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Das Amulett

Das Amulett

Titel: Das Amulett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan R. Bellem
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erwies sich als richtig – die Schneegrenze war um viele Hundert Fuß gesunken, seit sie in die Trauerwälder aufgebrochen waren.
    »Ich gebe uns weniger als die Dauer einer Mondphase, bis wir hier unten Schnee bekommen«, verkündete der Zwerg.
    »Und wie lange werden wir brauchen, um einen geeigneten Eingang zu finden?«, fragte Ul‘goth gelassen. Der Schnee der Todfelsen war für den Ork nichts Ungewöhnliches. Und schließlich besaßen sie alle dicke Fellumhänge, die sie fest um den Körper schnüren konnten.
    »Ich bin mir nicht sicher«, gab der Zwerg zu. »Frag den Jungen, wie lange er das letzte Mal gebraucht hat.« An Tharador gewandt, fügte er hinzu: »Unser Weg, Junge. Das ist der schnellste. Und je eher wir die Gnome erreichen, desto eher können wir ihnen die Hälse aufschlitzen.«
    Tharador hatte bereits geahnt, dass sie denselben Weg wählen würden, den einst er und Queldan eingeschlagen hatten. Ist alles nur eine Wiederholung der Vergangenheit? fragte er sich plötzlich.
    Gordan hatte ihm erklärt, dass Orks und Menschen schon einmal in Frieden nebeneinander gelebt hatten. Die Gnome waren einst selbst Zwerge gewesen, nun galten sie als Feinde. Throndimar hatte dereinst denselben Gipfel erklommen, dem nun sie zusteuerten, hatte wie sie versucht, das Buch Karand zu zerstören. Geändert hatte sich nichts, alles schien sich nur zu wiederholen. Welchen Sinn hat das alles? fragte der Paladin sich.
    »Es scheint, als könnten wir nichts ändern«, sprach er niedergeschlagen aus. »Wir tragen stets die gleichen Kämpfe aus. Nur sind es diesmal wir statt unserer Väter und Vorväter. Die Figuren sind neu, das Spiel aber ist dasselbe geblieben.«
    Sie hielten inne und blickten nachdenklich zu Boden. Nur Faeron vermochte, dem Blick des Paladins zu begegnen und ihn aus seiner Grübelei zu reißen. »Und dennoch müssen wir diese Schlacht schlagen, das Wagnis eingehen. Alles, was wir danach tun können, ist, zu hoffen, dass unsere Errungenschaften Bestand haben. Tharador, kein Mann kann mehr erwarten. Vieles hat sich bereits verändert, manches hingegen muss noch zu Ende geführt werden. Unsere Vorfahren haben nicht alle Kämpfe ausgefochten. Nun ist es an uns, dies zu tun.«
    Tharador wollte widersprechen, wollte entgegenhalten, dass es mehr als das geben musste, doch er konnte nicht. Diese Hoffnung war alles, was sie hatten. Er durfte das nicht untergraben. »Vermutlich hast du Recht«, meinte er nur, und sie setzten den Weg fort.
    Heimat!
    Der Begriff ging Tharador nicht aus dem Kopf, während sie über die Hochebene von Surdan wanderten. Die sanften Hügel, die nach Norden hin stetig anstiegen, um sich schließlich mit den südlichen Ausläufern der Todfelsen zu vereinen; die abgeernteten Felder; das Rauschen des Meeres, das bei Flut gegen die Todesklippen brandete. All das war ihm vertraut und vermittelte ihm ein Gefühl von Sicherheit. Allerdings hatte das Bild seiner Heimat sich vor allem nördlich der Todfelsen so stark gewandelt, dass der Paladin nicht recht wusste, ob er hier noch zuhause war. Das sonst wogende Langgras, das einem Mann bis an die Knie reichte, war von den Orks und Goblins niedergetrampelt worden. Die kleinen Bauernsiedlungen waren teilweise niedergebrannt oder verwüstet, und eine bedrückende Stille hatte sich über das Land gelegt. Keine rumpelnden Fuhrwerke, keine spielenden Kinder, nicht einmal Vögel waren zu hören. Xandors Krieg hatte dem Land grausame Wunden zugefügt.
    Tharador blickte zu Ul‘goth, der mit herabhängenden Schultern neben ihm lief. Der Ork schien ähnliche Gedanken zu hegen.
    »Das Land wird sich wieder erholen«, sagte Tharador plötzlich. »Ebenso wie seine Bewohner. Xandors Krieg ...«
    » Mein Krieg!«, unterbrach Ul‘goth ihn energisch. » Ich habe das Leid über die Menschen gebracht. Ich habe die Goblins aus ihren stinkenden Höhlen gelockt. Und ich war es, der sie gen Süden ziehen ließ. Es ist meine Schuld«, endete er niedergeschlagen.
    »Pah!«, schnaubte Khalldeg, als niemand sonst die aufkommende Stille brach. »Die Stadt steht noch, der Krieg ist vorbei, und am Ende erwächst sogar etwas Gutes daraus. Vergiss nicht, dass du Xandor mit deinem Hammerwurf zerquetscht hast. Das macht zwar nichts ungeschehen, aber es war ein guter Anfang. Und schon bald wirst du mir helfen, die Gnome aus meiner Heimat zu vertreiben; dafür wird dir jeder Zwerg dankbar sein. Zwar vermutlich nur hinter vorgehaltener Hand, aber wir Zwerge vergessen

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