat, wirbelte ich herum und durchtrennte den Arm eines Jägers, der sich hinter meinen Rücken geschlichen hatte. Das zuckende Stück Fleisch flog unter einem sprühenden Nebel des zähen Blutes durch die Nacht und landete mit einem widerlichen Schmatzen auf der asphaltierten Straße. Der Jäger taumelte mit vor Entsetzen geweiteten Augen rückwärts und starrte auf seinen verstümmelten Stumpf. Das Blut bildete widerliche Fäden, die sich in Zeitlupe auf den Boden zuarbeiteten. Ein Mitglied des Zirkels würde wohl ewig brauchen, bis er wirklich verblutete. Ein Gedanke, der nicht von mir kam. Solche Gedanken kamen mir nicht. Ich kannte mich in der biologischen Beschaffenheit von menschlichen oder nicht ganz menschlichen Körpern nicht so gut aus.
»Versetz ihm einen Stich ins Herz. Direkt ins Herz.«
Wieder nicht meine Gedanken, aber ich gehorchte ihnen blind. Ich duckte mich unter dem Kurzschwert eins Sammlers, der seinen Kameraden zur Hilfe kommen wollte und rammte meinen Dolch in die ungeschützte Brust des angeschlagenen Jägers. Erneut ertönten die Gedanken, die nicht meine waren und mir dennoch wunderbar vertraut waren. Sie führten mich oder eher gesagt, das Schwert in meiner Hand führte mich. Keiras Schwert. Es waren Keiras Gedanken, die sich unter die meinen mischten. Sie sagten mir, wie ich mich bewegen musste. Sie war es, die meinen Arm führte. Sie, nicht ich. Ein breites Lächeln erschien auf meinem Gesicht. Ein Lächeln, das sich auch nicht mehr von Samanthas Worten trüben ließ.
»Es scheint, als hätte der Aufenthalt in unseren gastfreundlichen Räumen dich etwas verrückt werden lassen. Verständlich, wenn man bedenkt, dass deine Freundin dich gefoltert hat und du sie dann an deiner Stelle hast sterben lassen. Jetzt bist du völlig alleine. Da verliert man schon mal den Verstand.«
Sie zuckte theatralisch mit den Schultern und gab dem Jäger zu ihrer Rechten ein Zeichen. Dieser stürmte mit einem tiefen dröhnenden Knurren auf mich zu. Sein Schwert zielte unverkennbar auf mein Herz. Sie legten es nicht mehr darauf an mich lebend gefangen zu nehmen oder meine Seelenenergie zu zertrennen.
»Einen Schritt nach rechts, Drehung und zustechen.«
Ich gehorchte der helfenden Stimme meiner verstorbenen Freundin. Es fühlte sich fast so an, als stände Keira direkt hinter mir und würde mir ihre Worte selbst zuflüstern. Sie hatte mich nicht ganz verlassen. Ich führte den Schritt aus und drehte mich, wie damals im Haus einhundertzwölf, hinter den Rücken meines Angreifers.
Keiras Schwert war um einiges länger als meine Dolche und so durchstieß es den gesamten Oberkörper des Jägers, als ich es zwischen seine Schulterblätter rammte. Ein Röcheln kam aus seiner Kehle, als sich seine Lunge mit dem merkwürdigen Blut füllte. Mit einem Ruck befreite ich das Schwert wieder und stand mit zum Angriff gesenkten Waffen nur noch dreien der ehemals
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