Das Amulett der Zauberin: Roman (German Edition)
Mann mit verwirrtem Blick. »Oh. Sie meinen den Boss.«
»Richtet ihm aus, dass ich mit seinen Diensten zufrieden bin und dass, sollten sich die Dinge wie geplant entwickeln, ich ihn bald wieder engagieren werde.«
»Sicher«, antwortete der Mann und schloss den Kofferraumdeckel.
»Wartet«, rief Eve, als sie ins Auto stiegen. »Bitte wartet. Lasst mich nicht allein mit …«
Die Männer knallten ungerührt die Türen zu und fuhren davon, und das wenige Licht verschwand mit ihnen. Ohne Mond und Sterne am Himmel und mit einer dünnen Schicht von Nebel zu ihren Füßen bestand die Welt nur noch aus Schatten. Kalten, feuchten Schatten. Ein leichter Wind bewegte ihre Haare und brachte eine Reihe von beunruhigenden Geräuschen mit sich, perfekte Nahrung für ihre lebhafte Phantasie.
Sie hatte Angst. Herzrasende, mundaustrocknende, kalt schwitzende Angst. Und es gelang ihr nur deswegen, die Fassung zu wahren, weil sie sich daran erinnerte, dass Hazard gesagt hatte, Pavane wäre auf ihre Hilfe angewiesen, um in diesem Reich zu verweilen. Und so war es anscheinend auch. Er hatte sich die Mühe eines Tarnzaubers gemacht und sie entführt, weil er sie benutzen, nicht verletzen wollte. Tatsächlich hatte sie den deutlichen Eindruck, dass er sie als seine persönliche Goldene Gans sah und nichts unternehmen würde, was die goldenen Eier in Gefahr brachte, die sie legen sollte.
»Komm mit«, sagte er und ließ den Arm sinken.
Komm mit? Sie wollte ihn gerade daran erinnern, dass sie sich nicht bewegen konnte, als sie feststellte, dass es doch ging. Sie hatte erst ein paar Schritte gemacht, als er sich wieder zu ihr umdrehte und sein harter Gesichtsausdruck war sogar in der Dunkelheit zu erkennen.
»Denk nicht mal daran, dich zu widersetzen«, warnte er sie. »Du kannst nicht gegen mich bestehen, ohne auf die Macht des Talismans zurückzugreifen, und das wird nicht geschehen, bevor ich nicht bereit bin. Ich habe die Umgebung vorsorglich mit ein paar hässlichen Fallen präpariert, nur für den unwahrscheinlichen Fall, dass du mir entkommen solltest. Wusstest du, dass Nekromantie eine meiner Spezialitäten ist?«
Nekromantie, die Kunst, die Toten zu beschwören. Eve zitterte und schreckte innerlich zurück. Falls er nur bluffen wollte, hatte es funktioniert. Sie wollte jetzt absolut nicht mehr davonlaufen. Stattdessen folgte sie ihm widerwillig den schmalen, gepflasterten Weg entlang, der in die entgegengesetzte Richtung führte, in welche die Männer gefahren waren.
Als sie sich seiner Meinung nach nicht schnell genug bewegte, packte er ihren Unterarm und zerrte sie hinter sich her. »Schnell, Zauberin. Ich habe keine Zeit für dein Getrödel.«
Nach ein paar Minuten führte er sie auf eine große Rasenfläche. Hier gab es keine fahlen, niedrigen Grabsteine, sondern nur ein Mausoleum direkt vor ihnen. Es war aus Sandstein erbaut, hatte ein spitzes Dach und dekorative, verzierte Türmchen an den Ecken. Hätte es nicht auf einem Friedhof gestanden und wäre es nicht von einem kopflosen Engel bewacht worden, wäre es fast als Märchenhütte im Wald durchgegangen. Wie die Hütte, in der der böse Wolf die Großmutter frisst und auf Rotkäppchen wartet, dachte Eve finster.
Pavane zog sie ein paar Stufen hinauf, und die schwere schwarze Tür schwang zurück, als er sie leicht mit der Hand berührte. Als sie drinnen waren, entzündete er mit einer weiteren Geste die Kerzen, die auf allen Oberflächen standen. Eve holte keuchend Luft. Alte Ängste saßen tief, und der Anblick von flackernden Kerzen verursachte ihr immer noch ein mulmiges Gefühl.
Sie richtete ihre Aufmerksamkeit auf die Engel, die auf drei Buntglasfenstern am Ende des Raumes abgebildet waren, und bemühte sich, nicht über den Inhalt der Marmorsärge nachzudenken, die an den Wänden standen. Die Wand mit den Fenstern wölbte sich eindrucksvoll über dem verzierten Steinaltar, auf dem verschiedene Dinge lagen, darunter ein Pendel, ein Kelch und ein Dolch. Pavane war fleißig gewesen.
Er trat auf die andere Seite des Altars und winkte sie näher.
»Komm, komm. Ich habe alles vorbereitet, und wir müssen uns beeilen. Drachenblut ist besonders instabil, wenn es zu lange steht.«
»Gott bewahre«, murmelte sie, ohne eine Ahnung zu haben, wovon er sprach.
»Komm näher, Frau«, befahl er ihr mit lauter, ungeduldiger Stimme. »Und mach schnell.«
Eve blieb stehen, wo sie war. Sie hielt die Schultern zurückgezogen, steckte die Finger in die Taschen ihrer Jeans
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