Das Arrangement
was es sie wohl gekostet hatte. Womöglich schuldete ihr noch jemand einen Gefallen. Sie besaß durch ihre Wohltätigkeitsarbeit weitreichende Beziehungen zu zahlreichen Persönlichkeiten in der Kosmetik- und Modebranche und selbst im Showgeschäft. Vielleicht hatte sie ja auch mit jemandem vögeln müssen.
Mit Palmer? Ein untersetzter bisexueller Millionär mit Hautproblemen? Er wollte schon amüsiert auflachen, aber das verging ihm schnell wieder. Nicht mal die Vorstellung von seiner Mutter in dieser erbärmlichen Situation konnte ihn erfreuen. Inzwischen war er es fast schon gewohnt, dass sie seine Pläne durchkreuzte, so richtig aufregen konnte ihn das schon gar nicht mehr. Es war sozusagen sein Geburtsrecht. Nichts, was er jemals in Angriff genommen hatte, war in den Augen seiner Mutter gut genug gewesen. Und so würde es immer bleiben.
“Keine weiteren Fragen jetzt”, sagte der Fotograf. “Sonst ist das Licht verschwunden.”
“Idiot”, murmelte Bret und fügte im Gehen hinzu: “Ich hoffe, die verdammte Sonne geht gleich unter.”
Bret hatte schon wieder sein ihm eigenes Lächeln zurückgewonnen, als er an dem verbeulten Familienauto ankam und die Tür öffnete. Der Kombi war für ihn das Letzte. Seine Mutter erlaubte ihm jedoch nicht, einen anderen Wagen zu fahren, weil sie meinte, er würde sie ständig zu Schrott fahren. Und er hatte natürlich nie Geld für die Reparaturen. Verdammter Mist, wenn sie sich nicht immer in sein Leben einmischen würde, hätte er das Geld, um seine eigene Limousine zu kaufen.
Kurz darauf saß er in dem ledernen Schalensitz, brachte den Motor auf Touren und lachte. Seine Mutter musste sich ja in diesem Fall echt ins Zeug gelegt haben. Wahrscheinlich wollte sie verhindern, dass er am Wochenende auf dieser todschicken Party allen von seinem neuen Job erzählte.
Wieder stieg der Ärger in ihm auf, aber damit konnte er sich jetzt nicht befassen. Wutanfälle kosteten zu viel Energie. Und auf eine merkwürdige, verdrehte Art war er sogar froh. Er hatte sowieso gar keine Zeit für diesen idiotischen Modeljob. Er hatte einen größeren Fisch an der Angel, um den er sich kümmern musste.
Arme Julia. Sie hätte ihm diesmal nicht wieder dazwischenfunken sollen. Sie und ihre heiß geliebte Tochter würden sich bald gegenseitig trösten müssen, denn wenn er erst mal mit ihnen fertig war, würde niemand anderes mehr zu ihnen stehen. Sie würden nur noch einander haben. Während sie in der Hölle schmorten.
Die “Bull's Head Tavern” war eine dunkle Kneipe mit niedriger Decke und einer massiven altmodischen Spiegelwand hinter der Bar. Das Lokal roch, als hätte jemand auch noch seine Rinder mitgebracht. Wahrscheinlich lag das an den Sägespänen auf dem Boden und dem Gestank, der von dem überquellenden Müllcontainer in der Gasse vom Hinterausgang hereinströmte. Doch das änderte nichts daran, dass die Schenke eines der beliebtesten Lokale in Mirage Bay war. Hier traf man sich nach Feierabend gerne auf ein Bier. Wenn es richtig voll wurde, drängelten sich die Leute an manchen Abenden sogar draußen auf dem Gehweg und warteten, dass man sie einließ.
Glücklicherweise war es relativ ruhig, als Tony gegen sechs an diesem Abend hereinschneite. Er kam nicht hierher, um sich zu amüsieren. Er hatte ein Zielobjekt, und er entdeckte sie sofort. LaDonna Jeffries saß allein am Ende der Bar, kratzte abwesend den roten Lack von einem ihrer langen Fingernägel und schien nicht besonders an ihrem Bier interessiert zu sein. Wahrscheinlich bekam sie nicht mal mit, dass sie ihre Maniküre zerstörte. Ihr Blick war auf das Handy gerichtet, das stumm vor ihr auf dem Tresen lag, und das änderte sich auch nicht, als Tony sich auf den freien Barhocker neben sie setzte.
Sie rückte, ohne zu ihm hinzusehen, zur Seite. Offensichtlich wollte sie mit niemandem sprechen. Schon ein etwas anderer Empfang als bei ihrem letzten Zusammentreffen. Damals hatte er das Gleiche von ihr gewollt. Informationen. Doch sie hatte ihm noch viel mehr angeboten.
Er betrachtete ihre braunen Locken und was er von dem abgewandten Profil erkennen konnte. Etwas war nicht in Ordnung in der LaDonna-Welt. Ein Typ bestimmt. Ihrem Ruf nach zu urteilen, musste es ein Typ sein. Manche Leute trugen ihre Probleme wie Namensschilder auf der Stirn. Machten ihr Innerstes für jeden verfügbar – und das viel zu billig.
“Entschuldigung”, sagte Tony. “Ich suche Alison Fairmont. Hast du sie vielleicht gesehen?”
LaDonna
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