Das Attentat - 0
des Imperators. Im Buntglas der Spitzbogenfenster sah er das Bildnis der Heiligen Sabbat zwischen all den Würdenträgern. Mkoll und Beltayn blieben zurück.
»Wie kann das hier sein?«, fragte Mkoll.
Beltayn antwortete nicht. Er wusste, wo er war, und die Vorstellung erfüllte ihn mit solcher Furcht, dass er kein Wort herausbekam.
»Na«, murmelte eine Stimme aus der Dunkelheit. »Da sind Sie ja endlich.«
Sie war so wie beim letzten Mal: sehr alt und blind. Ein Tuch aus schwarzer Seide war in Augenhöhe um ihren Kopf gewickelt. Ihr silbernes Haar lag eng am Kopf an. Das Alter hatte sie gebeugt, aber in aufrechter Haltung wäre sie größer als Gaunt gewesen.
Ihre rot-schwarzen Gewänder waren unverkennbar.
»Schwester Elinor«, sagte Gaunt. »Wir sehen uns also wieder.«
»Das tun wir, Ibram.«
»Das hier sieht aus wie die Kapelle des Heiligen Lichts im Überfluss von Veniq«, sagte er.
»Sie ist es.«
»Ich dachte, die wäre auf Aexe Cardinal, also ziemlich weit weg von hier.«
»Früher war sie das auch«, sagte Elinor Zaker. »Aber jetzt schon lange nicht mehr, nicht einmal bei Ihrem letzten Besuch dort. Sie existiert jetzt nur noch als eine Erinnerung, eine Erinnerung, in der ich wohnen kann.«
Beltayn ächzte leise. Mkoll blinzelte ein paarmal.
»Jemand hört das nicht gern«, sagte sie, während sie den Kopf neigte. »Sie sind nicht allein?«
»Diesmal sind wir zu dritt. Ich, Beltayn und der Anführer meiner Späher.«
Sie setzte sich auf eine der Bänke, indem sie mit einer Hand den Weg ertastete und sich mit der anderen auf ihren Stock stützte. »Also … sind wir schon auf Herodor?«, sagte sie. »Ist es schon so spät geworden?«
»Ja«, sagte Gaunt. »Und die Gefahr ist groß. Können Sie uns leiten?«
Sie ließ sich gegen die steife Banklehne sinken. »Die göttlichen Mächte gestatten mir nur Ratschläge. Aber die Situation hat sich seit unserem letzten Gespräch zugespitzt. Kräfte und Elemente, die das Tarot nicht vorhergesehen hat, sind ins Spiel gebracht worden. Um das auszugleichen, wurde mir gestattet, noch einmal mit Ihnen zu reden.«
»Sie haben schon zuvor versucht, Kontakt aufzunehmen. Ich entschuldige mich dafür, die Zeichen übersehen zu haben. Ich war beschäftigt.« Er hielt kurz inne. »Von wem gestattet?«
Sie wandte den Kopf in seine Richtung. Es war die flüssige Bewegung eines Menschen, der das Tragen eines Helms mit Zielsensoren gewöhnt war. Wie bei ihrer ersten Begegnung hatte Gaunt das Gefühl, als ziele sie auf ihn.
»Den göttlichen Mächten. Ihr Name kann nicht ausgesprochen werden, denn er strahlt zu hell.«
»Dann sprechen Sie, Schwester«, sagte Gaunt. »Die Zeit drängt. Die Beati ist bei mir, aber sie könnte durch die Hand des Erzfeindes den Tod finden. Keine Rätsel mehr.«
Elinor Zaker fuhr zusammen. »Sie ist bei Ihnen?«
»Ja«, sagte Gaunt.
Sie lächelte dünn. »Ach, mein Gott-Imperator, endlich …«
»Es bleibt so wenig Zeit …«, drängte Gaunt.
»Der Mechanismus ist heikel …«
»Seien Sie still!«, fauchte Gaunt. Die Kraft seiner Stimme ließ Beltayn zusammenfahren. Mkoll betrachtete die Szene fasziniert mit zusammengekniffenen Augen. Er hatte schon zuvor Visionen gehabt – und noch wichtiger, akzeptiert.
»Ich habe jetzt genug von diesem vagen Gerede und diesem rätselhaften Unsinn!«, schnauzte Gaunt. »Sagen Sie es mir! Sagen Sie es mir einfach! Wenn Sie mir helfen können zu gewinnen, helfen Sie mir! Wenn nicht, warum haben Sie mich dann überhaupt in diesen Unfug hineingezogen?«
Sie antwortete nicht.
»Schwester?«
Sie verschränkte die Hände im Schoß. »Sie haben sich selbst hineingezogen, als Sie der Beati auf Hagia gedient haben. Sie haben sich selbst hineingezogen, als Sie Brin Milo vor den Feuern Taniths bewahrt haben. Sie haben sich selbst hineingezogen, als Sie Kriegsmeister Slaydo dabei zugehört haben, wie er über die Schlachten aus dem Zeitalter Sabbats erzählte, und dann Ihren Bluteid schworen, sein Werk zu vollenden. Sie haben sich schon lange vor Ihrer Geburt selbst hineingezogen, vor der Geburt Ihrer Vorfahren, denn Sie und Ihre Geister sind ein kleiner Teil einer manifesten Bestimmung, deren Dimension so gewaltig ist, dass von hier aus, nicht einmal auf diesem Höhepunkt, weder der Anfang noch das Ende zu sehen ist.«
Gaunt schluckte. »Ich verstehe«, stammelte er.
Sie nickte ihm zu. »Ich weiß, Sie tun es nicht. Mehr als das Folgende brauchen Sie auch nicht zu verstehen, um Ihren Teil
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