Das Amulett der Zauberin: Roman (German Edition)
um Dinge zu sehen, die man mit den normalen Sinnen nicht sehen kann.«
Er machte eine auffordernde Geste und trat zurück, so dass er außerhalb des Kreises stand, den sie mit dem Salz zog. Sie sprach leise, als sie sich um den Tisch bewegte, und ihre Worte hatten einen sanften Rhythmus, der ihm das Gefühl gab, als glitten sie über seine Haut und lösten jede Anspannung in ihm.
»Ich schließe diesen Kreis mit reinem Willen, einem hoffnungsvollen Herzen und ohne böse Gedanken.«
Der Kreis schloss sich mit einem leisen Rauschen, ein völlig anderes Geräusch als das Klicken, das erklang, wenn Taggart einen Kreis errichtete. Ruhiger, aber irgendwie auch mächtiger.
Er beobachtete schweigend, wie sie sich setzte und genau seinen Anweisungen folgte. Er zählte drei langsame Kreisbewegungen, bevor ihr Arm plötzlich zuckte und ein viel lauteres Brausen erklang. Und diesmal konnte er es auch fühlen. Es traf ihn mit Wucht, direkt über dem Gürtel, schleuderte ihn drei Meter nach hinten und warf ihn heftig gegen die Küchenanrichte. Hart genug, dass seine Knie einknickten und er gezwungen war, sich mit beiden Händen an der Arbeitsplatte festzuklammern. Sobald er sich gefangen hatte, schaute er zu Eve.
Ihre Haare wirkten vom Wind zerzaust, aber sie saß auf ihrem Stuhl, und er konnte sehen, dass sie die Kette noch in der Hand hielt.
»O mein Gott, Hazard«, rief sie. »Es hat funktioniert!«
Acht
W enn es um Ihre Karte geht, ich ersetze sie gerne.«
Hazard antwortete nicht, sondern hielt die Augen mit grimmiger Miene stur auf die Straße gerichtet. So finster blickte er schon drein, seitdem sie vor ein paar Minuten in sein Auto gestiegen waren.
Eve erinnerte sich plötzlich an seine Behauptung, ein Sammler seltener Schätze zu sein, und ihr rutschte das Herz ein wenig in die Hose. »Außer es war eine seltene, einzigartige, unersetzliche Auflage. Bitte sagen Sie mir, dass sie nicht unersetzlich war.«
»Sie ist nicht unersetzlich und ich rege mich nicht darüber auf.«
»Sie klingen aber, als würden Sie sich über irgendetwas ärgern. Ich habe bereits versprochen, ihren Küchentisch abschleifen zu lassen oder was man auch immer tun muss, um die Brandspuren zu beseitigen.«
»Und ich habe Ihnen gesagt, dass das nicht notwendig ist. Die Karte und der Tisch sind mir wirklich egal.«
»Worüber ärgern sie sich dann?«
»Ich ärgere mich nicht. Ich bin …«
»Sauer?«, schlug sie vor, während er nach dem richtigen Wort suchte. »Genervt? Gereizt? Es tut Ihnen leid, dass Sie mir ihre Hilfe angeboten haben?«
Er warf ihr einen kurzen Blick zu, und es schien, als flackere kurz Amüsement in seiner finsteren Miene auf. »Nachdenklich. Ich denke über das nach, was gerade passiert ist. Ich habe schon Spähzauber beobachtet, aber niemals ist etwas geschehen, was nur annähernd an Ihre Show heranreicht.«
»Was meinen Sie damit?«
»Ich meine, dass es das erste Mal war, dass ich durch den gesamten Raum geflogen bin oder gesehen habe, wie sich ein Loch durch die Karte in den Tisch brennt.«
»Oh.« Sie zögerte, hin- und hergerissen zwischen dem Drang, mehr zu erfahren und einfach zu vergessen, was geschehen war. Dieses Mal hatte sie nicht aus Versehen oder überraschend Magie eingesetzt. Es war eine Wahl gewesen, ihre Wahl, und die Tatsache, dass sie es nur getan hatte, weil sie verzweifelt war, half nicht im Mindesten gegen ihre Bedenken. Sie entschied, dass sie sich damit später auseinandersetzen würde. Für den Moment siegte die Neugier. »Was passiert normalerweise beim Spähzauber?«
»Zum einen dauert es länger. Man muss das Objekt immer weiter über die Karte führen, bis es schließlich mit der richtigen Stelle in Verbindung tritt und sich absenkt … langsam und ohne Funkenschlag oder Rauch.«
»Oh«, sagte sie wieder. »Was glauben Sie, warum es diesmal anders war?«
»Anscheinend war sehr viel mehr Macht beteiligt, als der Kreis – oder der Raum – halten konnte. Aber natürlich wissen Sie das bereits, nachdem Sie die Macht erzeugt haben.«
»Eigentlich nicht«, protestierte sie. »Nicht absichtlich. Ich habe mich nur an ihre Anleitung gehalten.«
Sie musste den Kopf nicht drehen oder sein Gesicht betrachten, um zu wissen, dass er ihr nicht glaubte. Sie konnte sein Misstrauen fühlen, als bestünde es aus heißer Lava.
»Wie würden Sie es dann erklären?«
»Das kann ich nicht«, gab sie zu. »Sie haben selbst gesagt, dass Dinge geschehen sind, die keinen Sinn
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