Das Antlitz der Ehre: Roman (German Edition)
finden, der Euch befreit und auf sein Ross hebt, um mit Euch davonzureiten.« Der Spott in seiner Stimme trug nicht dazu bei, sie aufzuheitern.
»Wollen wir es hoffen«, gab sie gepresst zurück. »Ich frage mich nur, wie viele Herren bereit sind, für die Freiheit des Bischofs mit schwerer Münze zu bezahlen.«
Der Narr wiegte den Kopf. »Ja, das steht auf einem ganz anderen Blatt«, gab er zu, ehe ihre Unterhaltung rüde unterbrochen wurde. Einer der Bewaffneten trat zu ihm und griff nach seinem Arm.
»Komm mit.«
»Aber ja, ich folge dir. Du musst mir nicht gleich die Hand abreißen. Ich brauche sie noch für meine Narreteien. Außerdem bin ich doch neugierig auf die Gemächer, die der Edle von Egloffstein für uns bereithält.«
Er zwinkerte dem Fräulein noch einmal zu und ließ sich dann abführen. Elisabeth bewunderte seinen Mut und die stolze Haltung, mit der er den Leidensweg der Gefangenschaft antrat. Entschlossen straffte sie die Schultern und nahm sich vor, ebenfalls keine Schwäche zu zeigen. Wenn sie schon keinen Wert drauf legte, dass ihr Vater stolz auf sie sein konnte, so wollte sie sich später wenigstens selbst noch in die Augen sehen können. Und so folgte sie ihrem Bewacher, als dieser sie dazu aufforderte, mit hoch erhobenem Haupt.
Es wurde nicht so schlimm, wie sie befürchtet hatte. Der Bischof, sein Narr und der Kaplan wurden in den Zellen im großen Turm eingeschlossen und streng bewacht. Dort war es zwar kalt, aber lange nicht so feucht und unwirtlich wie im unteren Geschoss, das wie üblich nur durch das Angstloch zu erreichen war. Elisabeth traf es noch besser. Man brachte sie in eine spärlich eingerichtete Kammer im obersten Stock des Palas, die eine schwere Eichentür verschloss. Im Gegensatz zu ihren gewohnten Gemächern war die Kammer zwar unbeheizt,
dafür gab es ein richtiges Bett mit einer Strohmatratze und zwei wollenen Decken darüber. Elisabeth zog ihre Schuhe aus und ließ sich aufs Bett fallen. Mit einem Stöhnen streckte sie sich aus und breitete die Decken über sich. Endlich! Für den Augenblick schob sie ihre Sorgen und Ängste beiseite und fiel in einen traumlosen Schlaf, aus dem sie erst zehn Stunden später wieder erwachte, als sich die Tür öffnete und eine Magd ihr eine Schale mit Suppe und einen Kanten Brot auf den einzigen Hocker im Zimmer stellte. Dann verschloss sie die Tür wieder. Ihre Schritte entfernten sich.
Die Tage verstrichen ereignislos. Ab und zu durfte Elisabeth unter Bewachung im Hof ein wenig umherspazieren, dann wieder kämpfte sie tagelang gegen die Langeweile und die Einsamkeit. Einmal am Tag kam die Magd, brachte Wasser und etwas zu essen und leerte ihren Eimer, der in einer Ecke stand. Ansonsten blieb ihr nichts, als die Schatten an der Wand entlangstreichen zu sehen, wenn die Sonne über den bleichen Winterhimmel wanderte. Und ihre schweren Gedanken, die wie ein Strudel im Kreis wirbelten.
Die heiligen Christtage kamen, und selbst Elisabeth blieb nicht verborgen, wie sich eine feierliche Stimmung über die Burg senkte. Es roch nach frischen Zweigen und Gebäck. Kurz vor Weihnachten stattete der Ritter von Hirschhorn der Burg noch einmal einen Besuch ab, doch Elisabeth bekam ihn während eines ihrer Spaziergänge nur von fern zu Gesicht. Für sie interessierte er sich nicht. Er sprach mit dem Bischof und versicherte sich, dass seine wertvolle Geisel wohlauf war. Was würde er ihm noch nutzen, wenn er verhungerte oder erfror? So zumindest dachte Elisabeth. Und dieser Gedanke schloss auch Friedlein, den Kaplan und die Männer, die mit ihnen gefangen genommen worden waren, mit ein.
Sie hörte den Ritter von Nürnberg sprechen, wohin er unterwegs
sei, mit der Hoffnung, es würde nun endlich Bewegung in die Sache kommen.
Dann dämmerte der Tag der Heiligen Nacht herauf. Die Sonne stand schon tief, als Elisabeths Tür geöffnet wurde und der ihr nun schon vertraute junge Wächter sie aufforderte, ihren Mantel umzulegen und mit hinunter in den Hof zu kommen. Als sie zufällig auf der Treppe Albrecht von Egloffstein begegnete, fasste sie sich ein Herz und sprach ihn an.
»Ich wünsche Euch und Eurer Familie ein gesegnetes Weihnachtsfest, Ritter von Egloffstein.«
Der Junker hielt inne und sah sie erst überrascht und dann misstrauisch an. »Euch auch, Jungfrau Elisabeth. Was wollt Ihr von mir?«
Sie seufzte. »Nun gut, überspringen wir weitere Höflichkeiten und kommen wir sogleich zu der Bitte, die ich an Euch richten
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