Das Band der Magie
nicht sofort anhältst!“, drohte ich. Das wirkte. Keelin wurde langsamer und blieb schließlich stehen.
Ich ließ mich mit klappernden Knochen von seinem Rücken gleiten.
Wir waren auf einer riesigen Wiese. Gras, wohin das Auge blickte, ab und zu mal ein kleiner Hügel, aber niemals höher als ich groß war. Ich sah eine Menge Hasen herum hoppeln und ein paar Waris in weiter Ferne.
Keelin nutzte die Pause, um sich platt auf die Erde zu werfen und alle Viere von sich zu strecken. Ich ließ mich neben ihn sinken.
„Wenn es hier eine Festung gibt, dann ist die aber noch ziemlich weit weg“, sagte ich erschöpft. Ich versuchte, mir meine verknoteten Haare aus dem Gesicht zu streichen, aber meine Finger zitterten zu heftig. Keelin sah das natürlich und leckte mir kurzerhand über das verschwitzte Gesicht.
„Bäh“, machte ich, aber immerhin war die Strähne fort. Ich weiß noch, dass ich Keelin schelten wollte, aber darüber hinaus muss ich wohl ohnmächtig geworden sein.
Die nächsten Stunden oder Tage vergingen im Nebel. Ich wachte immer mal wieder auf, weil mich Keelin winselnd anstupste, aber mein Hirn war überhitzt: Ich konnte das Fieber nicht mehr abschütteln.
So also mussten sich die Shadun gefühlt haben, als sie langsam und elendig verdurstet waren.
Der Nebel lichtete sich erst ein bisschen, als mich zwei kräftige Hände in die Höhe hoben. Keelin war also aus Verzweiflung wieder zum Menschen, pardon: Mar, geworden.
Er trug mich zu einem Bach und flößte mir Wasser ein. Das half ein wenig, aber nicht sehr viel. Immerhin kuschelte er in dieser Nacht mit mir. Er nahm mich so fest in die Arme, dass mir sogar das Atmen schwer fiel, aber natürlich hätte ich mich niemals darüber beschwert.
„Halte durch, meine Kleine“, flüsterte er immer wieder in mein Ohr. „Es ist nicht mehr so weit!“
Irgendwann fischte ich aus meinem verwirrten Hirn ein paar Wörter, um zu fragen: „Wie lange noch bis Alkamir?“
„Wir gehen nicht nach Alkamir. Das ist zu weit, das schaffst du nicht. Wir gehen jetzt direkt nach Hause.“
„Aber …“
„Kein Aber. Ich bin kein besonders guter Heiler und mit meinen Ideen am Ende. Wir brauchen Liah, die dich wieder gesund macht. Danach werden wir weiter sehen.“
Am nächsten Morgen versuchte er, mich wieder zu schultern, aber ich konnte mich nicht festhalten und entglitt immer wieder seinem Griff. Ich merkte, dass er verzweifelter wurde: Daran, dass er mich schließlich quer über den Nacken legte, an der Art seiner Bewegungen, an seinem keuchenden Atem, dem Schweiß auf der Haut.
Er musste seinen Griff immer wieder ändern, weil ich es nicht mehr ertragen konnte, so gehalten zu werden. Irgendwann bekam ich gar nichts mehr mit.
Wie lange er mich so schleppte? Ich habe keine Ahnung. Tag, Nacht, Tag, Nacht, es wurde ein Brei.
Doch dann veränderte sich etwas in seiner Körperhaltung. Er trug mich seit gut einer Stunde vorne in seinen Armen, für mich die bequemste Art zu reisen, für ihn ziemlich anstrengend. Doch jetzt sank er einfach in die Knie und bettete meinen Kopf an seine Schulter.
„Er kommt uns entgegen. Wir sind da, Aeri.“
Ich versuchte, in die Richtung zu blicken, in die er starrte, aber die Welt kreiselte so heftig, dass ich mich lieber wieder auf sein Kinn konzentrierte.
„Hast du Angst?“, fragte ich. Bei allen Geistern, war das meine Stimme?
Er blickte auf mich hinunter und gab mir einen Kuss auf die Stirn. „Ich habe Angst um dich. Große Angst.“
Das hatte ich zwar nicht gemeint, aber es schmeichelte mir.
Dann hörte ich Hufschlag, der näher kam. Ein Wari schien auf uns zuzurasen.
„Was siehst du?“
„Ich sehe … ich sehe …“ Seine Stimme brach, aber er lächelte. „Meinen Vater, der gerade im gestreckten Galopp auf uns zu kommt. Das arme Wari!“
Auch ich musste lächeln. Doch dann verging es mir, denn Keelin sagte: „Was auch immer jetzt passiert: Du musst wieder gesund werden, ja, Aeri? Versprich mir das. Halte dich an Liah. Sie ist zwar anstrengend, aber nicht so in die Regeln vernarrt wie all die anderen.“ Ich sah es in seinen Augen, ehe er es aussprach. „Ich kann noch nicht zurück. Nicht so. Es tut mir leid!“
Trotz Fieber waren meine Reaktionen verdammt schnell. Als er mich ins Gras gleiten lassen wollte, schlang ich meine Arme um seinen Hals und klammerte mich an ihm fest.
„Nein“, flüsterte ich mit aller Kraft, die ich noch hatte. „Verlass uns jetzt nicht so kurz vor dem Ziel!“
Keelin wollte
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