Das Amulett des Dschinns
Fürst Tahir den ewigen Bund einzugehen? Du sollst wissen, dass ich es verstehen könnte. Er kann dir Dinge bieten, die du von mir niemals bekommen würdest. Ein Leben im Überfluss und Wohlstand, mit kostbaren Geschenken, feinen Gewändern und den besten Speisen, die man für Geld bekommen kann.“
Aaliyah erwiderte seinen Blick fest. „Glaubst du wirklich, dass mich solche Dinge locken würden? Ich liebe dich, Hamid abd’el Harun – keine noch so schönen Kleider könnten mich darüber hinwegtrösten, wenn ich dich verlöre.“ Sie ergriff seine Hand. „Und nun lass uns gehen. Der Tag erwacht bereits, und mein Vater wird mein Verschwinden sicher bald bemerken.“
Sie wussten beide, dass sie, wenn es so weit war, längst weit fort sein mussten. Denn Fürst Tahir mochte im ganzen Land als gütiger und verständnisvoller Herr bekannt sein. Wenn er aber erfuhr, dass seine Braut davongelaufen war, würde er auf Rache sinnen. Als Mann von Stand war er sehr stolz, und er würde dieses Zeichen von Ungehorsam vonseiten einer Frau nicht einfach hinnehmen.
Eilig rafften Hamid und Aaliyah ihre Habseligkeiten zusammen. Als sie auf dem Rücken eines Esels die Stadt verließen, dämmerte es bereits.
Fünf Monate später
Aaliyah stand an der Feuerstelle der winzigen Hütte, in der sie seit ihrer gemeinsamen Flucht mit Hamid vor etwas mehr als fünf Monaten wohnte, und kochte einen Eintopf aus Linsen und Kichererbsen. Auch wenn sie gezwungen war, unter falschem Namen zu leben, war sie glücklich.
Nicht zuletzt, weil sie Hamids Kind unter ihrem Herzen trug.
Sie bereute nicht einen Tag, dass sie das Haus ihres Vaters verlassen hatte und vor einer Verheiratung mit Fürst Tahir geflohen war. Der einzige Wermutstropfen, der ihr Glück überschattete, waren die Gerüchte, die aus ihrer Heimatstadt im ganzen Land herumgingen.
Wie es schien, hatte Tahir vollkommen den Verstand verloren.
Er, der einst als milder und besonnener Fürst gegolten hatte, drangsalierte seine Untertanen nun bis aufs Blut. Und wer versuchte, seiner Schreckensherrschaft zu entkommen, wurde spätestens an den Grenzen seines Einflussbereiches festgesetzt und in den Kerker seines Palastes gesperrt.
Aaliyah war froh, selbst entkommen zu sein. Doch sie bedauerte die armen Menschen, die zurückgeblieben waren. Und irgendwie hatte sie das Gefühl, eine Teilschuld an deren Misere zu tragen, war diese schreckliche Veränderung Tahirs doch erst nach ihrer Flucht erfolgt.
Seufzend versuchte sie, den bedrückenden Gedanken zu verscheuchen. Sie musste an das Kind denken. Und an Hamid, der draußen auf dem Feld arbeitete – die wichtigsten Menschen auf der ganzen Welt für sie. Und sie hoffte, dass Tahir eines Tages ganz von allein wieder zur Besinnung kommen würde.
Sie drehte sich um, als sie das Geräusch schwerer Schritte hinter sich vernahm.
„Hamid, Liebster, bist du schon …“ Sie verstummte und riss angstvoll die Augen auf, als sie sah, wer da im Zimmer stand. „Tahir …“
Er war es, daran konnte kein Zweifel bestehen. Doch wie hatte er sich verändert! Einst war er ein stattlicher, ja sogar schöner Mann gewesen, doch davon war nicht viel geblieben. Sein Körper und sein Gesicht wirkten aufgeschwemmt, und ein schlimmer Ausschlag bedeckte seine Haut vom rechten Arm bis zum Hals hinauf. Der faulige Geruch seines Atems erfüllte bald die ganze Hütte und verursachte Aaliyas empfindlichem Magen Übelkeit.
„Mich hast du wohl nicht erwartet, Weib! Dachtest wohl, dass du mich für alle Zeiten losgeworden bist, als du mit deinem Geliebten aus der Stadt geflohen bist, wie? Aber nicht mit mir, Weib! Nicht mit mir!“
Drohend kam er auf sie zu. Aaliyah wich zurück, bis sie mit dem Rücken an die Wand der Hütte stieß.
Ein Wimmern kam von ihren Lippen. „Bitte, mein Fürst … Bitte, zeigt Gnade! Ich konnte Euch nicht ehelichen, denn mein Herz gehörte bereits einem anderen Mann.“
„Schweig still!“, fuhr er sie an, hob die rechte Hand und versetzte Aaliyah eine schallende Ohrfeige. „Du sprichst nur, wenn du etwas gefragt wirst, verstanden?“ Er lachte – in Aaliyahs Ohren klang es wie das Lachen eines Irren. „Du hast ja nicht die leiseste Ahnung, was ich alles auf mich genommen habe, um dich zu finden! Du wirst jetzt mit mir kommen, hörst du?“
„Nein!“, rief Aaliyah entsetzt. „Ich … Ich kann nicht mit Euch gehen! Ich gehöre zu Hamid! Ich erwarte ein Kind von ihm!“
„Dein Balg interessiert mich nicht!“ Er packte ihren
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