Das Auge der Seherin
unbeschwertes Lachen, wie Andris es noch nie von ihm gehört hatte. „Ich würde eher sage, was Ihr vollbracht habt, ist nahezu unmöglich. Das Bündnis zwischen den Königreichen, die freien Handelsbeziehungen ..."
Dahmis lächelte. „Ich bin froh Euch wiederzusehen." Bellanes verbeugte sich und überreichte den Siegelring von Archeld dem Oberkönig. „Vesputos Ring."
„Wie habt Ihr das fertig gebracht?", wollte Dahmis wissen und nahm den Ring entgegen.
Wieder erklang das leichte, freie Lachen. „Mein Herr, wir haben nicht vereinbart, meine Geheimnisse zu offenbaren. Ich überbringe den Schatz ungeöffnet, das reicht."
Erstaunt sah Andris, dass der König sich respektvoll vor dem Mann verbeugte, der ihm gerade widersprochen hatte.
Bellanes drehte sich zu einem Schneehaufen um und
befreite mit schnellen Bewegungen den stählernen Kasten. Dahmis beugte sich vor und berührte ihn. „Das ist die Kiste", sagte er ehrfürchtig und erhob sich. „Nennt Euren Preis."
Andris beobachtete, wie sein Anführer verlegen von einem Fuß auf den anderen trat. „Wir haben schon einen Betrag vereinbart."
Ja, doch damals habe ich nicht geglaubt, dass Ihr es wirklich schaffen würdet." Bellanes starrte auf seine Stiefel.
„Los, Mann", sprach jetzt General Larseid, „Ihr habt uns einen unbezahlbaren Dienst erwiesen. Ihr habt das Recht, eine Belohnung zu fordern." „Auch die Belohnung, die ich mir wünsche, ist unbezahlbar." „Nennt sie."
Bellanes schluckte und Andris sah, wie seine Augen feucht wurden. „Eure Freundschaft." Der König legte Bellanes eine Hand auf die Schulter. „Bellanes, ich bin Oberkönig über Tausende. Die Menschen kommen zu mir, weil sie um meine Gunst werben, meinen Schutz suchen oder einen Schlichter für ihre Streitigkeiten brauchen. Meine Freunde kann ich an zwei Händen abzählen. Jeder von ihnen ist mir mehr wert als alle Königreiche." Er machte eine Pause. „Es ist mir eine Ehre, Euch Freund zu nennen." Andris sah die glitzernden Augen seines Anführers, das zustimmende Nicken des Generals und das strahlende
Lächeln des Königs. Er sah, mit welcher Selbstverständlichkeit sich sein Herr zwischen diesen großen Männern bewegte.
Und er hatte das Gefühl, Zeuge eines bedeutenden Ereignisses zu sein.
Die Pyramide wurde zum Karren geschafft und mit Stroh zugedeckt. Der Oberkönig erklärte sich bereit, Vesputos graue Hengste zu verstecken, da sie sicherlich vermisst und gesucht würden.
„Und nun zu Eurer Bezahlung", sagte Dahmis und überreichte Bellanes die Zügel der beiden braunen Hengste. „Kein anderer in meinem Königreich hat mich bisher bewegen können, mich von diesen edlen Tieren zu trennen, Bellanes."
Als Andris hörte, dass er ein eigenes, hochklassiges Pferd bekommen sollte, dachte er voll Dankbarkeit an den Tag, als er den Schaukampf in Desante verloren hatte.
Schweigend starrte König Dahmis in das lodernde Feuer. Neben ihm saßen Larseid und Michal und spielten Schach.
„Ha!", rief Michal triumphierend. Jetzt habe ich dich, General."
„Wirklich?", entgegnete Larseid. „Immer zu Diensten, lieber Michal. Aber diesmal habe ich dich geschlagen. Schachmatt."
Michal gaffte auf das Schachbrett und protestierte, Larseld sei im Vorteil, weil er General sei. „Noch ein Zug und ich hätte dich geschlagen!" Dahmis lachte.
„Aus diesem Grund befehligt Larseid meine Truppen. Sein letzter Zug kommt immer vor dem letzten Zug des Feindes."
„Halt du dich da heraus, Dahmis", sagte Michal verärgert. „Du bist so verdrießlich. Der Platz am Kamin ist gerade Recht für dich."
„Verdrießlich nennst du mich? Ich möchte nur in Ruhe nachdenken."
„Nachdenken? Worüber denkst du denn nach?" „Ich kann es mir denken", sagte Larseid. „Der General hat gesprochen! Er kennt die Gedanken seiner Gegner wie seiner Freunde! Und er besiegt sie, wenn sie es am wenigsten erwarten." „Larseid kennt meine Gedanken nicht", erwiderte Dahmis verärgert.
„Er denkt an das Schwert von Bellandra", sagte Larseid.
Überrascht richtete Dahmis sich auf. „Beeindruckend, General."
„Er überlegt, ob er es im Kampf gegen die Sliviiter einsetzen kann."
Dahmis seufzte. „Du hast es fast erraten, Larseid, aber nicht ganz."
Michal lachte. „Ein Fehler in der unfehlbaren Strategie unseres Generals?"
„Es tut mir nur Leid, dass das Schwert von Bellandra nicht mir gehört."
„Es heißt, es sei eine mächtige Waffe", sagte Larseid.
„Vielleicht stimmen die sagenhaften Mythen um
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