Das Band der Wünsche: Roman (German Edition)
Luxus gewesen.
Nichts konnte sein Verhältnis mit Tia rechtfertigen, außer dass er sich großartig gefühlt hatte, und dass er sich entschlossen hatte, sich dieses Vergnügen nicht entgehen zu lassen. Als er Tia vor sechs Jahren kennengelernt hatte, war Lucas neun gewesen und Max vier. Das Leben hatte nur noch aus Pflichten bestanden, zu Hause, an der Uni – selbst die Besuche bei seinen Eltern hatten sich darauf beschränkt, dass er das Auto vollgepackt hatte mit reichlich Krempel für zwei kleine Paschas, und dann hatten seine Eltern ihre Liebe und Bewunderung für seine Söhne zum Ausdruck gebracht, indem sie ihm noch mehr Krempel aufgehalst hatten – Spielzeug, Bücher, Klamotten –, den er zusätzlich ins Auto hatte stopfen müssen, wenn sie sich wieder auf den Heimweg machten.
Natürlich hatte er nicht mit Tia geschlafen, weil seine Eltern seine Kinder vergötterten. Gott, was für ein absurder Gedanke. Aber sein Leben hatte sich total verändert: Hatte er sich vor wenigen Jahren noch so gefühlt, als könnte er die Welt erobern – er hatte seine Traumfrau geheiratet, einen prestigeträchtigen Lehrstuhl bekommen, seine Forschungsergebnisse veröffentlicht –, so verbrachte er jetzt die Wochenenden damit, Wäsche zu waschen und mit Lucas und Max auf Spielplätzen herumzuhängen, während Juliette aufarbeitete, was sie während der Woche hatte liegen lassen müssen.
Natürlich gab er ihr nicht die Schuld dafür. Aber sein Vater war immer der Mittelpunkt im Leben seiner Mutter gewesen, egal wie sehr ihr Kronprinz Nathan sie gefordert hatte, und er hatte damit gerechnet, dass das in seiner Ehe genauso laufen würde.
Er hatte es sattgehabt, nur noch der Daddy zu sein, der seinen Söhnen Gutenachtgeschichten vorlas, und der Ehemann, der das Geschirr spülte, nachdem Juliette das Abendessen gekocht hatte, und Tia hatte ihm noch einmal das Gefühl gegeben, ein gut aussehender, intelligenter, attraktiver Mann zu sein. Zwar hatte es ihm einerseits Angst gemacht, wie sehr Tia ihn vergötterte, andererseits hatte ihre Bewunderung ihn regelrecht süchtig gemacht. Er hatte es genossen, wie sehr sie ihn liebte.
Jetzt blieb Nathan so lange wie möglich an der Uni und ging anschließend in das Einkaufszentrum gegenüber vom Hotel, um die Zeit totzuschlagen. Er trieb sich bei Sears, bei Yankee Doodle, bei Swarovski herum – was gab es nicht alles für Möglichkeiten, sein Geld zum Fenster rauszuschmeißen –, auf der Suche nach einem Geschenk, das Juliette glücklich machen könnte. Das sie dazu bringen könnte, mit ihm zu reden. Wenn er ihr ein Kristallfläschchen schenkte, würde dann ein Geist herauskommen, der ihm Vergebung gewährte?
Jeden Abend, wenn er zurück ins Hotel kam, rief er Juliette an und flehte sie an, ihn wieder ins Haus zu lassen. Jeden Abend schleuderte sie ihm ein neues Ultimatum entgegen.
»Regel die Sache mit Tia, damit wir nie wieder von ihr hören … Werd dir erst mal darüber klar, ob du sie liebst … Überzeug mich, Nathan. Überzeug mich davon, dass es wirklich vorbei ist zwischen euch.«
Wie er das anstellen sollte, dazu schwieg Juliette sich allerdings aus.
Schließlich rief er Tia an.
»Du bist schon da?« Tias knappe Grußworte klangen wachsam. Sie stand vor ihrer Wohnungstür, die Arme vor ihrer knabenhaften Brust verschränkt.
»Lässt du mich rein?«, fragte Nathan.
Sie grinste schief und trat gerade so weit zur Seite, dass er sich an ihr vorbeiquetschen konnte. Sie war frisch geduscht, aber der Duft, den sie benutzte, war ihm fremd. Eine andere Seife, kernig und zitronig, nicht der blumige Duft, in den er damals eingetaucht war.
Ihr Haar stand stachelig vom Kopf ab, sie trug es noch kürzer als früher. Als sie zusammen gewesen waren, hatte ihr fast schwarzes Haar ihren Schädel bedeckt wie eine Pelzmütze und den schmalen Hals besonders verletzlich wirken lassen. Damals hatte sie knallroten Lippenstift getragen, sonst nichts. Jetzt hatte sie sich die Augen stark mit blauem Lidschatten und einem dicken schwarzen Lidstrich geschminkt. Ihr schmaler, fester Körper, damals ganz in Seide gehüllt, wirkte in dem knappen T-Shirt und den engen Jeans fast dürr.
»Warum bist du hier?«, fragte sie.
»Können wir uns setzen?«
»Ich weiß nicht. Hat sie dich geschickt?«
»Nein.«
Tia trat zur Seite. Nathan ging ins Wohnzimmer und setzte sich in einen abgewetzten Sessel. Tia folgte ihm, die Schultern ängstlich eingezogen.
»Können wir reden?«, fragte er. »Offen und
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