Das Areal: Thriller (German Edition)
die Namen aller Toten, die man im Keller der Nadel gefunden hat. Und ich weiß jetzt, was passiert ist, soweit man das überhaupt wissen kann. Hab mit allen möglichen Leuten geredet.«
Als Ghost nach der Liste greifen wollte, zog er sie unvermittelt zurück. Sagte: »W eshalb kümmert dich das überhaupt? Ein Mädchen, das zwei Jahre lang im Tower war, interessiert sich auf einmal für einen Haufen Leute, die sie gar nicht kennt?«
»I ch nehme Anteil, weil er Anteil nimmt«, erwiderte sie und zeigte mit dem Daumen auf Turner. Streckte die Hand nach dem Zettel aus. Chapel sah aus, als wollte er sie noch länger hinhalten, doch etwas in Ghosts Gesichtsausdruck veranlasste ihn, ihr die Liste zu geben.
»U nd die Information?«, fragte sie.
»D u hast dich verändert, Mädchen«, sagte er. »F rüher warst du mal eine von uns …«
»U nd du bist immer noch der Alte.« Ghost klang bedrückt, wegen ihm und wegen ihr selbst. Sie reichte Turner die Liste und trank einen Schluck Tee. Verzog das Gesicht, ließ die Tasse stehen. Turner überflog die Namen.
»D ie Toten haben am ersten Juli an einer Versammlung in der Nadel teilgenommen. Nicht alle, die eigentlich teilnehmen wollten, sind auch hingegangen. Es ging um mehrere erkrankte Kinder. Die Erste, die nach ihnen sehen wollte, war die Frau von Tom Brigham, der bis zum Morgen nicht heimgekommen war. Sie hatte sich nachts um ihr Baby gekümmert. Jedenfalls meinte sie, in der Nadel sei niemand gewesen. Im Keller hat sie nicht nachgesehen. Sie hat überlegt, ob sie vielleicht woanders hingegangen waren, um irgendwas zu klären. Auch andere Leute machten sich Sorgen, aber bis zum Mittag hatte man die Kirche verschlossen, und es standen Aufpasser davor, die sie davon fernhielten. Da wussten sie, dass ihre Angehörigen nicht wiederkommen würden. Einer wollte rausbekommen, wer diese Leute waren. Er verfolgte einen ihrer Vans bis zu einer Schule in der Verrilli Street, sah, dass da eine große Sache im Gange war, und verzichtete auf weitere Nachforschungen. Ich glaube, er hatte Angst.« Er aß die letzten Nudeln und stellte die Schale auf den Tisch. »D ie Leichen dieser Typen sind ebenfalls verschwunden. Nachdem man die Nadel geräumt hatte. Alle sind weg; die Kirche ist völlig gesäubert. Man könnte meinen, sie wären niemals da gewesen. Jemand hat mir gesagt, die Straßen würden mit Kameras überwacht, vielleicht auch die Tunnel. Aber der hatte vermutlich nur Paranoia.«
»A lso war die Kirche offen, als Mrs Brigham dort nachgesehen hat?«, fragte Turner. »D ie Typen waren noch nicht da?«
Chapel schüttelte den Kopf. »D ie sind erst eine Weile später aufgetaucht.«
»D as war Stunden später. Die Leute im Keller waren alle tot, aber das Gebäude wurde erst am nächsten Tag zugesperrt?«
»I ch weiß nur, was ich weiß. Das ist alles.«
»A ber du bist dir sicher? Das könnte nämlich wichtig sein.«
»I ch weiß nur, was ich Ihnen gesagt habe«, erwiderte Chapel gereizt. »W enn Sie mehr wissen wollen, heuern Sie doch ein Scheißmedium an. Ich habe Ihnen einen Gefallen getan, Mann. Wenn ihr mehr wissen wollt, bewegt euren Arsch. Aber das ist vielleicht zu viel verlangt von einem Toten und seinem Gespenst, häh? Vielleicht wolltet ihr bloß nicht ertappt werden? Ihr braucht Leute wie mich, weil ihr sonst niemanden habt, der euch helfen würde.«
»H ey, beruhig dich. Ich hab ja nur gefragt. Du hast das gut gemacht.«
Chapel beachtete Turner nicht, wurde abweisend, machte dicht. Wandte sich wieder Ghost zu. »W o wohnst du denn jetzt, wenn du nicht mehr im Tower bist? Hast du nicht versucht, wieder nach Hause zu gehen?«
»I ch hab einen Palast am Fluss«, entgegnete sie giftig. »M it Hubschrauberplattform und einer Mauer aus beschissenem Gold. Solltest du die Informationen an jemanden weiterverkaufen wollen, wirst du schon sehen, was du davon hast.«
»H ör mal, Ghost, ich wollte dich nicht …«
»S cheiße, Chapel. Als wir Kinder waren, hab ich dich für einen schlauen Burschen gehalten. So scheißcool und clever. Aber jetzt bist du genauso ein Arsch wie Rudy und die anderen Idioten, mit denen wir aufgewachsen sind. Du glaubst, nur weil ich im Tower war, hätte ich mich verändert, oder du könntest mich behandeln wie einen Haufen Scheiße oder so tun, als würden wir uns gar nicht kennen. Verpiss dich. Es tut mir leid, dass ich dich um Hilfe gebeten habe.«
Er setzte zu einer Entgegnung an. Dann besann er sich auf seinen Stolz, stand auf und ging.
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