Das Areal: Thriller (German Edition)
Bayle.
Und dann wieder Schwärze.
Er bewegte sich schnell, jedoch ohne zu rennen. Kate hörte nichts außer Bayles Schritten und dem Plätschern und Tröpfeln von Wasser. Keine Verfolger, keine Rettung in Sicht. Bayles Gestank und Körperhitze, die entweder vom Fieber herrührte oder von der körperlichen Anstrengung. Sie versuchte, Beine und Hände zu bewegen, doch die fühlten sich an, als bestünden sie aus Schaumstoff und wären irgendwie gefesselt. Ihre Waffe, ihr Funkgerät und die Schutzweste waren verschwunden.
Abermals Dunkelheit.
Als sie wieder zu sich kam, spürte sie glitschigen, feuchten Beton am Gesicht. Ihre Muskeln waren unterkühlt und steif, der Kopfschmerz war ein wenig in den Hintergrund getreten und meldete sich nur dann zurück, wenn sie sich bewegte. In dem verfügbaren Licht, so schwach wie Sternenschimmer, machte sie einen schmalen, niedrigen Raum mit Dutzenden Wasserstandslinien und feuchten Flecken aus, die an unverständliche Hieroglyphen erinnerten. Ein Stahltor mit einem neuen Vorhängeschloss versperrte den Ausgang. Dahinter noch mehr Beton und der ferne, orangefarbene Schein von Bayles Lampe. Die Fesseln hatte er ihr abgenommen. Mit großer Anstrengung hob sie die Hände, betastete ihren Hinterkopf. Als sie ihre Finger betrachtete, haftete daran geronnenes, klebriges Blut. Sie hatte eine Beule am Kopf, und Kate fragte sich unwillkürlich, ob der Schädelknochen gebrochen war. Sie versuchte sich aufzusetzen, bekam aber nur einen Hustenanfall.
Dann wurde das Licht heller, und sie vernahm Bayles Stimme, die erstaunlich sanft klang, was sie umso mehr erschreckte. »N un«, sagte er. »W en haben wir denn da? Ich kenne dich, Frau. Ich kenne dein Blut und deinen Geschmack. Wir sind uns im Dunkeln begegnet, und ich dachte, du gehörst zu denen und hättest es auf mich abgesehen. Habe ich dir unrecht getan?«
Kate schwieg, wäre am liebsten im Betonboden versunken. Biss sich auf die Unterlippe und rührte sich nicht, wartete darauf, dass das Tor sich öffnete, und nahm sich vor, Bayle anzugreifen. Sich zu wehren, zu kämpfen und zu flüchten.
»I ch hab dir unrecht getan, was, Frau?« Die Stimme tönte aus der nasskalten Dunkelheit hervor, verzerrt vom Echo. Ein Schuh scharrte über den Boden, und das Geräusch wurde von den Wänden zurückgeworfen. Ihr krampften sich die Eingeweide zusammen. »I ch hab dir unrecht getan. Ich habe zugesehen, als sie dich gefunden haben. Sie haben gedacht, ich wäre weg, aber ich war noch da. Der Tod macht mich bei Nacht unsichtbar. Er hüllt mich in den Schatten der Friedhofsstraße und verbirgt mich vor meinen Feinden. Sie haben dich gefunden, verschont, und sie haben dich nicht gekannt. ›Wer zum Teufel ist das? Glaubt ihr, sie arbeitet mit Bayle zusammen?‹« Kate begriff, dass er die Stimme eines von Thornes Mitarbeitern nachahmte. »› Keine Ahnung. Sie hat die ganze Aktion auffliegen lassen und White ganz schön das Gesicht ramponiert. Die hat was drauf.‹«
Das musste Knightly gewesen sein. Ein neuerlicher Stimmwechsel, jetzt sprach entweder Marquez ode r Thorne. »› Wir nehmen sie mit und flicken sie zusammen. Ihr Ausweis ist weg, aber Mulgrew kann ihr Gesicht und ihre Fingerabdrücke checken. Wir finden heraus, wer das ist, und dann reden wir mit ihr. Wenn sie für ihn arbeitet, kriegen wir vielleicht etwas Nützliches aus ihr raus. Wenn nicht, kann sie uns vielleicht sonst wie nützen.‹ ›Als Köder?‹ ›Wir wissen nicht, ob Bayle es noch einmal bei ihr probiert. Aber sollte es dazu kommen, klar. Whites gebrochenes Schlüsselbein lässt darauf schließen, dass wir vielleicht etwas mit ihr anfangen könnten. Mal sehen. Schafft sie in den Van.‹«
Ihre Panik ließ allmählich nach. Sie konnte wieder klarer denken, und ihre Konzentration kehrte zurück. »M ulgrew« war vielleicht ein weiterer Sirius-Lakai oder ein Cop. Wahrscheinlich ein Cop, es sei denn, die Firma hatte direkten Zugang zum NCPD -Netzwerk und zur Datenbank des FBI , doch dafür gab es bislang keine Belege. Sie waren auf Informanten angewiesen, und Kate wusste, dass es bei der Polizei eine ganze Menge davon gab. Außerdem kam ihr der Name irgendwie bekannt vor …
»S ie haben dich mitgenommen, Frau. Haben dich an sich herangelassen, und ich glaube, sie haben dich zu einer der ihren gemacht. Aber ist das wirklich so? Oder weißt du gar nicht, mit wem du es zu tun hast? Und hättest du dich ihnen angeschlossen, wenn du es gewusst hättest? Sie werden nach dir
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