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Das Band spricht Bände

Das Band spricht Bände

Titel: Das Band spricht Bände
Autoren: Carter Brown
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die Polizei hätte schon so
viele Trümpfe gegen mich in der Hand, daß ich ihr nicht auch noch freiwillig
einen weiteren liefern sollte.
    »Nicht allein«, sagte ich.
    »He, vielleicht haben Sie doch
noch Glück, Boyd.« Sein Menschenfreundlichkeit war ungefähr so echt wie der
Erdbeerschimmer in Jackie Milnes Haar. »Da haben Sie also eine Art Alibi, wie?
Und wer war die glückliche Dame, die letzte Nacht das Bett mit Ihnen teilen
durfte?«
    »Wissen Sie was?« Ich blickte
ihn grimmig an. »Diese plumpe Vertraulichkeit geht mir auf die Nerven! Geben
Sie sich gefälligst so widerlich und dumm, wie Sie wirklich sind, dann gefallen
Sie mir weitaus besser.«
    »Also, wie war ihr Name?«
schnauzte er.
    »Ich hab’s vergessen. Haben Sie
etwas dagegen, wenn ich jetzt meinen Anwalt anrufe?«
    »Und ob ich etwas dagegen
habe!« seine Handkante sauste mir aufs Gelenk, als ich nach dem Hörer griff.
»Und ich verletze Ihre verfassungsmäßigen Rechte durchaus nicht, Boyd. Ich
möchte, daß Sie das wissen.« Er grinste raubtierhaft. »Die Sache ist nur die,
daß die Polizei von Santo Bahia die Verfassung noch immer nicht richtig kapiert
hat.«
    Ein Uniformierter brachte den
Kaffee, und der sorgte für eine kurze Unterbrechung meiner Misere. Es gefiel
mir ganz und gar nicht, wie selbstgefällig Schell in seinem Sessel thronte — oder
wie er seinen Kaffee so sichtlich fröhlich schlürfte. Vielleicht hatte er die
Wahrheit gesprochen und wollte wirklich den ganzen Nachmittag und womöglich
auch die Nacht mit mir herumsitzen, bis ich ein Geständnis ablegte?
    »Ich glaube nicht, daß Sie
einen Psychiater finden werden, der die Theorie bestätigt, ich hätte meinen
Verstand verloren«, sagte ich bedächtig. »Und natürlich wußte ich genau, daß
ihr eine so dicke Akte von mir habt und alles von Center Street erfahren könnt,
was ich euch nicht selbst erzählt habe.«
    »Na und?« knurrte er.
    »Und wenn ich also Wayland
wirklich mit meinem eigenen Revolver erschossen hätte — halten Sie mich für so
dumm, daß ich ihn dann am Tatort liegengelassen hätte?«
    »Vielleicht sind Sie nervös
gewesen«
    »Normalerweise dächte ich nicht
im Traum daran, das zu erwähnen, Lieutenant«, sagte ich bescheiden. »Aber Sie
werden sich erinnern — als ich letztesmal hier war, erschoß ich einen Mann in Notwehr,
wie Sie selber attestierten. Und beim erstenmal handelte es sich...«
    »Es ist ein verdammter
Unterschied, ob man jemanden in Notwehr erschießt oder ihn kaltblütig
ermordet.«
    »Sie glauben also wirklich, ich
würde meine Waffe neben dem Opfer liegenlassen — also nein, dann geb’ ich’s
auf!« Ich nahm die Kaffeekanne, stülpte sie über meiner leeren Tasse um und sah
fünf Tropfen Kaffeesatz zu, wie sie langsam aus der Tülle fielen.
    »Machen Sie sich nichts draus«,
sagte Schell gutgelaunt. »Wir legen so um Mitternacht schon wieder eine
Kaffeepause ein, was?«
    »Wer hat den Toten entdeckt?«
    »Anonymer Anruf.«
    »Das war ich«, sagte ich
salbungsvoll. »Ich wollte ganz sicher gehen, daß Sie den Toten auch finden, ehe
vielleicht die Nummer an meinem Revolver abgerostet wäre.«
    Seine Züge verdunkelten sich
etwas, und ich dachte mir, vielleicht könne ich ihm doch einige Vernunft
einreden. »Versuchen Sie ja nicht, frech zu werden, Boyd!«
    »Aber nun hören Sie doch,
Lieutenant,« stöhnte ich. »Diese Hütte steht mutterseelenallein in einer
Einöde! Kein Mensch bei klarem Verstand würde je den Fuß hineinsetzen, und
wenn’s einen Monat lang Sonntag wäre! Aber irgendein anonymer Kundschafter
entdeckt die Hütte innerhalb von zwölf Stunden nach dem Mord, marschiert
schnurstracks ins Wohnzimmer und findet die Leiche. Meinen Sie am Ende, der
Mann hatte das zweite Gesicht?«
    Er schnellte aus dem Sessel und
riß die Tür auf. »Donavan!« brüllte er, und drüben in Miami müssen die Leute
dabei den Eindruck gewonnen haben, der nächste Hurrikan sei schon unterwegs.
Der Sergeant erschien ein paar Sekunden später, und Schell wies mit dem
Zeigefinger auf meine Brust.
    »Schaffen Sie ihn in eine
Zelle«, knirschte er. »Ich kann sein Gesicht nicht mehr sehen!«
    »Ich habe immer noch nicht mit
meinem Anwalt telefoniert«, erinnerte ich.
    »Wir werden Ihnen seine Nummer
heraussuchen«, schimpfte er. »Wie hieß er doch gleich — Smith?«
    »Sie haben mich noch nicht mal
offiziell festgenommen!« schrie ich ihn an.
    »Sie sind in Schutzhaft«,
schnauzte er. »Das ist gar nicht so schlimm, Boyd. Wenn Ihnen das
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