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Das Bernsteinerbe

Das Bernsteinerbe

Titel: Das Bernsteinerbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Rehn
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Zunftgenossen an der Börse und im Hafen zu finden. So, nun kennt Ihr alle meine Geheimnisse.«
    Wie zur Bekräftigung hob sie den Krug, prostete Magdalena lächelnd zu und trank einen ausgiebigen Schluck.
    »Woher kennt Ihr beide Euch eigentlich?«, streute Magdalena so unauffällig wie möglich die ihr wichtigste Frage ein. Ihre Stimme zitterte. Helmbrecht bemerkte das und legte ihr abermals die Hand auf den Arm.
    »Magdalena, Liebste, was ist mit Euch?«
    Besorgt zogen sich seine Augenbrauen zusammen, der dünne Oberlippenbart bebte. Ihr Herz raste. Plötzlich wusste sie, sie würde es nicht ertragen, sah er eine andere auf diese Weise an. Ihr allein sollte auch dieser Unterton in seiner Stimme gehören. Er sagte so viel mehr als alle Worte. Wie hatte sie die letzten Jahre nur so unachtsam sein und all die kleinen Zeichen, die er ausgesandt hatte, übersehen können? Vielleicht hatte sie Glück, und es war noch nicht zu spät. Gleich versuchte sie, ihn gewinnender anzulächeln.
    »Oh, ich dachte, unser guter Freund hätte Euch das alles längst erzählt.« Marietta lachte.
    Auf einmal wusste Magdalena, was sie an der anderen störte: Bis in den kleinen Finger hinein war Marietta einfach bezaubernd. Wie sollte sie mit ihrem spitzen Gesicht, den hohen Wangenknochen, den schräg stehenden grünen Augen und dem roten lockigen Haar dagegen ankommen? Noch während sie der düsteren Einsicht nachhing, Helmbrecht verloren zu haben, wandte sich Marietta vorwurfsvoll an ihn.
    »Wieso habt Ihr nichts gesagt? Das ist doch kein Geheimnis! Darf ich selbst oder wollt Ihr Eurer teuren Freundin erzählen, wie es sich mit uns beiden verhält?«
    Tief atmete er durch, blies seine Wangen ein wenig auf. Direkt anschauen konnte er Magdalena nicht. Bekam sie nun die Rechnung für all die Jahre, in denen sie ihn wie einen willfährigen Bittsteller behandelt und stets aufs Neue vertröstet hatte? Sie war sich wohl einfach zu sicher gewesen, sein Herz für alle Ewigkeit erobert zu haben.
    »Wie Ihr wollt«, erwiderte er. »Macht es einfach so, wie Ihr es für richtig haltet.«
    »Hat es etwas mit Eurer Mission damals in Thorn …«, wagte Magdalena, doch noch eine für sie weniger schmerzliche Erklärung zu finden. Die Erwähnung dieser Geschichte war jedoch ein Fehler. Brüsk zog Helmbrecht die Hand von ihrem Arm und setzte sich aufrecht, den Blick seiner Augen in weite Fernen gerichtet.

»Nein, nein, das versteht Ihr falsch«, murmelte er. »Das war damals keine richtige Mission, das war nur eine wichtige Nachricht, die ich für Lindström hatte. Erinnert Ihr Euch an ihn?«
    »Stimmt«, schaltete Marietta sich wieder ein. »Da war etwas mit den Schweden, als sie Thorn so lange belagert haben. Ein Geschäft, das Euer Bruder und Ihr damals unbedingt mit ihnen machen wolltet. Dann aber kamen die Österreicher und haben den Polen geholfen, die Schweden davonzujagen. Damit sind auch Euch die Felle weggeschwommen.«
    »Die Österreicher? Ich dachte, mit denen habt Ihr Euch ebenfalls gut gestanden?« Magdalena fühlte, wie das Stechen in ihren Kopf zurückkehrte. Es war einfach alles zu verwirrend. »Immerhin habt Ihr Mathias zu den Österreichern gebracht.«
    »Da sieht man es wieder: Unser guter Helmbrecht hat überall seine Freunde.« Marietta schmunzelte. »Ich fürchte, meine teure Magdalena, wir beide haben da nicht sonderlich gute Karten, mitzuhalten. Wir sind eben nur zwei hilflose Frauen, selbst wenn wir erfolgreichen Handelskontoren vorstehen.«
    Wieder strahlte sie von einem Ohr zum anderen. Unmöglich, ihr zweideutige Absichten zu unterstellen. Wer so lachte, der war zu nichts Bösem fähig. Magdalena streckte die Waffen.
    »So will ich Euch wenigstens noch sagen, woher ich den guten Helmbrecht also kenne. Nicht dass Ihr falsche Schlüsse zieht, liebe Magdalena, und meint, ich verfügte über ähnlich gute Beziehungen in alle nur denkbaren Länder dieser Welt.«
    Sie beugte sich vor und spießte schwungvoll mit der Messerspitze das letzte Stück Käse auf. Als handelte es sich um einen seltenen Leckerbissen, balancierte sie es in ihren Mund. Genüsslich verspeiste sie es, ließ noch einen Brocken Brot und eine Handvoll getrockneter Pflaumen folgen, bevor sie sich wieder zurücklehnte und zum Bierkrug griff. Erst, als auch dieser geleert war, sprach sie weiter.
    »Wie unser lieber Freund mir erzählt hat, seid Ihr seinerzeit über Leipzig gereist und habt dort zu Messezeiten ihn und die Frau seines Bruders kennengelernt. Euch ist

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