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Das Bernstein-Teleskop

Das Bernstein-Teleskop

Titel: Das Bernstein-Teleskop Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Pullman
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bemoosten Felsen und den knorrigen Stämmen gewaltiger Pinien weiter abwärts. Sonnenflecke tanzten über den leuchtend grünen Waldboden, und eine Milliarde winziger Insekten summte und sirrte. Immer tiefer kamen die beiden, und das Sonnenlicht folgte ihnen fast bis zum Boden des Tales, während sich die Äste vor dem wolkenlosen Himmel über ihnen ruhelos bewegten.
    Plötzlich blieb Ama stehen. Will trat hinter den mächtigen Stamm einer Zeder und folgte mit den Augen ihrem ausgestreckten Arm. Durch ein Gewirr von Blättern und Zweigen sah er rechts von sich eine Felswand, und dort, in einiger Höhe über dem Boden
    »Mrs. Coulter«, flüsterte er, und sein Herz setzte einen Schlag aus.
    Die Frau trat hinter dem Felsen hervor, schüttelte einen dicht belaubten Ast aus, ließ ihn fallen und rieb sich dann die Hände. Hatte Mrs. Coulter den Boden gefegt? Sie hatte die Ärmel aufgekrempelt und die Haare mit einem Schal hochgebunden. Will hätte nie gedacht, dass sie wie eine biedere Hausfrau aussehen könnte.
    Doch dann blitzte neben ihr etwas golden auf. Der tückische Affe erschien und sprang Mrs. Coulter auf die Schulter. Als hätten die beiden Verdacht geschöpft, sahen sie sich in alle Richtungen um und auf einmal wirkte Mrs. Coulter überhaupt nicht mehr bieder.
    Ama flüsterte aufgeregt etwas. Sie hatte Angst vor dem goldenen Affen-Dæmon, der lebenden Fledermäusen die Flügel ausriss.
    »Ist sonst noch jemand bei ihr?«, fragte Will. »Soldaten zum Beispiel?«
    Ama wusste es nicht. Soldaten hatte sie keine gesehen, aber in den Dörfern der Umgebung redete man von seltsamen, schrecklichen Männern, vielleicht auch Geistern, die sich nachts auf den Bergen zeigen sollten ... Aber in den Bergen hatte es schon immer Geister gegeben, wie jedermann wusste. Die hatten vermutlich gar nichts mit der Frau zu tun.
    Also gut, dachte Will. Wenn Lyra in der Höhle ist und Mrs. Coulter nicht von ihrer Seite weicht, statte ich ihr einen Besuch ab.
    »Was ist das für ein Pulver, das du da hast?«, fragte er. »Was muss man tun, um das Mädchen aufzuwecken?«
    Ama erklärte es ihm.
    »Und wo ist das Pulver jetzt?«
    »Bei mir zu Hause«, sagte Ama. »Versteckt.«
    »Gut. Dann warte hier und geh nicht näher an die Höhle heran. Wenn du der Frau begegnest, darfst du ihr nicht sagen, dass du mich kennst. Du hast weder mich noch den Bären je gesehen. Wann bringst du ihr das nächste Mal etwas zu essen?«
    »Eine halbe Stunde vor Sonnenuntergang«, sagte Amas Dæmon. »Dann bring das Pulver mit«, sagte Will. »Wir treffen uns hier.«
    Er machte sich auf den Weg, und das Mädchen sah ihm bang nach. Offenbar glaubte der Junge ihr nicht, was sie ihm soeben über den Affen-Dæmon gesagt hatte, sonst wäre er nicht so unbesorgt zur Höhle hinaufgestiegen.
    In Wirklichkeit fühlte sich Will keineswegs unbesorgt, sondern sehr aufgeregt. Seine Sinne waren aufs Äußerste gespannt. Er nahm jedes Insekt wahr, das durch einen Sonnenstrahl flog, jedes Blatt, das raschelte, und jede Wolke, die über ihm dahintrieb, auch wenn er die Augen unverwandt auf den Eingang der Höhle gerichtet hatte. »Balthamos«, flüsterte Will, und der Engel-Dæmon flog ihm in Gestalt eines kleinen Vogels mit funkelnden Augen und roten Flügeln auf die Schulter. »Bleib in meiner Nähe und pass auf den Affen auf.« »Dann schau nach rechts«, erwiderte Balthamos knapp.
    Dort entdeckte Will etwas Goldenes, das Gesicht und Augen besaß und ihn beobachtete. Sie waren nur noch zwanzig Schritte vom Eingang der Höhle entfernt. Er blieb stehen, und der goldene Affe wandte sich ab, sagte etwas nach hinten in die Höhle hinein und drehte sich wieder um. Will griff mit der Hand nach dem Messer und ging weiter. Er erreichte den Eingang der Höhle. Die Frau erwartete ihn bereits.
    Entspannt saß Mrs. Coulter auf einem kleinen Faltstuhl, ein Buch auf dem Schoß, und musterte ihn gelassen. Sie trug khakifarbene Reisekleider, allerdings so gut geschnitten, dass sie an ihrem schlanken Körper wie teuerste Designermode wirkten. Die kleine rote Blüte, die sie sich an die Bluse gesteckt hatte, sah wie eine elegante Brosche aus. Ihre Haare glänzten, ihre dunklen Augen funkelten und ihre nackten Beine leuchteten golden in der Sonne.
    Mrs. Coulter lächelte. Fast hätte Will auch gelächelt, so wenig war er an die Sanftmut und Liebenswürdigkeit gewohnt, mit der eine Frau lächeln kann. Das Lächeln verwirrte ihn.
    »Du bist Will«, sagte die Frau mit einer tiefen, die Sinne

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