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Das Auge der Seherin

Das Auge der Seherin

Titel: Das Auge der Seherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Victoria Hanley
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Oberkönig danke ihnen für ihre Freundlichkeit, der Oberkönig habe bereits ein Bett, das auf ihn warte.
    Dahmis und Larseid galoppierten nach Süden zum Lager und überließen es den Wachen, die Menschen zu beruhigen und von ihnen fern zu halten. Der Mond leuchtete den beiden Männern den Weg. Dahmis kämpfte gegen Wellen von Müdigkeit an, die ihn überschwemmen wollten.
    Als die Stadt hinter ihnen lag, brachte der König sein Pferd zum Stehen.
    „Wir reiten nicht zum Lager", erklärte er außer Atem. „Wir reiten zu Bellanes. Ich muss mit ihm sprechen. Allein."
    „Ist er denn noch in der Nähe?"
    „Ungefähr acht Kilometer von hier." Dahmis erklärte Larseid den Weg und bat ihn sein Pferd zu führen. Der General nickte und band die Zügel zusammen.
    Dahmis erwachte aus einem totenähnlichen Schlaf. Sanfte, starke Hände hoben ihn aus dem Sattel und legten ihn auf den Boden. Er öffnete die Augen und sah den Sternenhimmel über sich. Er wusste nicht, wo er sich befand, spürte nur eine bohrende Sorge wie einen pochenden Kopfschmerz.
    „Seid Ihr wach, Herr?" Diese Stimme kannte er. Die wohltönende Stimme von Bellanes. Warum war Bellanes bei ihm, mitten in der Nacht? Dann erinnerte er sich. ,Ja, ich bin wach."
    „Larseid sagt, es gäbe etwas Dringendes?"
    Dahmis räusperte sich. „Schon wieder brauche ich Eure
    Hilfe."
    „Sprecht." Bellanes ließ sich vor ihm nieder. Dahmis massierte sich den Nacken. „Es betrifft eine Frau." Als er Bellanes Gesicht sah, hob er die Hand. „Nein, nicht was Ihr denkt. Diese Frau hat mir lange Zeit geholfen, und durch mich hat sie auch den anderen Königen geholfen." Mit wehem Herzen dachte er an Vineda. Solch trotziger Verstand, solch liebreizende, zornige Augen, solch prachtvolles Haar waren ihm nie zuvor begegnet. „Habt Ihr nicht die Gerüchte über die Wahrsagerin gehört, die sich gegen mich gewandt haben soll?" Dahmis kniff die Augen zusammen, um das ruhige Gesicht seines Gegenübers besser sehen zu können. Bellanes schüttelte den Kopf. „Nein, Herr. Eine Wahrsagerin, die sich gegen Euch gewandt hat?" „Anscheinend hasst sie König Vesputo. Nachdem er dem Bündnis beigetreten war, hat sie mir ihre Hilfe verweigert. Und jetzt heißt es, sie habe den Sliviitern Informationen zugespielt."
    Bellanes runzelte die Stirn. „Informationen? Welche Art von Informationen?"
    Der Oberkönig blickte zu den fernen Sternen empor und spürte einen kühlen Lufthauch im Gesicht. „Sie kann Dinge sehen, die passieren, selbst wenn sie nicht zugegen ist. Sie sieht sie in ihrer Kristallkugel. Sie kann sogar in die Zukunft sehen."
    Im Mondlicht wurde Bellanes' Gesicht weiß wie eine Muschel am Strand. „Eine Seherin?" Er bohrte die Hände in den Boden, als müsse er dort Halt suchen. „Ich habe einmal jemanden gekannt..."
    Dahmis sah den jungen Mann scharf an. „Ihr kennt diese Frau?"
    „Nein", antwortete Bellanes heiser, „die, die ich kannte, ist seit Jahren tot."
    „Ich verstehe Euch nicht, was ist los?" Dahmis legte seinem Freund die Hand auf die Schulter. „Wie heißt diese Seherin?" „Vineda."
    Bellanes schüttelte den Kopf. „Verzeiht. Die Erwähnung einer Seherin ... natürlich, es gibt auch noch andere. Woher kommt sie?" „Aus Desante."
    „Und was soll ich für Euch tun?", fragte Bellanes wieder ruhiger.
    Dahmis streckte sich, um die Müdigkeit von sich abzuschütteln. „Die Könige wollen, dass sie stirbt. Sie sagen, sie wüsste zu viel, wegen ihrer Gabe als Seherin und weil sie die Könige beraten hat." „Und Ihr?"
    „Ich habe zugestimmt."
    Die Augen des jungen Mannes flackerten angewidert auf.
    „Ihr bittet mich tatsächlich für Euch zum Attentäter zu werden? Eine Frau zu ermorden?"
    „Nein, mein Freund. Ich habe mein Einverständnis nur vorgetäuscht. Es war nötig, um ihr Leben zu retten. Ich habe den Königen gesagt, als Seherin würde sie ihrer Gefangennahme womöglich entgehen. Aber das stimmt nicht. Ihre eigene Zukunft kann sie nicht sehen." „Herr, verzeiht mir. Ich - was soll ich tun?" „Gebt ihr sicheres Geleit ins Exil. Doch bevor Ihr zustimmt, Bellanes, müsst Ihr eins wissen. Sie wird nicht freiwillig mit Euch kommen. Sie ist sehr stolz und lehnt jede Hilfe ab. Außerdem wird jeder der Könige versuchen, die anderen auszustechen und seine erfahrensten Krieger ausschicken. Vesputo hat angedeutet, wo sie zu finden ist. Ich befürchte, er weiß genau, wo sie wohnt."
    Bellanes lächelte düster. „Wieviel Zeit habe ich?" „Der Rat hat sich

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