Das Band der Magie
Katapultgeschossen zerschmettert worden. Zwischen all dieser Zerstörung huschten die Geister umher.
Erdgeister rollten die gewaltigen Trümmerhaufen zur Seite, Zentimeter für Zentimeter, Luftgeister stemmten sich gegen Holzbretter, um sie an den Rand zu schleppen und Wassergeister schwemmten vorsichtig Stein um Stein zur Seite.
Wie lange sie das wohl schon taten? Waren sie etwa schon seit zehn Jahren damit beschäftigt?
Die rechte Seite der Festung hatten sie bereits aufgeräumt. Die zerfetzten Hölzer und Steine bildeten jetzt eine Art zweite Mauer vor der kaputten. Dadurch war ein freies Feld entstanden, auf dem …
Mir stockte der Atem, als ich es erkannte.
Kapitel 22 - Geistertanz
Die Geister hatten dort Gräber ausgehoben, eines neben dem anderen. Manchmal war ihr Hang zum Chaos durchgebrochen, denn ab und zu war ein Grab mal schräg zu den anderen angelegt worden, aber ansonsten hatten sie einen ordentlich organisierten Friedhof erschaffen.
Und über jedem einzelnen Grab schwebte ein Feuergeist, der als leuchtender Funken eine Art Grablicht bildete.
Keelin fegte es geradezu von den Pfoten. Er musste sich erst mal setzen.
Als die Geister unsere Präsenz spürten, verharrten sie in der Bewegung. Die durchsichtigen Luftgeister spürte ich nur, aber die Erdgeister hörten auf zu buddeln und die Wassergeister ließen vor Schreck sogar ihre Tropfen los.
Ein lebendiges Wesen hatten sie wohl schon seit einem Jahrzehnt nicht mehr gesehen.
Ich hob nervös die Hand und winkte, weil mir nichts Besseres einfiel.
Ein kleiner Wassergeist schwebte in seiner Tropfenform zu mir herüber. Er waberte einen Moment prüfend vor meinem Kopf herum, dann zischte er davon – und der Rest der Geister begann wieder mit der Arbeit. Sie hatten uns wohl als ungefährlich eingestuft.
Wir verharrten bestimmt eine halbe Stunde an Ort und Stelle und sahen den Geistern staunend zu. Jeder Geist für sich allein kam nur unendlich langsam voran, aber sie alle zusammen waren eine gewaltige Kraft.
Irgendwann wurde es Meeha langweilig, nur dazuhocken und zu glotzen, und sie sprang los, runter vom Geröll des zweiten Durchbruchs, rüber zu den Gräbern.
Sie schnüffelte an einem, dann an einem anderen. Ich hatte keine Ahnung, was sie da machte. Also blickte ich Keelin fragend an.
„Und was jetzt?“, fragte ich, aber Keelin beachtete mich nicht. Er schien meilenweit fort zu sein. Eine ganze Weile ließ er seinen Blick über die Hügelgräber gleiten, dann stand er langsam auf und schlurfte los.
Ich haderte mit mir, ob ich ihm folgen sollte. Das ganze Bild machte mir Angst: Dass Geister so etwas taten, war eigentlich jenseits meiner Vorstellungskraft. Und dass unter all diesen Gräbern ein Mar vergraben lag … mein Magen drehte sich leicht.
Alleine wollte ich jedoch nicht zurückbleiben, also folgte ich Keelin zögernd. Er hatte an Tempo zugelegt, trabte jetzt die erste Grabreihe entlang. Die Geister verharrten abermals vor Schreck.
Ich tippelte auf Zehenspitzen hinter ihm her. Irgendwie fühlte sich alles wie geweihte Erde an und ich wollte sie nicht beschmutzen.
Die Geister hatten die Gräber in mehreren Quadraten angelegt, dazwischen waren die Gänge ein bisschen breiter. Hier huschte jetzt Keelin aufgeregt hin- und her, verharrte aber ganz plötzlich.
Weil ich Schlimmstes ahnte, beeilte ich mich, zu ihm rüberzukommen. Auch Meeha blickte von der anderen Seite zu ihm und lief los.
Wir kamen etwa gleichzeitig an.
Der Feuergeist, der über diesem Grab Wache hielt, flackerte nervös. Ich sprach ihn daher beruhigend an: „Keine Sorge. Wir wollen hier nichts zerstören oder euch bei eurer Arbeit behindern. Wir kommen in friedlicher Absicht.“
Daraufhin flackerte der Geist nicht mehr ganz so hektisch, sondern funkelte nur noch. Er flammte aber gleich darauf hell auf, als sich Keelin ganz plötzlich in einen Mar verwandelte.
Sofort verharrten alle Geister und auch ich trat einen Schritt von ihm fort.
Er hockte auf Knien vor dem Grab und hatte eine Hand auf die nackte Erde gelegt, den Kopf gesenkt, sodass ich durch seine langen Haare auch sein Gesicht nicht sehen konnte.
„Mein Bruder“, sagte er leise. Als er den Kopf hob, blickte er den Feuergeist an. „Ich danke euch!“
Ich schwöre: Der Feuergeist errötete vor Freude, denn die kleine Flamme wurde auf einmal viel dunkler.
Meeha zerstörte den erhabenen Moment, indem sie auf das Grab kletterte. Ich wollte sie schon hastig herunter heben, aber da hatte sie
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