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Das Band der Wünsche: Roman (German Edition)

Das Band der Wünsche: Roman (German Edition)

Titel: Das Band der Wünsche: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Randy Susan Meyers
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sich zwang, die Liste in ihrem Kopf durchzugehen, die die Überschrift trug: Was ich alles für Savannah tun sollte .
    Es machte Caroline nichts aus, dass Peter fast jeden Tag in aller Herrgottsfrühe zur Arbeit fuhr und es ihr überließ, sich um Savannah zu kümmern. Zu dieser frühen Stunde erlebten sie ihre schönsten Mutter-Tochter-Momente. Zeitlich überschaubare Aufgaben machten es ihr leicht, geduldig zu sein. Sich auf etwas Konkretes zu konzentrieren, beruhigte sie. Jeden Tag fuhr sie gern zur Arbeit. Es wunderte sie immer wieder, wie sehr ihre Kollegen sich nach dem Wochenende sehnten, als würden sie einem Zwangsarbeitslager entfliehen.
    Zehn Minuten, nachdem der Zeitpunkt verstrichen war, an dem Rose hätte eintreffen sollen, gab Caroline sich Mühe, so zu tun, als wäre alles in Ordnung. Als wäre sie ganz entspannt. Siehst du, Savannah, es ist alles in Ordnung. Lächeln. Kuscheln. Den Fernseher einschalten – nur ausnahmsweise.
    Natürlich wusste Caroline, dass es keinen Grund zur Sorge gab. Weil sie Rose kannte, kalkulierte sie bei ihrer Zeiteinteilung immer mindestens eine halbe Stunde als Puffer ein. Nach fünf Jahren war sie auf die Schwächen ihrer Kinderfrau eingestellt. Für den Zeitpunkt von Rose’ Erscheinen berücksichtigte sie stets die Verkehrsstaus, in die Rose geraten könnte, die Zeit, die Rose benötigte, um sich zurechtzumachen, und die Tatsache, dass Rose es häufig nicht schaffte, sich vom Frühstücksfernsehen loszureißen, und ihr dann, wenn sie völlig abgehetzt zur Tür hereinkam, brühwarm berichtete, was der Moderator mal wieder erzählt hatte, als wären er und Rose beste Freunde. Obwohl Rose fünf Jahre jünger war als Caroline, kam sie ihr vor, als gehörte sie der Generation ihrer Mutter an.
    Caroline akzeptierte alle Fehler ihrer Kinderfrau: dass sie ständig zu spät kam, dass sie sich in jeden verknallte, mit dem sie über Caroline in Kontakt kam (den Kinderarzt, den Kinderzahnarzt, den Mann, der die Einfahrt neu gepflastert hatte, den Gärtner). Sie nahm es sogar hin, dass Rose Carolines Ernährungsprinzipien zuwiderhandelte und Savannah Fritos-Chips und Oreo-Kekse zu essen gab. Sie ließ es zu, weil Rose ihr immer wieder beteuerte, wie sehr sie ihre Arbeit liebte – nicht ohne auf ihre naive Art hinzuzufügen, dass sie nirgendwo anders so viel verdienen könnte.
    Caroline zog an einer Satinkordel, um die schweren Wohnzimmervorhänge zurückzuziehen. Vor ihr breitete sich ein perfekt manikürter Rasen aus, japanische Ahornbäume säumten den mit sündhaft teuren Baumscheiben gepflasterten Weg, auf dem Rasen verteilt standen mehrere Adirondack-Stühle. Der ganze Luxus beschämte Caroline. Das Geld, das sie für die Kinderfrau, die Haushälterin und den Gärtner ausgaben, würde ausreichen, um drei Familien zu ernähren – vier, wenn sie sparsam wären.
    Ach, sie hatte den Mann vergessen, der zuständig war für die Pflege der antiken Teppiche, die überall auf den auf Hochglanz polierten Parkettböden lagen. Das ganze Haus war modern, von klaren Linien bestimmt, und nur das beste Material war verwendet worden. In der Küche dominierten Granit und Rosenholz und ein Profiherd, dem Carolines Kochkünste in keiner Weise gerecht wurden.
    Peter hatte in seiner Kindheit und Jugend die Sachen von seinen Vettern aufgetragen, die dann an seine jüngeren Brüder weitergereicht wurden. Jetzt kaufte er sich alles, was sein Herz begehrte, und Caroline fürchtete, dass das nächste Objekt seiner Begierde ein Geschwisterchen für Savannah sein könnte. Caroline dagegen war im Überfluss aufgewachsen, allerdings ohne ein Rollenmodell, das ihr vorgab, wie man eine gute berufstätige Mutter war.
    »Mommy, spielst du mit mir Mutter und Kind?« Savannah schob einen Puppenwagen vor sich her, in dem zwei Puppen unter einer Decke lagen. Das ganze Haus war voll mit Spielzeug. Jedes Mal, wenn sich bei Caroline das schlechte Gewissen meldete, weil sie nicht genug für ihr Kind empfand, gab sie noch mehr Geld aus.
    »Wer möchtest du sein, Mommy?«, fragte Savannah. Sie wartete ab, um die Rolle zu übernehmen, die ihre Mutter ablehnte.
    Caroline rang sich ein Lächeln ab. »Wer soll ich denn sein?«
    »Du bist die Kinderfrau, und ich bin die Mutter.« Savannah setzte eine wichtige Miene auf und beugte sich über den Puppenwagen. »So, ihr beiden, Mommy muss jetzt gehen. Seid schön brav. Mommy muss arbeiten gehen, um kranke Kinder gesund zu machen. Deswegen haben wir eine Kinderfrau.«
    Savannah

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