Das Aschenkreuz
es deswegen einen heftigen Streit gegeben.»
«Ach herrje!»
«Da ist noch etwas. Der Hannes wollte mir was Wichtiges zeigen, er war plötzlich ganz aufgeregt. Er meinte, er habe etwas ganz Ungeheuerliches entdeckt.»
«Hatte es mit dem Ratsherrn zu tun?»
«Ich weiß es nicht. Am nächsten Tag nämlich war er tot.»
In diesem Augenblick sah Serafina den Priester mit den beiden anderen Mönchen gemächlich den Weg herunterschreiten. Gleich darauf blieben sie stehen. Sie schienen miteinander zu streiten.
Auch Jodok hatte die Männer entdeckt und begann zu zittern.
«Bleib hier im Schatten des Baumes, bis sie vorbei sind. Sie brauchen uns nicht zusammen sehen. – Hast du Angst vor den Brüdern?»
«Ich weiß nicht – Bruder Immanuel ist so seltsam zu mir, seitdem Hannes tot ist. Er lässt mich nicht aus den Augen, klebt an mir wie eine Klette, wenn ich in der Kapelle bin.»
«Und die anderen?»
«Pater Blasius ist manchmal ganz niedergeschlagen, von einem Moment auf den andern. Dabei war er früher immer so lustig mit uns Ministranten. Aber Bruder Rochus, der Sankt Peter und Paul als Küster betreut, der ist in Ordnung.»
Serafina nickte. «Den kenne ich flüchtig. Sein Vater ist sehr krank.»
Die Männer setzten sich wieder in Bewegung.
«Am besten versteckst du dich hinter dem Baumstamm. Ich geh jetzt besser. Behüt dich Gott, mein Junge.»
«Euch auch, Schwester Serafina. Versprecht Ihr mir, dass Ihr niemandem erzählt, was ich Euch anvertraut habe? Ich käme in Teufels Küche.»
«Ich versprech’s dir.»
Eilig setzte sie ihren Weg fort, um Heiltrud einzuholen. Mit einem unguten Gefühl allerdings, denn sie wusste nicht, ob sie ihr Verspechen würde einhalten können. Was indessen Diebold betraf, war sie mit ihren Schlüssen wohl doch etwas zu voreilig gewesen.
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Kapitel 13
A m nächsten Morgen beendete die Meisterin wie üblich ihre gemeinsame Mahlzeit mit der Frage: «Was steht an für heute?»
«Jemand muss für die Beutlerwitwe aus der Schneckenvorstadt einkaufen und das Essen zubereiten», meldete sich Mette zu Wort. «Ihr Fuß schmerzt wieder stärker. Ich kann’s nicht machen, weil ich bis heute Nachmittag die Kerzen für Sankt Peter fertig haben muss.»
«Wie lang brauchst du eigentlich für ein paar Kerzen?», stichelte Heiltrud. «Hättest die nicht schon letzte Woche hinbringen sollen?»
«Da hatte ich den Gliederschwamm in den Händen», entgegnete Mette. Ihr faltiges Gesicht wirkte verlegen.
«Es steht dir nicht zu, Mettes Arbeit zu beurteilen», wies die Meisterin Heiltrud zurecht. «Sie gibt ihr Bestes, wie jede von uns. Das mit der Beutlerwitwe sollen Adelheid und Grethe übernehmen.»
Adelheid verzog ihr hübsches Gesicht. «Aber ich hatte den Snewlins versprochen, bis Sonntag das Bildchen mit der Schutzmantelmadonna zu malen. Außerdem: Warum kümmern sich eigentlich nicht endlich mal ihre Enkel um sie? Die beiden Engelsköpfchen lungern den ganzen Tag herum, und freitags, bei der Blutwundermesse, kehren sie neuerdings den frommen Max heraus.»
Serafina hatte aufgehorcht. «Die Ministrantenzwillinge sind die Enkel der Beutlerin?»
«Aber ja. Verwöhnte Muttersöhnchen sind das.»
Bevor Serafina weiter nachhaken konnte, hatte die Meisterin wieder das Wort ergriffen.
«Das hat uns alles nichts anzugehen. An deinem Andachtsbild kannst du morgen weitermalen, Adelheid. Heute gehst du mit Grethe der Beutlerin zur Hand.»
«Sollte heut nicht jemand nach dem alten Amman sehen?», fragte Heiltrud.
«Das wird nicht mehr nötig sein.» Catharina lächelte. «Er hat jetzt einen Platz im Heilig-Geist-Spital. Sogar als Herrenpfründner.»
«Woher hat der denn so plötzlich das viele Geld für den Einkauf ins Spital?», entfuhr es Serafina.
«Sein Sohn hat es wohl aufgetrieben.»
«Bruder Rochus?»
Die Meisterin nickte. «Ja, der Wilhelmit.»
Serafina wunderte sich hierüber nicht wenig. Dann fiel ihr ein, was sie bei ihren Erkundigungen über Diebold herausgehört hatte.
«Der Pfefferkornin soll es sehr schlecht gehen. Sie ist wohl der Melancholie verfallen. Ich finde, wir sollten sie nicht allein lassen in ihrem Kummer.»
«Das haben bereits die Lämmlein-Schwestern übernommen. Warum auch immer.»
Heiltrud und Serafina sahen sich überrascht an. Die Frauen vom Regelhaus Zum Lämmlein waren nicht gerade dafür bekannt, ihren Tag mit Seelsorge zu verbringen. Vielmehr setzten sie ihren Arbeitsfleiß zum Broterwerb mit Weben ein und hatten in ihrem
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