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Das Antlitz der Ehre: Roman (German Edition)

Das Antlitz der Ehre: Roman (German Edition)

Titel: Das Antlitz der Ehre: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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interessanten Geschichten gelauscht. Nun waren die Männer schwer verletzt und würden vermutlich ihr Leben verlieren. Elisabeth sah wieder die zerfetzten Leiber vor sich, die sie am Nachmittag verbunden hatte, und sie ahnte, wie schwer das Sterben werden würde, wenn der Wundbrand begann, den Körper zu zerfressen, und das Fieber ihn aufzehrte, bis der Verstand es nicht mehr aushielt und in Irrsinn verfiel. Schwitzend und zuckend lagen sie in ihren Betten, von hilflosen Pflegern umgeben. Ihre Körper wurden weniger und zerfielen bei lebendigem Leib, bis Gott ein Einsehen mit ihnen hatte und ihre Seele von ihrem bereits seit Tagen verlorenen Körper befreite.
    Früher waren sie Freunde und Verbündete gewesen, für deren Seele sie gebetet und deren Tod sie mit all den anderen Bewohnern des Marienbergs beweint hätte. Doch heute zählten sie zu den Feinden, deren Tod als Gewinn gezählt werden sollte, da sie nun dem Gegner abgingen und ihn schwächten.
    Elisabeth schüttelte den Kopf. Was für ein Irrsinn!
    Dort draußen hatte sie schwer verwundete Männer verbunden. Aus Ochsenfurt, aus Würzburg, aus Volkach und von anderen Orten, wo die Junker des Bischofs sie eben für ihren Zug zusammengezogen hatten. Elisabeth hatte sie nicht gefragt, auf welcher Seite sie gestanden und welche Männer sie mit ihren Waffen so grausam zugerichtet hatten. Sie war nur niedergekniet und hatte versucht, den Blutfluss zu stillen, um ein menschliches Leben um das andere zu retten. Sie gesund zu pflegen. Wozu? Dass sie zu ihren Familien zurückkehren
und ihre Kinder ernähren konnten? Oder dass man ihnen erneut eine Waffe in die Hand drücken und sie in einen weiteren sinnlosen Kriegszug schicken konnte? Ganz gleich auf welcher Seite.
    »Was für ein Irrsinn«, wiederholte sie und merkte erst, als die anderen sie anstarrten, dass sie es dieses Mal laut ausgesprochen hatte.
    Meister Thomas fragte nicht. Er nickte nur, und in seinen Augen stand Verstehen.
    »Ja, das ist es, und es wird immer irgendwo weitergehen. Für uns jedoch ist es zu Ende. Wir kehren morgen nach Würzburg zurück.«
    Elisabeth behielt ihre Zweifel für sich. Nicht, dass sie nicht an ihre Rückkehr nach Würzburg geglaubt hätte. Doch war es wirklich zu Ende? Konnte es jemals zu Ende sein, solange der Mensch nach Einfluss, Macht und Geld strebte?

Kapitel 22
    E s war noch nicht einmal hell, da drängte Georg bereits zum Aufbruch. Die Frauen kletterten in die Kutsche, die Männer schwangen sich auf die Pferde. Gottbert übernahm den Maultierkarren mit dem Rest der Waren. Sebastian setzte sich neben ihn. Die Wächter am Tor wirkten noch recht verschlafen, als sie den schweren Balken anhoben und die Torflügel aufzogen. Über ihnen ragte der Thürmerturm in den sich nur zögerlich aufhellenden Himmel. Die Hufe klapperten über die Brücke. Die Räder der Kutsche und des Karrens knarrten, während sie den träge dahinfließenden Strom überquerten. Zwei der Begleiter, die sie verpflichtet hatten, ritten vorneweg, zwei bildeten den Schluss. Als sie die Brücke passiert hatten und in die Landstraße einbogen, lehnte sich Elisabeth zurück und schloss die Augen, doch bei dem Geschaukel konnte sie keine Ruhe finden. So leicht ließen sich die schrecklichen Bilder des vergangenen Tages auch nicht verdrängen. Und dann mischte sich immer wieder noch etwas anderes unter die Erinnerungen an die Schrecken des Krieges. Ein Gesicht, das ihr so vertraut geworden war, die Wärme einer Hand und die Verheißung eines flüchtigen Kusses. Wie würde es weitergehen? Würde es überhaupt weitergehen? Sie versuchte sich einzureden, dass dies nur eine flüchtige Verirrung sei, die aus dem Schrecken der Situation geboren worden war. Der Gedanke stimmte sie traurig. Ja, er schmeckte gar nach Verzweiflung.
    Unwillig schüttelte Elisabeth den Kopf. So ein Unsinn! Ihre Sinne waren noch immer überreizt, und ihr Körper sprach
noch von der Unbill der vergangenen Tage. Nun musste sie erst einmal heimkehren und zur Ruhe kommen, dann würde sich alles finden. Sie grübelte eine Weile darüber nach, was daheim für sie war. Früher war es die Festung auf dem Marienberg mit ihrem bunten Leben, den Turnieren und den üppigen Festen gewesen. Und dann? War das Frauenhaus, in das es sie verschlagen hatte, nicht auch eine Zeit lang ihr Zuhause gewesen? Sie schob den Gedanken beiseite. Darauf wollte sie sich keine Antwort geben.
    Und der Zabelstein? Immerhin war sie zu ihrem Vater zurückgekehrt. Doch hatte sie

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