Das Antlitz der Ehre: Roman (German Edition)
ihren Arm lockerte sich. Elisabeth fuhr herum und starrte in Friedleins schiefes Gesicht.
»Was fällt Euch ein?«, herrschte sie den Narren ihres Vaters an.
»Mich überkam so eine Ahnung, dass ich Euch vor Euch selbst schützen müsste. Jungfrauen können so töricht sein, wie wir schon aus der Bibel wissen. Nein, das war kein guter Einfall, doch vermutlich wisst Ihr das selber, daher will ich kein weiteres Wort mehr darüber verlieren. Ich schlage vor,
wir rufen den Wächter zurück, und Ihr begleitet mich hinüber in den Palas. Es ist spät und Zeit, dass Ihr Euer Gemach aufsucht!«
Was hätte sie erwidern können, ohne die Lage noch schlimmer zu machen? Immerhin ließen Friedleins Worte darauf schließen, dass er nicht vorhatte, diesen Vorfall ihrem Vater gegenüber zu erwähnen. So folgte ihm Elisabeth unverrichteter Dinge bis zur Tür ihres Gemachs. Erst dort verabschiedete sich der Narr und wünschte eine gute Nacht. Elisabeth sah ihm nach, wie er den Gang entlang davonhinkte.
Kapitel 11
E s klopfte stürmisch an der Tür. Albrecht seufzte.
Hatte er nicht gesagt, er wolle ungestört bleiben, um sich durch die Berge von Verträgen, Briefen und Abmachungen des Bischofs von Brunn und seinen Vorgängern zu arbeiten? Es war ein nahezu unmögliches Unterfangen! Der junge Pfleger ließ frustriert den Blick über die mit Pergamenten und Büchern vollgestopften Regale wandern. Wie sollte er es schaffen, auch nur einen Überblick zu erhalten, welche Rechte an wen unter welchen Bedingungen verpfändet worden waren? Und wenn er ein Jahr in diesem Raum zubringen und Tag und Nacht nur lesen würde, könnte er es vermutlich dennoch nicht schaffen.
Wieder klopfte es.
»Komm lieber herein, ehe du die Tür einschlägst«, rief Albrecht, und ein Teil in ihm begrüßte die Störung, die ihm vielleicht eine Entschuldigung bot, dem Archiv im Turmzimmer zu entfliehen.
»Hochwürden, ich meine Exzellenz!«, rief Gunter atemlos.
Albrecht winkte seinen Waffenknecht herein. »Nenn mich nicht so. Weder habe ich die Priesterweihe erhalten, noch bin ich Bischof. Du brauchst mich nicht anders anzusprechen als früher.«
Der Waffenknecht hob die Schulter. »Herr, dieses Schreiben kommt vom Zabelstein, und das hier hat ein Bote aus Schweinfurt gebracht.«
Albrecht zögerte. »Dann gib mir zuerst den Brief aus
Schweinfurt. Er muss von meinem Vater sein. Das Schreiben des Bischofs hebe ich mir für später auf. Es steht sicher nichts darin, was mich erfreuen wird!« Albrecht zog eine Grimasse und griff nach dem versiegelten Brief, den Gunter ihm reichte, doch er öffnete ihn nicht sofort.
»Was ist? Warum starrst du mich so an? Weißt du etwa schon wieder vor mir, was ich in diesen Zeilen lesen werde?«
Gunter nickte ein wenig verlegen. »Im Hof drunten wird bereits über nichts anderes geredet. Deshalb habe ich die Briefe auch sofort zu Euch gebracht.«
Albrecht wog das gefaltete Blatt in der Hand.
»Und? Wie lautet die Hiobsbotschaft, von der außer dem Pfleger bereits die gesamte Marienfestung erfahren hat?«
»Bischof von Brunn hat den von Schwarzenberg nach Schweinfurt geschickt.«
Albrecht hob die Brauen. »Ja, und?«
»Er hat mit seinen Männern Eurem Vater aufgelauert, als er sich von dort mit den Edlen und den Domherren auf den Heimweg machte.« Wieder stockte der Waffenknecht.
»Weiter! Was ist geschehen?«
»Sie haben Graf von Wertheim gefangen genommen und auf den Zabelstein geführt, wo er jetzt wohl im Kerker sitzt, bis Ihr den Forderungen des Bischofs nachkommt.«
Albrecht ließ sich mit einem Stöhnen auf einen Hocker sinken und starrte auf die beiden Briefe in seiner Hand. Er brach die Siegel, entfaltete die Pergamentblätter und las dort mit schwungvollem Federstrich geschrieben, was sein Diener ihm bereits verkündet hatte.
»Was befehlt Ihr?«, drängte Gunter, als Albrecht sich nicht rührte und nur auf die Schreiben herabstarrte.
»Soll ich die Männer zusammenrufen, dass sie sich zum Aufbruch rüsten? Wollt Ihr Boten an die Edlen der Umgebung senden?«
Albrecht sah langsam zu ihm auf. »Der Bischof schreibt,
ich solle alleine mit nicht mehr als drei Mann Begleitung zu ihm kommen.«
»Aber das werdet Ihr doch nicht etwa tun?«, rief Gunter entsetzt.
Albrecht fühlte sich so hilflos. »Er hat nun auch noch meinen Vater in der Hand!«
»Und deshalb wollt Ihr ihm nun demütig gehorchen?« Der Ausdruck im Gesicht des Waffenknechts sprach Bände. Albrecht erhob sich und straffte die
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