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Das Band spricht Bände

Das Band spricht Bände

Titel: Das Band spricht Bände
Autoren: Carter Brown
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blickten etwas erstaunt, während sie mich anstarrten,
ohne daß ihr Besitzer ein Wort sprach. Mir machte das aber gar nichts aus, und
es war wirklich purer Zufall, daß ich für eine Zigarette drei Streichhölzer
brauchte.
    Schell ließ die Spannung bis
zum Siedepunkt steigen, dann gab er einen leisen Seufzer von sich.
    »Seit wann sind Sie eigentlich
nicht mehr ganz bei Trost, Boyd?« Es klang fast mitleidig.
    »Was, zum Teufel, soll denn das
nun wieder?«
    »Warum haben Sie sich
ausgerechnet Santo Bahia ausgesucht, um sich einen kleinen Mord zu erlauben?«
    »Sie glauben demnach, ich hätte
Wayland umgebracht?«
    »Ich weiß es«, sagte er
überzeugt. »Da Sie aber bei zwei vorangegangenen Aufenthalten in dieser Stadt einen
solchen Wirbel veranstaltet haben, mußten Sie sich doch sagen, daß wir Sie von
dem Zeitpunkt Ihrer Ankunft an nicht mehr aus den Augen lassen würden«.
    »Sicher, das war mir klar.« Ich
sah ihn verständnislos an.
    »Sie müssen doch außerdem
gewußt haben, daß wir eine Akte über Sie angelegt haben, die...«, er hielt
Daumen und Zeigefinger fünf Zentimeter auseinander, »... so dick ist!«
    »Auch das«, gab ich zu.
    »Und was Sie uns nicht verraten
haben, das erfuhren wir aus New York.« Er schüttelte kurz den Kopf. »Die beste
Erklärung, die ich zu Ihren Gunsten finden kann, ist die, daß sie vielleicht
kürzlich eins abbekamen und seither nicht mehr so ganz klar im Kopf sind.«
    »Wie wär’s denn, wenn Sie
beispielsweise mal von Tatsachen sprächen?« schnarrte ich. »Dann könnte ich
vielleicht endlich verstehen, wovon Sie überhaupt reden!«
    »Warum nicht?« Er zog die
oberste Schreibtischlade auf, nahm einen Revolver heraus und schob ihn mir
herüber. »Das ist eine Schußwaffe«, sagte er sanft, »und somit eine Tatsache.«
    Meine Finger schlossen sich um
den Knauf des .38ers und schickten sich an, ihn hochzuheben. Da wußte ich, was
das alles zu bedeuten hatte, und das war ein Gefühl, als treffe mich der Blitz
auf den Kopf und fahre mir glühendheiß bis in die Füße hinunter.
    »Die Mordwaffe.« Schells Stimme
klang bei diesen Worten etwa aus zwei Meilen Entfernung an mein Ohr. »Ihre
Waffe, Boyd! Die Nummer stimmt genau, ich habe das ja alles hier in meinen
Akten.«
    Ich schoß die Augen ganz fest,
bis sich der rote Wutnebel zu lichten begann, dann öffnete ich sie langsam,
nach und nach. »Mein Revolver wurde also zu einem Mord benutzt«, sagte ich.
»Und das beweist automatisch, daß ich ein Mörder bin?«
    »Aber nicht doch! Ich kann
verstehen, wenn Sie Ihre Waffe verloren haben — aber wurde sie Ihnen vielleicht
gestohlen?« Seine Stimme war sanft und zynisch. »Zu dumm nur, daß Sie keine
Zeit fanden, das anzuzeigen, Boyd.«
    Das war also zum zweiten Male
eine Mordwaffe, erinnerte ich mich, und mein Magen drehte sich um, als habe er
nie etwas von Hühnerfrikassee gehört. Früher oder später würde jemand die Kugel
aus Alysias Kopf mit den vier Kugeln vergleichen, die man aus Waylands Kopf in
Santo Bahia herausholen würde. Wenn das passierte, dann war so ziemlich die
einzige Wahl, die mir blieb, jene zwischen Gaskammer und elektrischem Stuhl.
Ich hätte in diesem Augenblick am liebsten laut aufgeheult, und ich ließ es nur
bleiben, weil Schell es als Zeichen meiner Schuld gedeutet hätte.
    »Der Revolver reicht aus, Sie
unter Mordverdacht zu verhaften, und auch für eine Verurteilung.« Er lächelte
leutselig. »Möchten Sie ’ne Tasse Kaffee?« Ich nickte, und er bestellte sie
telefonisch, dann machte er es sich in seinem Sessel bequem. »Ich bin
überzeugt, Sie werden es bald auch so sehen wie ich, Boyd. Es bleibt Ihnen ja doch
nichts anderes übrig, als mir alles zu erzählen, nicht wahr?« Er wartete
gespannt etwa zehn Sekunden lang, dann zuckte er gleichgültig die Schultern.
»Lassen Sie sich nur Zeit und überlegen Sie es sich, wir haben keine Eile. Uns
bleibt noch der ganze Nachmittag, und wenn das nicht genügt, die ganze Nacht.
Ich meine...«, er unterstrich die Bedeutung seiner Worte mit der Sanftmütigkeit
eines rasenden Elefantenbullen, »... keiner von uns möchte doch von hier weg,
hab’ ich recht?«
    »Hat der Arzt den Zeitpunkt des
Todes festgestellt?« fragte ich.
    »Zwischen vier und fünf Uhr
heute früh«
    »Um diese Zeit lag ich in
meinem Bett im Hotel«, sagte ich.
    »Allein?«
    Es konnte nicht später als drei
Uhr gewesen sein, als Shari in ihr Zimmer zurückgekehrt war, entsann ich mich
finster, aber ich sagte mir in diesem Augenblick,
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