Das Band der Wünsche: Roman (German Edition)
war einfach zu jung«, sagte Tia.
»Wie meinst du das?«, fragte Savannah.
Tia blinzelte. Nathan legte ihr einen Arm um die Schultern. »Na ja, ich war nicht verheiratet, ich hatte keine Arbeit und auch keine schöne Wohnung«, antwortete Tia.
»Deswegen hast du mich weggegeben?«, fragte Savannah.
Lieber Gott, lass mich den Schmerz meiner Tochter tragen , dachte Caroline. Das war ein Thema, zu dem sie recherchieren sollte: Wie man den Schmerz eines Kindes operativ entfernen und in den Körper der Mutter verpflanzen konnte.
»Wir wussten, dass deine Mommy und dein Daddy das besser machen würden als wir«, sagte Nathan.
»Und deswegen habt ihr mich weggegeben?« Savannahs Kinn bebte.
Tia kamen die Tränen. Sie streckte die Hände aus und schloss Savannah in die Arme, während sie zusah, wie Caroline sich ihrerseits mit den Armen umschlang. »Ich hätte es einfach nicht geschafft, Liebes«, sagte Tia. »Ich hätte es nicht geschafft. Es tut mir so leid.«
Savannah schmiegte sich an Tia. »Ist nicht schlimm«, sagte sie mit zitternder Stimme. Vorsichtig tätschelte sie den Rücken ihrer leiblichen Mutter. Tia legte ihren Kopf auf Savannahs, sodass die dunklen Haare der beiden ineinanderflossen.
Wer da wen tröstete, war nicht zu erkennen. Einen Moment lang verschmolzen sie auf eine Weise miteinander, die Caroline das Herz brach. Dann löste Savannah sich aus Tias Armen und lief zu ihrem Vater zurück.
Savannah schaute Peter mit tränennassen Augen an. »Ich bleibe hier, nicht wahr, Daddy?«
Vor dem Schlafengehen las Caroline Savannah das Buch Adoption ist für immer dreimal vor, dann malte sie immer wieder die Worte Liebe und Schatz auf Savannahs Rücken, bis das Kind endlich einschlief. Nachdem Caroline Savannah beruhigt hatte, hatte Savannah ihr erklärt, wie glücklich sie sich schätzen konnte, weil sie im Gegensatz zu dem Mädchen in dem Buch Gelegenheit bekommen hatte, ihre leiblichen Eltern kennenzulernen. Dankbar sagte sich Caroline, dass das wirklich stimmte, egal was passieren würde. Savannah brauchte nicht ihr Leben lang zu versuchen, sich vorzustellen, wer Tia und Nathan waren. Caroline hoffte inständig, dass dieser ansonsten schreckliche Nachmittag sich auf diese Weise dennoch als Segen für ihre Tochter erweisen würde.
Trotz der anfänglichen Erleichterung darüber, dass Savannah sich hatte trösten lassen und das Drama anscheinend gut überstanden hatte, hatte es Caroline nicht weniger als am Abend zuvor gelangweilt, ihrer Tochter Buchstaben auf den Rücken zu malen. Aber obwohl die Prozedur des Zubettbringens sie ermüdet hatte (eine geschlagene Stunde lang hatte sie Savannah immer wieder versichert, wie sehr sie sie liebten und dass niemand sie ihnen wegnehmen würde und dass sie bis ans Lebensende ihre Tochter sein würde), blieb Caroline noch eine Weile im Kinderzimmer, nachdem Savannah eingeschlafen war. Sie saß im Schneidersitz auf dem rosafarbenen Teppichboden und lauschte auf Savannahs leisen Atem.
Nach all den Tränen und Umarmungen hatte Savannah Caroline eine letzte Frage gestellt: »Kann ich die andere Mutter und den anderen Vater ab und zu besuchen? Nicht lange, nur ganz kurz. Nur um zu kucken.«
»Um was zu kucken?«
Savannah hatte die Achseln gezuckt, aber es war nicht das Achselzucken eines Kindes, das sich etwas nicht zu sagen traute, sondern eines Kindes, das tatsächlich nicht wusste, was es sagen sollte. »Um zu kucken, wie sie aussehen.«
Caroline fand Peter im Wohnzimmer, wo er auf einer alten Wachstischdecke kniete, die seine Mutter ihnen nach einer Aufräumaktion geschenkt hatte. Caroline erinnerte sich noch, wie sie ihnen die Decke geradezu aufgedrängt hatte: »Ihr werdet euch wundern, irgendwann braucht man so was. Nehmt sie mit, ich habe drei davon.«
Caroline hatte nicht gefragt, warum Peters Mutter drei Wachstischdecken besaß. Sie hatte keine Ahnung, was ihre Schwiegermutter sich vorgestellt hatte, wozu sie sie brauchen würden. Und jetzt kniete er auf der Decke, vor sich seine offene Werkzeugkiste und neben sich diverse, säuberlich aufgereihte Werkzeuge.
»Was machst du da?«, fragte sie.
Er blickte auf, in der einen Hand einen Schraubenschlüssel, in der anderen eine pinkfarbene Lenkstange. »Ich habe ein Fahrrad für Savannah gekauft.«
»Das hast du mir ja gar nicht erzählt.«
»Ich hab’s vergessen. Es war in meinem Kofferraum.«
Caroline konnte sich nicht vorstellen, dass er es vergessen hatte. Dinge für Savannah zu kaufen, war Peters
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