Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Bernsteinerbe

Das Bernsteinerbe

Titel: Das Bernsteinerbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Rehn
Vom Netzwerk:
gleich dagegen eingeschritten bin. Höchstpersönlich habe ich Kepler noch empfohlen, nichts auf das Gerede zu geben, nur um dann selbst Zeuge zu werden, wie Ihr Euer teuflisches Werk in meinem Laboratorium …«
    »Aber hochverehrter Heydrich, gerade Ihr als Mann der Wissenschaft solltet …«
    »Was ich sollte und was nicht, weiß ich selbst am besten«, fuhr er abermals scharf dazwischen. Dicht rückte er an sie heran, hauchte ihr seinen Atem ins Gesicht und wisperte: »Genauso, wie ich weiß, was Ihr besser tun solltet, meine Liebe.«
    »Was?«, fragte sie heiser.
    »Ganz einfach, mein verehrtes Fräulein Grohnert.« Hämisch lachte er auf. »Da Ihr den armen Kepler ohnehin schon in der Hand habt, werdet Ihr das jetzt für meine Zwecke nutzen.«
    Ein Sonnenstrahl stach vom Himmel, ließ die Gläser seiner Brille von neuem grell aufblitzen. Carlotta schloss geblendet die Augen, schluckte. »Und wie?«
    Heydrich wippte auf den Stiefelspitzen, verschränkte die Arme hinter dem Rücken und grinste siegesgewiss. Ihr wurde bang.
    »Ihr, mein verehrtes Fräulein Grohnert, werdet den guten Kepler dazu bringen, mir die große Ehre vor der Fakultät zu verschaffen. Niemand anderer als meine Wenigkeit wird dort die fünfzigjährige Wundersalbe vor dem Auditorium der ehrwürdigen Professoren und Studenten vorführen. Und niemand anderer als ich wird für dieses besondere Verdienst mit dem Privileg der kurfürstlich-preußischen Hofapotheke ausgezeichnet!«
    »Ihr seid wahnsinnig«, entfuhr es Carlotta. »Vielleicht soll der ehrwürdige Kepler auch noch dafür sorgen, dass der Kurfürst höchstpersönlich zugegen ist, wenn Ihr die Salbe in der Albertina mischt?«
    »Eine hervorragende Idee, meine Teuerste. Ich sehe schon, Ihr habt sehr schnell begriffen, worauf es ankommt.« Heydrich rückte schmunzelnd die Brille auf seiner langen Nase zurecht. »Das alles geschieht natürlich nur zu Eurem eigenen Vorteil.«
    »Wollt Ihr mir etwa drohen?«
    »Wie käme ich dazu? Genügt es nicht, Euch daran zu erinnern, wie schnell es sich überall in Königsberg herumsprechen wird, dass ich bezeugen kann, wie Ihr Hand an den armen Kepler gelegt habt?«
    Wie zufällig schwenkte sein Blick hinüber zur anderen Straßenseite. Carlotta folgte ihm und erstarrte. Farenheid stand dort und zwirbelte seinen grauen Bart, derweil der rotbärtige Gellert eilig auf ihn zuhielt. Auch Boye war nicht weit und machte Anstalten, zu den beiden aufzuschließen. Gemeinsam würden sie zur Börse gehen. Neuem Stoff für Gerüchte waren sie gewiss nicht abgeneigt. Gleich beim Verteilen der morgendlichen Post konnten sie die den Zunftgenossen zum Besten geben.
    »Manchmal ist man erstaunt, wie viel die lieben Mitbürger voneinander mitbekommen«, fügte Heydrich an. »Eigentlich gibt es nichts, was man vor dem anderen lange verheimlichen kann. Denkt also daran, meine liebe Carlotta, bei allem, was Ihr tut: Irgendwer in unserer schönen Stadt am Pregel wird es gewiss beobachten und dafür sorgen, dass auch die anderen davon erfahren.«
    Zum Abschied tippte er kurz an seine Hutkrempe und schritt dicht an ihr vorbei auf die andere Straßenseite hinüber. Die drei Kaufleute winkten ihm freudig zu. Sie wagte nicht, sich zu bewegen, aus Angst, die Herren auf sich aufmerksam zu machen. Ohne sich noch einmal umzusehen, zog Heydrich die drei Kaufleute die Langgasse Richtung Börse hinunter.
    Ein Laufbursche rempelte Carlotta an. Die Wundarzttasche fiel zu Boden, mitten in eine Pfütze. Brackwasser spritzte auf. »Pass doch auf, du Hundsfott!«, rief sie und schalt sich zugleich für ihre Unvorsichtigkeit. Ein Fluch in der Sprache der Trossleute konnte ihr übel ausgelegt werden.
    Eilig bückte sie sich nach der Tasche und wischte, so gut es ging, den Schlamm ab. Klopfenden Herzens lief sie weiter, in das vormittägliche Getümmel auf der Krämerbrücke und rund um den nahen Fischmarkt.

    22
    W as sie da taten, war verboten. Linas Herz raste. Gerade deswegen aber reizte es sie, es zu tun. Sie keuchte.
    »Nicht so laut!« Humbert Steutner verschloss ihr den Mund mit der linken Hand. Seine rechte nestelte derweil ungeduldig am Stoff ihres dicken Winterkleids, fand die Öffnung des Mieders und tastete nach den Ösen. Die Vorfreude machte sie wohlig glucksen. Gleich würde sie seine warme Hand auf der Haut spüren. Die zarten, feingliedrigen Schreiberfinger blieben nicht lange an derselben Stelle, sondern wanderten langsam, aber zielsicher den Leib hinauf zu ihren Brüsten,

Weitere Kostenlose Bücher